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Tracks der Woche #39/16 Gold Roger, Local Natives feat. Nina Persson, AVEC, Jagwar Ma, Seekae

Lost and Found bei den Tracks der Woche: Ein Goldjunge sucht nach Inhalten, vier Verschollene finden einen neuen Sound, eine Liebe geht verloren, ein Duo findet den Weg ins Studio und alte Freunde finden wieder zueinander.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 22.09.2016 | Archiv

Tracks der Woche #39/16 | Bild: BR

Goldroger – M.I.D.A.$.

"Reichtum, Macht und Ruhm. Der Mann, der sich dies alles erkämpft hat, war Gold Roger: der König der Piraten" - One Piece, anyone? Ob Deutschrapper Goldroger seinen Namen tatsächlich von der Kult-Anime-Serie hat? Passen würde das Piratenimage ja zu ihm, denn in seine Texte verpackt der Dortmunder gerne knallharte Gesellschaftskritik. Gerade HipHop müsse sich seiner Meinung nach mehr trauen und auch zu brisanten Themen eine Meinung haben: "Wer nichts zu sagen hat, sollte einfach die Fresse halten. Dann gäbe es auch 70% weniger Rapper." Harte Worte. Eine kampfbereite Crew hätte Goldroger mit Label-Kollege Veedel Kaztro und Battle-Buddy Johnny Rakete eigentlich auch am Start – aber er ist halt mehr so der Einzelgänger. Macht nichts, denn mit seinem Debütalbum "Räuberleiter" hat der MC 2015 gezeigt, dass er auch im Alleingang plündern kann. Nächster Siegeszug: das kommende Album "AVRAKADAVRA" inklusive dem neuen Song "M.I.D.A.$.", bei dem eine geniale Line die andere auf nervösem Trap-Beat jagt. Und der Refrain ist sowieso pures Gold.

Local Natives feat. Nina Persson – Dark Days

Schon frech, dass sich Bands immer so lange Zeit lassen, um ein neues Album zu machen. Da stolpert man irgendwann einmal über einen Song – zum Beispiel "Airplanes" von den Local Natives – und hört sich das zugehörige Album ("Gorilla Manor") an und stellt dann noch fest, dass es noch eine LP namens "Hummingbird" gibt. Da freut man sich wie ein Bekloppter über so viel gute Musik. Und dann? Leere. Drei Jahre kein Lebenszeichen der Local Natives. Und gerade wenn man die Band vergessen und beleidigt sein will: Bäm! Ein neues Album! Ach ja, welch fragwürdige Abhängigkeit das Fan-Dasein doch mit sich bringt. "Sunlit Youth" heißt das neue Ding der US-Indie-Band und klingt erstmal etwas anders als seine Vorgänger. Den ein oder anderen mag es verärgern, dass die vier Kalifornier ihre analogen Instrumente gegen ein bisschen Synthie-Pop und satte Beats getauscht haben. Allerdings hätte es einen so zarten Song wie "Dark Days" mit den treibenden Percussion-Parts und der zauberhaften Stimme von The-Cardigans-Frontfrau Nina Persson auf dem letzten Album eben nicht geben können. Und so hat Sänger Kelcey Ayer Recht, wenn er in „Dark Days“ behauptet: "Finally what you came for. Finally what you hoped to find."

AVEC – NFYT

Mit gerade mal 14 Jahren lädt Miriam Hufnagel aus Vöcklabruck die ersten selbst komponierten Songs auf Soundcloud hoch. Damals ist sie großer Country-Fan, steht auf Taylor Swift und Zac Efron aus High School Musical – naja, in unserer Teenie-Zeit hatten wir doch alle unsere guilty pleasures. Erfreulicherweise suchte sich die Österreicherin bald andere Vorbilder: Kings of Leon zum Beispiel. Im Oktober 2015 kam dann ihre erste EP unter ihrem Künstlernamen AVEC raus. Und damit schlug die 20-Jährige derart ein, dass sie gerade erst auf dem Reeperbahn Festival in Hamburg gespielt hat – wo bekanntlich nur der neue, heiße Scheiß am Start ist. Das alles, obwohl sie keine Noten lesen kann, sondern nur nach ihrem Gehör geht. Das nennt man dann wohl Talent! AVEC versteht es, mit ihren reduzierten Songs ihre ausdrucksstarke Stimme in den Vordergrund zu stellen. So auch auf ihrer aktuellen Single "NFYT": Wie nach einer schlaflosen Nacht mit zu viel Whiskey haucht Avec ihrem Ex-Freund gesalzene Vorwürfe ins Ohr. Man möchte es in den Arm nehmen, dieses arme Geschöpf, das so schrecklich leidet. Mehr davon – aber auch fröhlichere Töne – gibt es auf dem neuen Album "What If We Never Forget".

Jagwar Ma – Give Me A Reason

Drei Jahre waren Jagwar Ma nach ihrem 2013 erschienenen Debütalbum "Howlin‘" mit Szenegrößen wie den Foals, The XX und Tame Impala auf Tour. Den eingängigen Refrain von "Come And Save Me" noch im Ohr, darf man also gespannt sein auf das im Oktober erscheinende Album "Every Now & Then". Zuvor wäre es für Sänger Gabriel Winterfield und Produzent Jono Ma allerdings beinahe richtig eng geworden: Als sie irgendwo in der australischen Pampa gestrandet waren, wollten die beiden Musiker ganz nach Tom Hanks in Cast Away ihr Abendessen im Meer fangen und hätten dabei fast einen fetten Hai übersehen. Australien – Land der fiesen Viecher. Nach diesem Schock flüchtete die Band nach Frankreich auf einen zum Studio umgebauten Bauernhof, wo sie sich wiederum mit fliegenden Ameisen und Ratten herumschlagen mussten. Traumatische Erlebnisse, die man der neuen Single "Give Me A Reason" aber nicht anhört: schwungvoller, psychedelischer Dancesound – und wieder ein sehr einprägsamer Refrain. Zusätzliches Zuckerl: Auf dem neuen Album wird auch wieder Stella Mozgawa, die Drummerin von Warpaint, zu hören sein – eine Collab, die schon bei "Come and Save Me" großartig funktioniert hat.

Seekae – Turbine Blue

Die drei Jungs von Seekae sind ein eingespieltes Team, wenn es ums Musikmachen geht. Die Australier kennen sich seit der Schulzeit und haben 2008 mit minimaler Ausrüstung kurzerhand eine Band gegründet. Angefangen hat alles mit atmosphärischen Instrumental-Alben und dem ein oder anderen Remix. 2014 surften Seekae auf der großen Australien-Welle – ausgelöst von den Herren Chet Faker und Flume – ins internationale Musikgeschäft und galten dank ihrem Album "The Worry" als DER Geheimtipp aus Sydney. Nicht zuletzt wegen der hypnotisierend satten Stimme von Frontmann Alex Camerons, die es auf "The Worry" erstmals zu hören gab. Zwei Jahre später: Seekae klingen etwas softer und irgendwie hat Cameron es geschafft, dass seine Stimme noch geiler geworden ist. Die aktuelle Single "Turbine Blue" lässt seine Hörer wie auf einer Wolke durch eine kühle Downtempo-Soundlandschaft schweben. Dann nimmt der Song Fahrt auf, man erwartet einen Drop – und der bleibt aus. Genial! Auch wenn die drei Bandmitglieder auf unterschiedlichen Kontinenten wohnen, wenn Seekae sich zu einer Band formieren, entsteht etwas Großartiges. So ist das eben bei alten Freunden: lange nicht gesehen, aber sofort wieder voll drin.


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