How To: Sommerhit Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast!

Nach dem Sommerhit ist vor dem Sommerhit: Wie ihr 2018 auf Mallorca, Ibiza und Lloret richtig durchstarten könnt, erklären wir euch heute in unserer Anleitung: How To Sommerhit! Wie schreibt man also das nächste "Despacito"?

Von: Henri Jakobs

Stand: 12.10.2017 | Archiv

Luis Fonsi | Bild: Screenshot / YouTube

Let's face it: Der Sommer ist vorbei. Wenngleich der Durchschnittsbürger von besagtem Sommer wenig profitiert haben dürfte, gibt es zwei Menschen, die durch ihn um geschätzte 100 Billiarden Euro reicher geworden sind ... Luis Fonsi und Daddy Yankee, die Schöpfer des Sommerhits “Despacito”.

Was “Last Christmas” für Weihnachten, ist der Sommerhit für die Urlaubssaison. Unsagbar lästig, aber nicht abzuwenden. Ihr wollt ein Stück vom Hit-Kuchen? Wir zeigen Euch, wie man in sechs lässigen Schritten einen Sommerhit aus dem Hut zaubert.

Der Titel

"Despacito“ ist spitze. Wenig komplex und verwegen auf Spanisch. Vielleicht eine gewagte Behauptung, aber Finnisch wird bei den meisten Zuhörern eher kein sehnsüchtiges Strandfeeling auslösen. Deshalb ist man mit einem südländisch klingenden Songtitel auf der sicheren Seite. Vamos a la playa und so.

Takt und Rythmus

Ein frecher ⅞-Takt mag aufregend scheinen, funktioniert im Sommerhit aber eher nicht. Wenn es nicht stampft, ist kein Sommer, demzufolge sollte man sich an einen grundsoliden 4/4-Takt halten. Man marschiert nicht im ⅞-Takt nach Ibiza.  Jetzt kommt auch endlich die Exotik ins Spiel. Braucht der Mitteleuropäer das? Absolut. "Despacito“ verbindet Latin-Pop und Reggaeton. Natürlich auch nicht zu anstrengend, sondern schön gemäßigt. Aber heißblütig genug, um weiße Hüften in Ekstase zu schunkeln. Wir erinnern uns …

Harmonie und die Melodie

"Despacito" ist in H-Moll geschrieben und kommt im Refrain mit vier Akkorden aus.  Völlig ausreichend. Weniger ist mehr. Sommerhit-Komponisten dürfen hier nicht durchdrehen, sondern müssen die Fassung behalten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, aber auch hielt gilt: Einfachheit gewinnt im Armdrücken. Keine großen Sprünge und nicht zu viele Töne. Das lenkt nur vom Mojito-Trinken ab.

Der Text

Wer schlau ist, schreibt nicht über Zimtsterne und darüber, wie bezaubernd der Schnee in der Abendsonne funkelt, sondern schnappt sich gnadenlos alles, was der Sommer eben so hergibt. Mojito, Playa, Bikinis, knappe Badehosen, Bauchplatscher (aber in sexy) und ... Sonne. Denn merke: Der Klimawandel hat in der Musikindustrie noch keinen Einzug gehalten. Im Winter ist wirklich dolle Winter und im Sommer richtig dolle Sommer. Wenn irgendwie auch noch eine sexuelle Komponente verwurstet und mit Sommer kombiniert werden kann, klatschen die Chart-Englein in die Hände.

In "Despacito" wurde dieser Sommerhit-Baustein unter anderem folgendermaßen umgesetzt (natürlich übersetzt aus dem Spanischen):

"Du, du bist der Magnet und ich bin das Metall. 
Ich komme näher und schmiede einen Plan.
Wenn ich nur daran denke, beschleunigt sich schon der Puls."

Despacito - Luis Fonsi, Daddy Yankee

Wer es nicht erkannt hat, dem sei gesagt, dass das sehr erotisch ist. Zwar könnten diese Zeilen auch von einem heißblütigen Schmied stammen, der innige Gefühle für einen Stahlträger hegt, im Falle von "Despacito" sind sie aber eine kinky Vorspielumschreibung.

Der Tanz

Wer auf Nummer Sicher gehen will, denkt sich einen passenden Tanz zu seinem Lied aus. Hände an den Kopf, Hände an den Poppes, einmal Hüpfen und Clap. "Macarena" hat es vorgemacht, die Massen warten auf neue Möglichkeiten der Körperertüchtigung. Nicht zu schweißtreibend, nicht zu verzwickt, siehe "Hände an den Kopf, Hände an den Poppes, einmal Hüpfen und Clap".

Der Interpret

Als Faustregel kann man notieren, dass der Künstler in den Jahren vor dem Sommerhit die Hitparaden eher aus sehnsüchtiger Ferne betrachtet hat. Und dies auch nach seinem sommerlichen Erfolg tun wird. Vielleicht sollte mal jemand bei David Hasselhoff durchklingeln und fragen, was er 2018 so vorhat.

Das Fazit

Musikern stehen für das Jahr 2018 noch alle Türen offen. Wer kurzfristig den Fame und den Reichtum einer Beyoncé haben möchte, um im Jahr darauf wieder unerkannt bei Edeka Dosenbier zu kaufen, sollte sich jetzt ranhalten, um ordentlich abzusahnen. Um es mit "Despacito" zu sagen: Pronto, pronto.


Sendung: Filter, 11.10.2017 - ab 15 Uhr