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Soundschublade Was ist eigentlich Cloud Rap?

LGoony, Yung Hurn, Crack Ignaz: Sie alle werden unter dem wolkigen Begriff "Cloud Rap" zusammengefasst. Aber was macht das neue Deutschrap-Phänomen eigentlich aus? Und wo liegen die Ursprünge der Bewegung?

Von: Matthias Scherer

Stand: 25.01.2016 | Archiv

Cloud Rap Soundschublade | Bild: BR

Wo liegen die Ursprünge des Cloud Rap?

Der kalifornische Rapper Lil B hat 2009 mit seinem Album "6 Kiss" den Grundstein für alles gelegt, was Jahre später bei uns Cloud Rap genannt wird, und er hat mit "I'm God" die Hymne dieses neuen HipHop-Movements geliefert.

Lil B ist die Blaupause für LGoony und Co: Ein Rapper mit mehr Persönlichkeit als Skills, ein Fleisch gewordenes Mem, ein Typ, bei dem kopfnickende Oldschool-Rap-Fans im Strahl kotzen, während Tausende von Fans seine schrägen Lo-fi-Videos auf Repeat anschauen. Der Sound, mit dem Lil B punktet, ist ein smarter Gegenentwurf zu den fetten, aber auch oft bräsigen Produktionen von Kanye West und Rick Ross, die 2010 die Charts beherrschten, und den fiesen Trap-Beats von Gucci Mane und Waka Flocka Flame.

Wie klingt Cloud Rap?

Wenn Lil B der Pate des Cloud Rap ist, ist Produzent Clams Casino der Mann für die Feinheiten. Der Beatbastler aus New Jersey setzt auf flächige, wolkenhafte Synthies (daher auch der Name "Cloud Rap"), trockene Zeitlupen-Drums und Samples von Indie-Elfen wie Imogen Heap und Björk: Sounds für das abgedunkelte Schlafzimmer, nicht für die Boombox auf dem Basketballplatz. Clams Casinos Produktionen finden sich auf den Alben mehrerer Cloud-Rap-Pioniere: den Main Attrakionz, G-Side und einem jungen Typen aus Harlem namens A$AP Rocky.

Wer sind die wichtigsten deutschsprachigen Cloudrapper?

Im deutschsprachigen Raum fing alles mit dem "Swag Tape" an. Der Österreicher Crack Ignaz machte 2012 einen Sound, wie man ihn hier noch nie gehört hat. Statt Boombap oder Gangsta-Geballer dominieren blubbernde Synthie-Schwaden und wie gelähmt dahinkriechende, trockene Beats.

Drei Jahre später gibt es in Deutschland für den Sound ein eigenes Genre: "Cloud Rap", dessen magisches Dreieck aus Crack Ignaz, dem Kölner LGoony und dem Wiener Yung Hurn besteht. Der landet mit verdrogten Hymnen wie "Nein" virale Hits, Casper höchstpersönlich feiert Crack Ignaz und rappt auf LGoonys Mixtape, der wiederum zusammen mit Yung Hurn in einer Arte-Doku zum Thema Cloud Rap auftaucht.

Was hat Lil B mit LGoony und Co. zu tun?

Der Einfluss von Lil B durchwirkt die Songs der deutschen Cloudrapper immer noch: Wenn LGoony twittert "I <3 Lil B" ist das eine offensichtliche Huldigung. Und wenn Yung Hurn im Vollrausch anfängt, was von Figaro zu faseln, weiß man: die Jungs haben bei den Ami-Vorbildern ganz genau zugehört.

Wie unterscheiden sich deutscher und amerikanischer Cloud Rap?

Ein wichtiger Unterschied zwischen deutschem und amerikanischem Cloud Rap sind die Texte: Die First-Wave-Cloudrapper Lil B und Main Attrakionz haben oft mit abstrakten Metaphern emotionale und sogar philosophische Themen verarbeitet. Bei LGoony und Co. geht es etwas praller zu: Geld, Drogen, Frauen. Yung Hurn sagt: Wenn er für einen Text länger als zehn Minuten braucht, wird er nicht gut.

Die Ad-Libs ("Sheesh!", "Skreet!" etc.), die LGoony und Crack Ignaz so gern benutzen, kommen ebenfalls mitnichten aus dem Cloud Rap, sondern von Südstaaten-Gurglern wie Young Thug oder Future. Da haben die deutschen Cloudrapper auch ihre Vorliebe für Autotune her.


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Fabian, Donnerstag, 28.Januar 2016, 15:14 Uhr

1. Hurra, eine neue Soundschublade

Danke Matthias für diesen passenden Artikel zum Thema Cloud Rap.
Ich hoffe bald, dass die mal wieder regelmässig kommen :)

Liebe Grüße!