Dokumentation "Weit" "Wir wollten sehen, wie groß die Welt noch sein kann“

Gwen und Patrick sind dreieinhalb Jahre lang einmal um die Welt gereist - ohne ein Flugzeug zu besteigen. Ihre Erlebnisse haben sie in einer Dokumentation festgehalten. Wir haben mit Weltreisenden über ihren Trip gesprochen.

Stand: 07.07.2017 | Archiv

Bilder aus der Dokumentation "Weit" | Bild: Gwendolin Weisser & Patrick Allgaier

PULS: Ihr seid während eurer Reise kein einziges Mal geflogen, sondern viel gelaufen und getrampt. Warum habt ihr nicht einfach den bequemen Weg im Flugzeug genommen?

Gwen: Wir wollten einfach mal sehen, wie groß die Welt eigentlich noch sein kann, wenn man wirklich jeden Meter wahrnimmt - und vor allem auch die Übergänge sehen kann. Wenn sich Gesichter langsam ändern, wenn sich Essen langsam ändert, wenn sich das Klima langsam ändert. Diese Vorstellung hat uns so fasziniert, dass wir gesagt haben, dass wir es wirklich versuchen wollen, auf ein Flugzeug zu verzichten.

Da würde man am liebsten auch gleich loslaufen, aber das ist dann ja doch nicht so einfach. Dreieinhalb Jahre Urlaub bekommt wohl niemand und Geld spielt natürlich auch eine Rolle. Wie habt ihr das finanziert?

Patrick: Wir haben davor gespart und dann haben wir uns vorgenommen,  ganz minimalistisch zu leben. Wir haben uns vorher so grob ausgerechnet, wenn wir fünf Euro pro Person pro Tag ausgeben, dann können wir relativ lange unterwegs sein - und das hat zumindest die ersten zwei Jahre extrem gut funktioniert. Wir haben viel im Zelt geschlafen, haben Couchsurfing gemacht, sind fast alles getrampt und haben letztendlich eigentlich nur Geld für Essen und so ein paar Kleinigkeiten gebraucht.

Trotzdem ganz schön krass. Für fünf Euro bekommst du hier ja nicht einmal ein Mittagessen. Wie hat das geklappt?

Gwen: Man wird kreativ. Wir haben ganz oft an so Straßen- und Fingerfoodständen gegessen. Das ist meistens sehr viel billiger als in Mitteleuropa. Und wir haben aus wenigen Sachen kreative Gerichte gekocht. Ich hatte eine bunte Gewürzdose dabei und ansonsten haben wir schon viel Nudeln, Haferflocken, Polenta und Couscous gegessen.

Habt ihr auch selber gefischt?

Patrick: Ne, wir sind Vegetarier.

Man macht dort doch bestimmt auch einige Grenzerfahrungen, oder?

Patrick: Ja, das gehört dann aber irgendwann auch dazu. Wir sagen zum Beispiel auch im Film, dass es sich eher wie so ein Lebensabschnitt angefühlt hat, in dem wir unterwegs waren - und gar nicht so wie eine Reise. Für uns war es irgendwann völlig normal, morgens aufzustehen, das Zelt abzubauen, an die Straße zu gehen und weiter zu trampen. Das Reisen wurde zum Alltag. Wie man hier halt jeden Tag zur Arbeit geht, sind wir jeden Tag weiter getrampt. Man hinterfragt das irgendwann gar nicht mehr und so Extremsituationen mit dem Wetter zum Beispiel gehören einfach dazu.

Aber fragt man sich nicht irgendwann, wenn man im Zelt aufwacht und es ist sau kalt: Was mache ich hier eigentlich?

Gwen: Klar gibt es das mal, dass es total anstrengend ist, aber wir haben mal gesagt, dass wenn wir eine Woche am Stück sagen, dass wir lieber zu Hause wären, dann fahren wir zurück. Dazu kam es nie.

Ich kann mir vorstellen, dass es zu zweit ganz gut klappt mit dem Reisen. Vor allem wenn man ähnliche Ideen und Vorstellungen hat, aber irgendwann wart ihr dann zu dritt. Euer Sohn ist geboren. Wie hat sich eure Reise danach verändert?

Patrick: Wir haben gemerkt, dass wir viel mehr ein Nest brauchen. Davor haben wir uns wirklich völlig treiben lassen – gerade mit dem Trampen. Dann haben wir gemerkt, dass wir doch so eine kleine Insel brauchen und haben uns dann in Mexiko einen VW-Bus gekauft. In Mexiko ist der Bruno auch auf die Welt gekommen. Wir sind dann langsamer und mehr als Familie unterwegs gewesen. In den zwei Jahren davor sind wir viel tiefer in die Kulturen eingetaucht, dann haben wir eher die Zeit zu dritt genossen.

Ihr seid dann am Ende der Reise von Spanien aus zu Fuß nach Hause gelaufen - mit eurem Kind zusammen. Für ein Kind ist das doch  total hart, oder?

Patrick: Für ihn war das am besten.

Gwen: Der hatte so einen kleinen Rucksack, in dem er sitzen konnte und wir sind eigentlich nur gelaufen, wenn er eh Mittagsschlaf gemacht hat. Dann sind wir so unsere 15 km am Tag gegangen. Das war eigentlich so eine der schönsten Zeiten unserer Reise. Wir waren ganz viel draußen mit ihm im Wald, haben Tiere angeguckt und haben einfach das Draußen sein genießen können. Vor allem war es für uns auch ganz wichtig, uns langsam wieder der Heimat zu nähern, damit wir die Reise nochmal Revue passieren lassen und uns wieder Schritt für Schritt an Zuhause herantasten konnten.

Alle Infos zum Film und zur Reise findet ihr unter: http://www.weitumdiewelt.de/

Sendung: Filter, 14. Juni 2017 - ab 15 Uhr.