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PULS Lesereihe 2014 in Nürnberg Frida, Freunde, Lesereihe

Von wegen auf Lesungen muss es immer ruhig und gediegen zugehen! Das Lesereihen-Publikum im Zentralcafé in Nürnberg hat das Gegenteil bewiesen: Es wurde gesungen, gelacht und gab auch eine kleine Musikperfomance-Nachhilfe.

Von: Felicia Reinstädt

Stand: 22.10.2014 | Archiv

Dass bei der PULS Lesereihe nicht nur gelesen wird, hat sich wahrscheinlich schon rumgesprochen. Immerhin laden wir jedes Jahr einen Musiker oder eine Musikerin mit ein, die uns auf Tour begleitet. An Frida Gold haben wir da freilich noch nie gedacht. Wieso auch. Und trotzdem kamen wir in Nürnberg nicht ganz um diese Band rum. Aber der Reihe nach.

Der Abend im Nürnberger Zentralcafé ging mit einem Geständnis los. Das kam von PULS-Moderator Laury Reichart: "Ich hab hier vorhin ein Knoblauch-Schnitzel gegessen – nur so als Vorwarnung für die Autoren und die Leute in der ersten Reihe". Umgekippt ist zum Glück niemand – der erstlesende Thomas Schaller ließ sich jedenfalls nichts anmerken, als er zu unserem Moderator auf die Bühne kletterte und von diesem gleich ganz schön in die Mangel genommen wurde. "Gehörst du zu den Guten oder den Bösen?" war eine von Laurys Fragen auf Thomas Schallers Beruf: Pharmazeutisch-technischer Assistent in einem Pharmaunternehmen. Der Neumarkter schlug darauf aber gekonnt die Brücke zur Literatur: "Arzneimittel sind gut für die Seele, sie heilen von innen heraus und das macht die Literatur auch!“ Das klingt fast schon philosophisch. Der Text von Thomas war dann aber vor allem emotional. Er handelte von unerfüllter Liebe, Schuld und verpassten Möglichkeiten. Ihr ahnt es vielleicht: "Lass uns Freunde sein" ist in seiner Geschichte eine Floskel, die keiner wirklich hören möchte.

Frida Gold in aller Munde

Der zweite Lesereihen-Autor an diesem Abend, Lukas Thymian, bekam bevor er überhaupt irgendetwas gelesen hatte, schon einen Titel von Laury verliehen – den Gewinnertitel für den schönsten Namen. Okay, Lukas Thymian heißt nicht wirklich Thymian. Er hat den Namen als Künstlername gewählt, weil ihm das "Y" so gut gefällt und er sich dahinter gut verstecken kann, wenn er sich auf der Bühne zu etwas Unerwartetem hinreißen lässt. Als studierter Jurist weiß der Mann eben, wie man sich gut absichert. Und apropos unerwartet: Wer jetzt gedacht hatte, dass Lukas sich bei seiner Lese-Performance ganz auf sich selbst verlassen würde, der hatte sich ganz schön geirrt: Lukas brachte das Publikum zum Mitsingen von Frida Golds Gassenhauer "Wovon sollen wir träumen?", um seiner Geschichte "Nachtundnäheaktion" auch den richtigen Rahmen zu geben. Die handelte nämlich von den wilden und nicht immer ganz durchdachten Aktionen einer Partynacht mit viel Alkohol, Geknutsche und einem voyeuristisch veranlagten Hauptprotagonisten.

Der Himmel voller Möglichkeiten

Der drittlesende Christian Weiblen entpuppte sich auf der Bühne als wahrer Tausendsassa. Als ehemaliger Bayerischer Vize-Meister im Poetry Slam – ein Titel auf den sich der Wahl-Augsburger übrigens überhaupt nichts einbildet – bespielt er mit seinem freien Theaterensemble ungewöhnliche Orte wie Schwimmhallen oder Planetarien. In Zweitem hat es Christian gleich so gut gefallen, dass er jetzt dort als Dozent arbeitet und den Besuchern Sonne, Mond und Sterne erklärt. Ach ja, eigentlich studiert Christian noch und schreibt natürlich an vieldeutigen Texten wie seinem Beitrag zur PULS Lesereihe: "Die Geschichte von den mindestens zwei Möglichkeiten" - ein Text, der wirklich mehr als nur zwei Interpretationsmöglichkeiten zulässt und ganz nebenbei auch noch einen sehr, sehr schlechten Politikerwortwitz beinhaltet.

KARO – die Lehrmeisterin am Mikrofon

Lustig ging's dann auch bei der Lese- und Musik-Performance von KARO her. Zum einen, weil KARO es wie keine andere versteht ihre tieftraurigen Songs am Ende mit einem Lacher zu garnieren und zum anderen, weil man von KARO wirklich noch was lernen kann. Zum Beispiel, dass man seine Kinder nicht zum Tischtennis-Unterricht schicken sollte, wenn man nicht will, dass sie einsam sterben. Tischtennis war nämlich auch Thema in KAROS semi-biografischem Lesereihen-Text "Die längsten Tage“, aus dem man durchaus raushören konnte, dass die Musikerin eine leicht traumatische Vergangenheit mit dieser Sportart hatte. Lernen konnte das Publikum von KARO auch, was Loopen – also das Übereinanderlegen verschiedener Klangspuren mittels Effektgeräten bedeutet – und wie das Ganze funktioniert. Zumindest in der Theorie, denn so ganz wollte ihr loop-intensives "Get Lucky"-Cover an diesem Abend nicht klappen, dafür gab's dann aber eine noch viel schönere und herzzerreißende Coverversion von Chris Isaaks "Wicked Game".

Abstimmung

Welche Geschichte hat euch in Nürnberg am besten gefallen?

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Thomas Schaller - Kolibri

Lukas Thymian - Nachtundnäheaktion

Christian Weiblen - Die Geschichte von den mindestens zwei Möglichkeiten

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