Sind Videospiele jetzt Hochkultur? Warum Minecraft so wichtig ist wie Goethes Faust

"Minecraft" ist gesellschaftlich inzwischen so relevant, dass jeder den Inhalt kennen sollte. Es gibt sogar Schulen, die das Game im Unterricht durchnehmen. Aber die sind nicht in Deutschland. Dabei gäbe es dafür gute Gründe.

Von: Sebastian Spallek

Stand: 14.09.2018 | Archiv

Illustration: Ein Minecraft-Cover im Bücherregal | Bild: BR

Vor kurzem hat die Wochenzeitung Die Zeit eine Liste mit den 100 wichtigsten Kunstwerken abgedruckt. Sie alle gehören zur Allgemeinbildung - zumindest nach Meinung des Autors. Genannt sind Werke von Goethe und Schiller, auch Hitchcock-Filme sind dabei. Mehr oder weniger klassischer Unterrichtsstoff eben. Aber die Liste hat auch eine richtige Überraschung parat. Denn es ist ein Videospiel dabei: "Minecraft". Das Bauklötzchenspiel mit der Quadrat-Optik soll also eines der wichtigsten Kunstwerke ever sein? Dabei sind doch Megablockbuster wie "GTA 5" spielerisch und grafisch kaum zu toppen!

Mascha Tobe ist Kuratorin vom Deutschen Computerspielemuseum in Berlin. Sie kann die Wahl verstehen.

"Das Spiel hat eine wunderbare Balance zwischen der Möglichkeit, sehr viel selber zu machen und einer sehr simplen Darstellungsform. Das ist alles nicht so hochauflösend und fertig, sondern verpixelt, grobstrukturiert und die Fantasie legt nochmal eine ordentliche Schippe oben drauf."

- Mascha Tobe

Videogames haben es immer noch schwer, ernst genommen zu werden

Minecraft gibt es seit 2009 und die Fanbase ist immer noch riesig. Dieses Jahr findet die achte Minecon statt, die größte von vielen Minecraft-Conventions weltweit. Die Gamescom in Köln verzeichnet jedes Jahr neue Besucherrekorde. Trotzdem: Videogames müssen sich oft noch gegen das veraltete Klischee vom verpickelten und gewaltgeilen Gamer rechtfertigen.

Dabei sind Spiele mittlerweile genau so vielfältig wie ihre Spieler. Mascha Tobe findet, dass vor allem junge Menschen viel lernen können. In schwedischen Schulen wird "Minecraft" sogar schon im Unterricht eingesetzt.

"Mit seinen eigenen Emotionen und auch mit Versagen klarzukommen und immer wieder anzutreten, das ist eine tolle Grundbildung fürs Leben. Beispiel 'Pac-Man': Man stirbt irgendwann, trotzdem probiert man's dann einfach nochmal und lässt das Spiel nicht einfach liegen. Und das ist eine ganz grundlegende Erfahrung, die jeder Mensch mit in sein Leben nehmen sollte."

- Mascha Tobe

Seit "Pong" hat sich viel getan

Lange hat‘s gedauert, aber die Qualitäten von Videogames erkennen nach und nach immer mehr Leute. Schon die Aufnahme in die Liste der Kunstwerke ist ein echt fetter Schritt. Videogames sind nun mal wirklich Kultur.

Aktuell sind Computerspiele so vielfältig wie noch nie. Und vielleicht haben jetzt auch mal die Leute Bock, die bisher noch skeptisch waren. "Minecraft" ist auf jeden Fall ein guter Anfang. Traut euch!

Sendung: Filter vom 14.09.2018 ab 15 Uhr