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Netzlexikon D wie Digilantes

Sie sind die Superhelden des Web: Digilantes nehmen das Recht selbst in die Hand, um Trolle oder skrupellose Geschäftemacher zu entlarven. Dabei brechen sie manchmal auch selbst Gesetze. Zu unser aller Nutzen oder Schaden?

Von: Markus Otto Köbnik

Stand: 02.12.2015 | Archiv

Netzlexikon: Digilantes | Bild: BR

Was steckt eigentlich hinter dem Begriff Digilantes?

Der Begriff Digilantes ist eine Mischung aus den englischen Wörtern digital und Vigilantes. Als Vigilantes werden Menschen bezeichnet, die auf eigene Faust Kriminelle jagen und Selbstjustiz ausüben. In etwa so wie die Figuren Batman, Zorro oder Robin Hood. Kurz gesagt: Digilantes fühlen sich als moderne Helden, die mit ihren technischen Fähigkeiten das Böse im Netz bekämpfen - nach dem Motto: Wenn die Polizei nichts machen kann, werden wir einfach selbst aktiv.

Wen haben die Digilantes im Visier?

Jede Art von Bösewichte: Die Bandbreite reicht von Kinderporno-Anbietern über skrupellose Geschäftemacher bis zu rechten Internet-Trollen. Digilantes bekämpfen sie alle gezielt mit Hacks oder Software. Und wie Superhelden arbeiten sie entweder alleine oder in Gruppen. Anonymous zum Beispiel kann man durchaus auch als ein Digilantes-Kollektiv bezeichnen.

Wirklich viel können diese Digilantes aber nicht ausrichten, oder?

Oh doch! Dem Hacker Phineas Fisher ist es zum Beispiel gelungen, mehrmals in die Systeme von Sicherheitsfirmen einzudringen, um dort brisantes Material zu erbeuten und online zu stellen. Er konnte nachweisen, dass diese Firmen fragwürdige Überwachungssoftware an Staaten verkaufen, die dafür bekannt sind, dass sie ihre Bevölkerung unterdrücken. Der Norweger Otto Stangvik hat ein spezielles Programm geschrieben, mit dem man die Metadaten von Bildern und Videos auslesen kann, die über Sharing-Plattformen getauscht werden. Mit diesem Programm konnte er 95.000 User weitestgehend identifizieren, die kinderpornografisches Material im Netz heruntergeladen haben.

Gibt es auch normale User, die Bösewichte im Netz jagen?

Die gibt es, vor allem bei Facebook. Immer wieder wehren sich User, wenn sie dort auf rassistische Kommentare oder Morddrohungen in öffentlichen Gruppen stoßen. Neben der Möglichkeit, Kommentare zu melden, bringen viele empörte Facebook-Nutzer grenzüberschreitende Posts direkt zur Anzeige. Es gibt aber auch Fälle, bei denen kritische Nutzer einfach direkt die Arbeitgeber von Trollen oder Hetzern informieren. Einige Menschen wurden schon gefeuert, nachdem Chefs erfahren haben, was ihre Angestellten öffentlich im Netz so vom Stapel lassen.

Sollten also noch viel mehr Menschen als Digilantes aktiv werden?

Nicht unbedingt. Zum einen sollte man erste Verdachtsfälle von Verbrechen immer der Polizei anvertrauen, um sich nicht selbst strafbar zu machen oder sogar in Gefahr zu bringen. Zum anderen kann Selbstjustiz auch dazu führen, dass das Leben anderer Menschen zerstört wird.

Haben Digilantes schon mal wirklich Schaden angerichtet?

Die Gruppierung The Impact Team, die 2015 das Seitensprungportal Ashley Madison gehackt und dann die persönlichen Daten der User geleakt hat, wollte ihr Handeln zwar moralisch begründen. Mit dem Hack haben die Digilantes aber einfach in Kauf genommen, viele Existenzen zu zerstören, nachdem untreue Ehemänner auf einmal am digitalen Pranger standen und teilweise sogar erpresst wurden. Der Superheld Spiderman musste bei seinen Abenteuern lernen, dass aus großer Macht große Verantwortung folgt. Eine zeitlose Weisheit, die auch für Digilantes gilt.


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