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Vom BR im Ersten Gefälschte Medikamente aus der Apotheke

Kriminelle nutzen Schlupflöcher in der Handelskette: Deutsche Apotheken haben gefälschte Medikamente an Hepatitis- und Krebskranke ausgegeben. In beiden Fällen handelt es sich um Re-Importe aus Rumänien. Zuvor waren die gefälschten Präparate von deutschen Medikamenten-Großhändlern an Apotheken geliefert worden.

Stand: 18.12.2013

Sendungsbild: plusminus | Bild: ARD

Im Interview mit dem ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus bestätigt Anna Wehage, Qualitätsmangerin des Pharmagroßhändlers cc Pharma (Densborn/Eifel), dass die Fälschung des Krebsmedikaments Sutent beim Umpacken in Deutschland nicht aufgefallen sei. „Erst die Apotheke hat uns telefonisch über den Kundenservice informiert.“

Auch der Großhändler ACA Müller ADAG Pharma AG (Gottmadingen) hat gefälschte Medikamente ausgeliefert. Eine Fälschung des Hepatitis Medikaments "Pegasys" flog auf, weil eine deutsche Patientin sich über Hautausschläge bei ihrem Apotheker beschwerte. Auch in Rumänien haben schwerkranke Patienten das gefälschte Hepatitis Medikament erhalten. Eine Warnmeldung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA war Anfang November erfolgt.

Sicherheitsexperten kritisieren, dass undurchsichtige Handelsketten und lange Lieferwege durch mehrere Länder hindurch von Kriminellen gezielt genutzt würden, um Fälschungen einzuschleusen. Dan Zaharescu, von der Vereinigung internationaler Medikamentenhersteller ARPIM, zeigt sich besorgt: „Je mehr Glieder die Kette hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Glied korrupt ist und das Einschleusen gefälschter Medikamente möglich macht.“

Das Erste

Mittwoch, 18. Dezember 2013, 21.45 Uhr
Plusminus
Das Wirtschaftsmagazin
Moderation: Marcus Bornheim

Anna Wehage von cc Pharma räumt ein, man habe im Fall des gefälschten Medikaments Sutent beim rumänischen Handelspartner nicht geprüft, wo er seine Ware beziehe und begründet dieses bei cc Pharma übliche Prozedere gegenüber dem ARD-Magazin Plusminus: „Ich kann natürlich nicht von meinem Lieferanten verlangen, dass er seine Lieferkette komplett für uns öffnet.“

Ein internationaler Ermittler, der anonym bleiben will, schätzt, dass weltweit bis zu 25 Prozent aller Medikamente in Apotheken gefälscht sind. Um nicht entdeckt zu werden, würden Zoll und Polizei „Mischkalkulationen beobachten, das heißt, Täter mischen Originalware und gefälschte Präparate zusammen in eine Packung.“

Deutschland ist das einzige Land weltweit, dass Apotheken zwingt mindestens fünf Prozent mit Importarzneimitteln umzusetzen. Dabei müssen Patienten immer wieder verschiedene Packungen mit wechselnden Aufmachungen, teilweise kyrillischen oder slawischen Schriftzeichen oder zahlreichen verschiedenen Landessprachen in Kauf nehmen. Die Importhändler überkleben die Schachteln mit deutschen Hinweisen.

Martin Fensch von der Pfizer Deutschland beschreibt, was Patienten erwartet, die ein gefälschtes Krebsmedikament einnehmen: „Wenn in einer solchen Fälschung kein Wirkstoff enthalten ist, dann tritt die erwartete Wirkung des Medikaments nicht ein. Das bedeutet im Falle einer Krebserkrankung, dass die Krebserkrankung fortschreitet. Wenn dann zusätzlich noch ein schädlicher Zusatzstoff beinhaltet ist, dann hat das erhebliche Auswirkungen auf den Patienten.“

Der Vorstand der Roche Pharma AG Dr. Hagen Pfundner zeigt sich nach den jüngsten Vorkommnissen im Parallel- und Re-Importgeschäft besorgt: „Gerade bei hochspezialisierten Arzneimitteln wie Krebsmedikamenten, die sehr temperaturempfindlich sind, sehen wir hier ein zunehmendes Verantwortungs- und Sicherheitsproblem. Eine gesetzliche Importförderklausel wie in Deutschland befeuert diese Problematik zusätzlich".

Das Zollkriminalamt fordert eine Überwachung des Handels mit Grundstoffen zur Medikamentenherstellung, um dem zunehmenden Problem der Medikamentenfälschung zu begegnen. Wolfgang Schmitz vom Zollkriminalamt in Köln erklärt: „Da sind riesige Gewinnspannen, die sind höher als im Rauschgifthandel oder Zigarettenschmuggel, das ruft Täter auf den Plan, die wir aus anderen Deliktsbereichen kennen.“ Mittlerweile, so Schmitz, seien Kriminelle aus dem Rauschgift- und Schleusergeschäft ins illegale Geschäft mit Medikamentenfälschungen eingestiegen.

Kontakt:         

Plusminus (BR-Wirtschaftsredaktion)
Redaktion: Carl Hermann Diekmann
Tel. 089 / 3806-5850


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