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Tracks der Woche #45/16 Pussy Riot, Mighty Oaks, Erin McCarley, Cloud Nothings, Noah

Die Tracks der Woche auf der Durchreise: eine Pro-Einwanderungs-Hymne, drei Weltenbummler mit Heimweh, ein Aufbruch zu neuen Ufern, Musik zum Autofahren und eine kulinarische Erlebnisreise.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 04.11.2016 | Archiv

Tracks der Woche 45/2016 | Bild: Noah, Romy Maxime, Cloud Nothings, picture-alliance/dpa, Erin McCarley

Pussy Riot - Make Amerika Great Again

Bands wie Death Cab for Cutie, R.E.M. oder die White Stripes haben sich bereits gegen Präsidentschaftskandidat Donald Trump positioniert - Pussy Riot setzen jetzt noch einen drauf. Gerade erst hat die Band mit den bunten Skimasken mit "Straight Outta Vagina" eine gesalzene Antwort auf Trumps sexistische Äußerungen rausgehauen, schon legen die Riot Grrrls nach. "Make America Great Again" heißt die neue Single, in der die Russinnen Trumps Slogan umfunktionieren: "Let other people in. Listen to your women. Stop killing Black children. Make America great again". Musikalisch kehren Pussy Riot dem guten alten Punkrock immer mehr den Rücken. Ihre neue Single ist ganz nebenbei ein extrem gut produzierter Popsong. Im Musikvideo steht dann wieder die politische Botschaft im Vordergrund. Die Band zeichnet darin eine Dystopie, in der Trump die Präsidentschaftswahl gewonnen hat und jetzt alle seine Frise tragen und seinen absurden Gesetzen ausgesetzt sind.  

Mighty Oaks - Horsehead Bay

Noch bevor Wandertouren und nach Zedernholz duftende Bartöle Einzug in den Mainstream gehalten haben, gab es ein Genre, das bärtige Männer und neblige Berglandschaften für sich gepachtet hatte: den Indie-Folk. Findige Vertreter dieses Genres sind die drei Jungs von den Mighty Oaks. 2014 landete die Band mit ihrem Album "Howl" in den Top Ten. Danach haben sie sich eine Weile zurückgezogen - vermutlich auf eine Berghütte. "Horsehead Bay" ist das erste Lebenszeichen aus dem Exil. Als wären sie nie weggewesen, besingt Ian Hooper auf einem Akustikgitarrenbett besagte Bucht in seiner Heimat Washington, die Herkunftsorte seiner Bandkollegen sowie die gemeinsame Wahlheimat Berlin. Untermalt wird das Ganze im Musikvideo durch die traumhaften Splitscreen-Aufnahmen. Stabiler Indie-Folk von einem Trio, das sein Handwerk wirklich versteht. Im Frühjahr 2017 soll dann das neue Album kommen.

Erin McCarley - G O O D

2008 wurde das Label Universal Republic Records auf dem SXSW Music Festival auf Erin McCarley aufmerksam. Kurz darauf erschien das erste Album "Love, Save the Empty" der Singer-Songwriterin. Zu ihrer Anfangszeit wurde McCarley gerne mal mit Regina Spektor oder auch Sheryl Crow verglichen. Ihre gefühlvolle Stimme und die unbedarft-positive Grundstimmung ihrer Songs waren ihr Markenzeichen. Und auch, dass die Texanerin vor ihrer Solokarriere in einer Countryband gesungen hatte, war auf den Songs noch deutlich hörbar. Doch das ist viele Jahre her und die 37-Jährige schlägt jetzt musikalisch neue Wege ein: die Single "G O O D" ist erstaunlich elektrolastig, mit viel Synthie, viel Beat und Stimmenverzerrer. "G O O D" klingt mehr nach Santigold als nach McCarleys großem Vorbild Fiona Apple. Lässig schnipsend hat sich die Sängerin eine Schiffskapitänsmütze aufgesetzt und die Segel zum Comeback gesetzt.

Cloud Nothings - Modern Act

Ein bisschen sieht man ihnen immer noch an, dass die Cloud Nothings sich zu Studentenzeiten formiert haben. Seitdem haben sie mit ihren drei Alben bewiesen, dass sie zu den Großen des Noise-Pop gehören. Letztes Jahr hat sich die Band aus Cleveland noch mit dem Genre-Kollegen Wavves für ein Kooperations-Album zusammengetan, jetzt soll es bald wieder neues, ganz eigenes Material geben. Im Januar wird das Album "Life Without Sound" auf den Plan treten. Jeder Song darauf wurde von Sänger Dylan Baldi persönlich wie folgt getestet: Nur wenn der Track beim Autofahren gut klingt, bekommt er auch einen Platz auf der Platte. Die aktuelle Single daraus hat den für die Band so typischen Lo-Fi-Charme und kommt dabei einerseits melodisch und andererseits kratzig daher. Außerdem gibt es seit kurzem wieder ein viertes Bandmitglied: Chris Brown, der begnadete Gitarrist von den Total Babes.

Noah - Chef

Noah ist mit dieser Single definitiv der Chef – allerdings im englischen Wortsinn. Mit seiner klassischen R’n’B-Stimme führt uns der Musiker aus Toronto durch einen romantischen Kochabend mit seiner Angetrauten. Noch nie hat es so viele anzügliche Wortspiele zum Thema Essen in einem Song gegeben: “Terra-cotta clay pit, tell me do you got a craving. I could whip it up quick. But you never tasted no cuisine quite like this.” Ist das jetzt eine Persiflage auf das übersinnliche R’n’B-Genre oder ist der Kerl einfach nur besessen von gutem Essen? Diese Frage bleibt leider unbeantwortet, denn so großzügig der junge Herr mit Gewürzen umgeht, so sparsam ist er mit Infos zu seiner Person. Bislang ist nur durchgesickert, dass er sich früher Nomo nannte und in Los Angeles wohnt. EP oder Album gibt es auch noch nicht – dafür aber eine Handvoll Songs online. Zeit, dass sich das ändert. Also raus aus der Küche und rein ins Studio, Noah!


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