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Anti-Tracking-Dienste Surfen, ohne verfolgt zu werden

Auf welchen Seiten surfe ich, welche Videos schaue ich und welche Produkte suche ich? Sogenannte Tracker verfolgen uns im Netz, um das herauszufinden. Dabei ist es gar nicht so schwer, anonym zu bleiben - auch mit dem Smartphone.

Von: Hardy Funk

Stand: 12.05.2015 | Archiv

Anti-Tracking-Dienste | Bild: BR

Sie heißen Doubleclick, Nugg.Ad oder ChartBeat: Sogenannte Tracker, die uns im Netz auf Schritt und Tritt folgen. Manchmal schicken sie Analyse-Daten an die Betreiber von Webseiten. Meistens aber helfen sie Werbefirmen zur gezielten Schaltung ihrer Werbung und mindestens genauso oft haben Google oder Facebook ihre Finger im Spiel. Auf Datenschutz wird oft verzichtet. Aber man kann sich gegen Tracker wehren. Und dafür muss man kein Tech-Nerd sein. Manchmal reicht ein Häkchen in Browser, manchmal ein ruckzuck installiertes Add-On. Und auch mit dem Smartphone kann man anonymer unterwegs sein. Wir zeigen euch, wie es geht.

Do Not Track und der "Porno-Modus"

Der erste Schritt in Richtung anonymes Surfen ist denkbar einfach: Mit einem Klick kann man im Browser die Do-Not-Track-Funktion aktivieren. Damit übermittelt man Webseiten den Wunsch, nicht getrackt zu werden. Das funktioniert bei Google Chrome genauso wie bei Firefox, Opera, Internet Explorer und Safari.

Der Haken: Man wünscht sich, nicht getrackt zu werden - aber dieser Wunsch wird nur in den seltensten Fällen erfüllt. Denn Seitenbetreiber sind nicht verpflichtet, die Do-Not-Track-Funktion zu respektieren.

Dann gibt es noch die Privatssphäre-Funktion der Browser, auch "Porno-Modus" genannt. Die heißt bei Chrome "Inkognito-Modus", bei Firefox und Safari "privates Fenster" bzw. "privates Surfen" und beim Internet Explorer "InPrivate Browsen". Bedeuten tut sie immer das Gleiche: Surft man "privat", speichert der Browser keinen Verlauf, keine Cookies und keine Such- und Formulareingaben. Der Freund oder die Freundin können also nicht sehen, was man im Internet alles so treibt.

Andere Webseiten können das aber noch: Die Privatssphäre-Funktion verhindert nicht, dass auf den Servern der Webseiten und Tracker Daten über mich gesammelt und gespeichert werden. Für einen verlässlichen Schutz reichen die browsereigenen Funktionen nicht aus. Aber es gibt eine fast genau so einfache Alternative: Anti-Tracking-Add-Ons.

Auf dem Smartphone…

...funktioniert das genauso bei jedem Browser - und ist genauso wirkungslos.

Ghostery

Eines der beliebtesten Anti-Tracking-Add-Ons ist Ghostery. Es ist mit zwei Klicks installiert und kann ordentlich schockieren: Denn Ghostery zeigt, welche Tracker auf jeder Homepage aktiv sind. Und das sind einige: 14 bis 17 bei Vice und Süddeutscher Zeitung, drei bis sechs bei Zalando oder Frontlineshop und sogar zwei bei PULS (welche und warum, erklären wir weiter unten). Bei Google, Facebook, Twitter und YouTube werden wir dagegen höchstens von ein oder zwei Trackern verfolgt. Eine trügerische Zurückhaltung, denn immerhin fließen die meisten Daten der Tracker auf anderen Seiten an genau diese Unternehmen.

Nach dem Schock folgt aber schnell das Aufatmen: All diese Tracker kann man mit wenigen Klicks einzeln, nach Kategorien oder komplett blocken. Das Surfen selbst wird dabei kaum beeinträchtig. Im Gegenteil: Die Seiten sind - ein angenehmer Nebeneffekt - größtenteils von Werbung befreit und die Inhalte werden sogar minimal schneller angezeigt. Lädt eine Seite doch einmal nicht, kann man mit einem Klick eine einmalige oder permanente Ausnahme hinzufügen - allerdings wird man in diesem Moment auch wieder getrackt.

Trotzdem steht Ghostery seit einiger Zeit in der Kritik: Denn wer das Feature "Ghostrank" aktiviert, sendet Daten über die gefundenen Tracker an den Ghostery-Inhaber Evidon. Das Unternehmen nutzt diese Daten, um anderen Firmen Software rund um Tracking zu verkaufen. Der User muss diese Funktion zwar erst aktivieren und Evidon beteuert auch, die Daten stets zu anonymisieren, ein fahler Beigeschmack bleibt aber trotzdem. Auch, weil der Quellcode des Add-Ons nicht offen einsehbar ist.

Auf dem Smartphone…

...gibt es Ghostery für iOS und Android. Als Browser-Add-On für den Firefox führt es dort allerdings oft zu Abstürzen. Anders in der Version als eigenständiger Browser: Der kann durchaus mit den Großen mithalten, bietet mehrere Tabs, Lesezeichen und die gängigen Share-Optionen. Wie bei der Desktop-Version kann man dort alle oder einzelne Tracker blocken und den Verlauf löschen lassen.

Disconnect

Die Schwäche von Ghostery ist die Stärke von Disconnect: Das Add-On ist im Gegensatz zu Ghostery quelloffen. Das heißt, jeder mit den entsprechenden Kenntnissen kann den Quellcode einsehen und versteckte Hintertüren oder Sicherheitslücken aufdecken.

Ein Vorteil, vor allem weil Disconnect genauso schnell und einfach installiert ist wie Ghostery und ähnlich funktioniert. Auch hier gibt es einen Counter, der die erschreckend hohe Zahl von Trackern zählt. Auch hier kann man sich die Tracker anzeigen lassen und entweder einzeln, nach Kategorien oder komplett blocken. Der Counter schlägt zwar aufgrund einer anderen Zählweise noch weiter nach oben aus und die App macht in Chrome und Safari optisch mehr her - im Endeffekt findet der Dienst aber die gleichen Tracker, bietet die gleichen Informationen und die gleichen Funktionen.

Auf dem Smartphone

...gibt es Disconnect für iOS und Android als eigenständige App. Android-User dürfen sich schon während der Installation wie Staatsfeinde fühlen: Weil Google die App schon zweimal aus seinem App-Store Google Play geworfen hat, muss man in den Einstellungen das Installieren von Apps unbekannter Herkunft erlauben und die App anschließend im Browser downloaden. Danach kann man sich zwischen der kostenlosen und kostenpflichtigen Variante entscheiden.
Leider bietet die kostenlose Variante deutlich weniger als die Desktop-Version: Hier kann man nur sehen, welche Tracker sich auf einer Seite befinden, davor geschützt ist man nicht. Die App versteht sich auch nicht als voll funktionsfähiger Browser - was angesichts fehlender Features wie Adressleiste, Zoom oder Tabs auch vermessen wäre. Will man also Schutz vor Trackern und das auch in anderen Browsern, muss man sich die Bezahl-Variante für 5 US-Dollar (4,48 Euro) im Monat holen.

NoScript und ScriptSafe

Noch weiter als Ghostery und Disconnect gehen die Add-Ons NoScript (für Firefox) und ScriptSafe (für Chrome). Statt nur ausgewählte Tracker zu blocken, blocken sie jede Art von JavaScript, Java, Flash und anderen Plugins auf Webseiten. Auch das verhindert effektiv Tracking, führt aber auch genauso oft zum Zusammenbruch der jeweiligen Seite.

Wer NoScript beziehungsweise ScriptSafe nutzen will, sollte deshalb Spaß daran haben, für jede Website festzulegen, welche Scripts erlaubt sind und welche weiterhin geblockt werden. Wobei die Sache dadurch komplizierter wird, dass die Dienste nicht sagen, welche Scripts für eine Seite wichtig sind, welche tracken und welche eigentlich ein komplett harmloses Dasein fristen.

Auf dem Smartphone…

…gibt es NoScript beziehungsweise ScriptSafe bisher nicht. Man findet lediglich eine Version von NoScript für den mobilen Firefox -aber auch die ist mit dem aktuellen Browser nicht kompatibel.

AdBlock Plus

Weil mittlerweile so gut wie jede Werbung im Netz gleichzeitig die User trackt, sind Anti-Tracking-Dienste wie Ghostery, Disconnect oder NoScript auch effektive Werbekiller. Und andersherum funktionieren Werbe-Blocker einwandfrei als Anti-Tracking-Tools. Beispielsweise das seit Jahren beliebte Add-On "AdBlock Plus". Ursprünglich programmiert, um Popups, Banner und Werbung, die sich von links, rechts, unten und oben einschiebt zu bekämpfen, ist es heute ein ebenso gutes Anti-Tracking-Tool.

Die Installation geht schnell und einfach, danach wird es aber kurz tricky: Denn AdBlock Plus funktioniert über Filter-Listen. Ein ausreichender Werbe-Filter ist voreingestellt. Beim Hinzufügen von Filtern, die reine Tracking-Scripte, Cookies oder Social Plugins wie den Facebook-Button blocken, verzweifelt man aber so lange, bis man die nirgendwo verlinkte Feature-Seite gefunden hat. Dann allerdings geht alles wieder ganz schnell und einfach. Einen kleinen Rest schlechtes Gewissen sollte man bei Werbe-Blockern wie AdBlock Plus aber auch haben: Schließlich killt man damit oft die einzige Finanzierungsmöglichkeit der betroffenen Webseiten.

Auf dem Smartphone…

…gibt es AdBlock Plus offiziell nicht mehr. 2012 wurde es medienwirksam mit allen anderen Werbe-Blockern aus dem Play Store von Google geschworfen. Für iPhones gab es erst gar keine App. Seitdem gibt es die App für Android-Geräte wie im Fall von Disconnect nur noch per Download via Browser. Für Apple-User gibt es das Safari-Add-On Adblock, das einen ähnlich guten Job macht.

Keine hundertprozentige Anonymität

Egal ob Ghostery, Disconnect, NoScript oder AdBlock Plus: All diese Dienste verhindern effektiv, dass man von Dritten getrackt wird. Im Fall von Ghostery und Disconnect sogar denkbar einfach. Man muss schon lange kein Tech-Nerd mehr sein, um sich erfolgreich gegen die Datensammelwut der Werbefirmen zu wehren. Ghostery macht das als eigenständige App auch auf dem Smartphone schon ganz gut. Die anderen Anbieter hinken bei Apps noch ein wenig hinterher.

Trotzdem surft man damit noch lange nicht anonym: Auch mit Anti-Tracking-Diensten werden der Webseite, die man besucht, die IP-Adresse, die Browser-Version, der Ort und im Extremfall sogar die installierten Add-Ons und die verwendete Schriftart übermittelt. Aber eben auch nur dieser Webseite und nicht mehr. Damit kann man dann allerdings trotzdem wieder identifiziert werden. Auch Geheimdienste wie die NSA, der GCHQ oder der BND kommen noch an Informationen. Will man das verhindern, muss man auf etwas kompliziertere Dinge wie VPN-Clients oder den Tor-Browser zurückgreifen.

Anti-Tracking-Dienste sind deshalb nicht die endgültige Lösung des Problems. Aber im Moment der einfachste Weg, sich zumindest ein bisschen Privatheit im Netz zurückzuholen.

Und warum trackt mich eigentlich PULS bzw. der BR?

Auf öffentlich-rechtlichen Webseiten sollte man eigentlich nicht getrackt werden, denn schließlich zahlt man Rundfunkgebühren. Weil wir bei PULS keine Werbung schalten, gibt es auch keine Werbe-Tracker. Auch Facebook oder Twitter verfolgen den User auf BR-Seiten nicht. Trotzdem finden Anti-Tracking-Dienste auf deinpuls.de zwei Tracker: INFOnline und Comscore Digital Analytix. Die brauchen wir, um Klickzahlen zu zählen und zu erfahren, wo ein User herkommt und wie lange er oder sie auf unseren Seiten ist. Aber wir schauen auch, dass dabei der Datenschutz eingehalten wird: Beide Dienste anonymisieren die Daten, indem sie zum Beispiel die IP-Adresse hashen, sie also durch einen anderen Wert ersetzen, der nicht zurückverfolgbar ist. Und beide Dienste speichern die Daten nur auf europäischen Servern - und die sind so zumindest in der Theorie vor der NSA sicher.


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Kommentieren

anonymous, Samstag, 28.November 2015, 16:58 Uhr

8.

Das ist alles schön erklärt, nur fehlen einige Informationen.

Am besten geeignet ist "Das 3 Browser-Konzept" (mit einem Browserpaket das entsprechende AddOns schon beinhaltet)
Einfach mal im Internet suchen und informieren ;).
Diese Konzept umzusetzen, ist auch garnicht so schwer.

peter bednaric, Montag, 26.Oktober 2015, 23:17 Uhr

7. Schlecht recherchierter Artikel

Eigentlich müsste man alle diese aufgeführten Tools einsetzen, dann auch noch seine E-Mails verschlüsseln und kein Skype nutzen. Aber selbst dann ist die IP Adresse immer noch erkennbar.

Schade dass Sie das einzige Tool, das all diese Probleme löst, nicht aufführen. Sie sollten sich mal die TrutzBox anschauen.

PB

Michael Ratz, Mittwoch, 30.September 2015, 17:15 Uhr

6. Wer im Glashaus sitz, .......

Ihr setzt selbst Flash Cookies, ziemlich lästig. Von daher ist der Artikel ziemlich albern. Aber gut, immerhin klärt ihr eure Kundschaft auf.

transporter, Montag, 18.Mai 2015, 13:18 Uhr

5. Tracking über Smart Phone Apps

Warum wird eingentlich das Thema überhaupt nicht behandelt wie Apps tracken? Schliesslich macht man doch am SP mehr über apps als über den Browser. Kann ich dazu Auskunft bekommen?

  • Antwort von Hardy Funk, Montag, 18.Mai, 13:40 Uhr

    ..richtig, auf dem Smartphone sind die Apps und deren Berechtigungen das Hauptproblem. Und es gibt auch noch keine einfachen Lösungen, das zu unterbinden. Einen Anfang stellen aber zum Beispiel die Apps TextSecure oder Freedome dar. Und eben die im Artikel genannten Möglichkeiten, die immerhin das Tracking im Browser verhindern können.

    Der Artikel konzentriert sich hauptsächlich auf Desktop-Rechner, und will auch nur ein paar wenige und einfach zu handhabende Techniken und Dienste vorstellen, damit auch Leser, die noch gar nicht in der Materie sind, damit etwas anfangen können. Wir wollten nicht mit zu viel auf einmal abschrecken oder überfordern.

honorr, Sonntag, 17.Mai 2015, 13:27 Uhr

4. Schwierig für den Normalverbraucher

Danke für diese Hinweise und die Erklärung dahinter! Als Normalanwender, und das sind wohl die meisten von uns, bekommt man derlei knappe und verständliche Erklärungen wohl eher selten. Aber auch hierbei setzt es schon bei vielen Anwendern aus, schätze ich.

Was mir noch gefehlt hat: Wenn ich Tracking-Dienste schon blockieren kann, welche davon macht es Sinn zu blockieren und welche davon nicht? Man will dann doch vielleicht noch halbwegs ungehindert surfen können. Es fehlt aber einfach an Zeit und Fachkenntnis das auszuprobieren.
Ich weiß, es ist schwierig sich hinsichtlich Unternehmen und Diensten zu äußern, weil man ggf. schnell in die Ecke gestellt wird gewisse davon zu präferieren und anderen gegenüber so eine Art Rufmord zu begehen. Nur nützt einem der beste Anti-Tracker nichts, wenn man in nicht richtig einzusetzen versteht.

Wäre also große Klasse, wenn es hierfür noch einen Teil 2 gäbe. Danke.

  • Antwort von Hardy Funk, Montag, 18.Mai, 13:47 Uhr

    ..ich würde tatsächlich empfehlen, zunächst alle Dienste abzustellen, dann schauen, was oft auftaucht und was vielleicht doch okay sein könnte. Ghostery zeigt zum Beispiel auch ganz gut an, was sich hinter wem verbirgt.

    Die Sache für andere zu sichten ist so gut wie unmöglich, weil es zu viele Tracker gibt, weil man nicht überprüfen kann, was diese übermitteln und was damit passiert und weil sich all das ja auch ständig ändern kann.