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About a Girl Interview mit Mark Monheim und Martin Rehbock

Stand: 23.03.2017

Am Film-Set: Produzent und Autor Martin Rehbock (links) zusammen mit Regisseur und Autor Mark Monheim beim sichten des gedrehten Filmmaterials. | Bild: BR/Imbissfilm/Raymond Roemke

Wie seid ihr auf das Thema "Todessehnsucht bei Teenagern" gekommen?
Martin Rehbock:
Mark und ich waren familienbedingt bereits öfter mit dem Thema Tod konfrontiert, ein Thema also, das uns beiden vertraut ist und uns berührt. Wir fanden den Ansatz gut, einen Film mit dem Selbstmordversuch eines Teenagers zu beginnen, weil sich daraus viele relevante Geschichten erzählen lassen. Der Suizid scheitert, und dann geht die Geschichte ja erst richtig los... Wir verarbeiten da sicher etwas Persönliches, aber am interessantesten fanden wir die Strukturen dahinter, die Möglichkeiten dieses tragische Ereignis als Komödie zu erzählen.
Mark Monheim: Humor hat in solch schwierigen Situationen natürlich auch etwas Verbindendes, wenn das Schicksal mit uns umgeht, wie es will. Und am Ende hat es für uns alle den Tod parat, früher oder später, und darüber wollten wir gerne einen Film machen.

Leidet ihr beim Schreiben des Drehbuchs mit euren Charakteren mit?
Mark Monheim: Ja, klar, die Figuren bedeuten uns ja sehr viel. Wir haben viel Zeit mit ihnen verbracht und irgendwann werden sie für uns Autoren lebendig, lange vor dem eigentlichen Dreh. Man wacht mit ihnen auf und fühlt mit ihnen mit, das ist schon so beim Schreiben. Wir sind beide Menschen mit einem großen Herzen, auch wenn wir unterschiedlich mit den Dingen umgehen. Ich bin sicher der Lautere von uns, der auch ohne es zu merken anderen auf die Füße tritt. Martin hat da mehr Abstand, lässt die Dinge auch beim Schreiben erst einmal sacken und greift sie dann zwei Tage später wieder auf. Wir ergänzen uns gut.

Wenn ihr ein Projekt startet, wisst ihr da bereits genau für wen bzw. für welche Zielgruppe ihr den Film macht?
Martin Rehbock: Am Anfang eines Projekts steht die Idee und nicht die Zielgruppe. Wir entscheiden für uns, ob wir die Idee gut finden und etwas Spannendes daraus machen können. Haben wir Lust, damit ein paar Monate oder – wenn wir den Film dann machen – ein paar Jahre mit dem Stoff zu verbringen? Dann erst stellen wir uns die Frage, für wen das, was wir da vorhaben, interessant sein könnte.
Mark Monheim: Man macht natürlich Filme nicht für den luftleeren Raum, aber auf eine Zielgruppe hinzuschreiben ist für mich keine gute Idee. Filme, die ins Kino wollen, müssen ohnehin das Potential haben für alle interessant zu sein. Es kann natürlich eine Kernzielgruppe geben, die sich ganz besonders angesprochen fühlt.

Besonders auffällig ist der Wortwitz in den Dialogen, der einen Großteil dazu beiträgt, dass die Tragik des Themas den Dreh ins Positive, Witzige bekommt. Wie entstehen diese Einfälle, wer kontrolliert, ob z.B. Kids wirklich so sprechen?
Martin Rehbock: Wir haben uns ganz lange darüber unterhalten, wie die Kids sprechen sollen. Und haben uns dann dagegen entschieden, auf den Schulhof zu gehen und den Jugendlichen ihren Slang abzulauschen. Sondern dafür, eine Art „Kunstsprache“ für sie zu entwickeln, die aber echt klingt. Weg von dem ewigen „Boaah, äy, Alter…“, sondern eine glaubwürdige Sprachwelt, die in der Altersklasse trotzdem funktioniert.
Mark Monheim: Film ist ja nicht die Wirklichkeit. Wichtig ist, dass man den Zuschauer in eine Realität mitnimmt, die er nicht hinterfragen muss, und wir hatten die Absicht, den Zuschauer so tief in den Film reinzuziehen, dass alles für ihn glaubhaft ist, auch die Sprache.

Wie eng skizziert ihr eure Figuren im Skript und habt ihr während des Schreibens schnell konkrete Schauspieler im Kopf?
Mark Monheim: Ich finde es schwierig, auf Schauspieler hinzuschreiben, weil man ja auch – außer man heißt Steven Spielberg - mit dem Risiko leben muss, dass man diesen Wunsch-Schauspieler nicht bekommt. Wir denken da eher in der Kategorie, ein Typ, wie … bzw. ein Schauspieler, ähnlich wie…

Wie viele Schauspieler seht ihr euch im Schnitt pro Hauptrolle an, bis der Cast stimmt?
Martin Rehbock: Total unterschiedlich. Für "Sabine" mit Heike Makatsch genau eine. Für "Charleen" haben wir viele, sehr, sehr viele Schauspielerinnen gesehen. Bei den anderen Rollen waren es vielleicht so zwischen fünf und zehn, die wir uns wirklich intensiv angesehen haben.

Wie kamt ihr schließlich zu eurer Hauptdarstellerin Jasna Fritzi Bauer?
Mark Monheim: Mit der Besetzung der Hauptrolle haben wir uns in der Tat schwer getan. Bis dann Tobias Schultze, einer unserer BR-Redakteure darauf bestand, dass wir uns Jasna anschauen. Da war ich ursprünglich skeptisch aufgrund ihres Alters. Dazu kam Jasnas Rolle in dem Film "Ein Tick anders", der mir an manchen Stellen unserem Film zu ähnlich war. Aber dann bin ich nach Wien gefahren, um sie zu treffen, und da stand sie am Treffpunkt vor dem Burgtheater mit ihrem Hund, in Jeansjacke und mit dem Walkman auf den Ohren, und da war’s um mich geschehen. Wir mussten gar nicht groß proben, haben uns eine halbe Stunde lang unterhalten und ich wusste: Die ist es! Bei den Hauptrollen, wie eben bei Heike oder dann bei Jasna, da muss bei mir als Regisseur einfach das Herz schlagen, das Gefühl muss stimmen.

Wie schwierig war es mit einer 24-jährigen Hauptdarstellerin zu arbeiten, die eine 15-Jährige spielt?
Mark Monheim: Nachdem ich beim Treffen in Wien sehr schnell davon überzeugt war, dass Jasna unsere Charleen ist, habe ich sie natürlich gefragt: "Mal Hand aufs Herz, willst du nochmal eine 15-Jährige spielen?", und sie hat typisch direkt geantwortet "Also, ehrlich gesagt, nee, aber das Drehbuch ist so geil!". Das war für mich das Signal wenn Jasna darauf einsteigt, weil sie im Drehbuch etwas Spannendes sieht und sagt, ich kann das nicht an mir vorübergehen lassen, dann muss sie einfach die Richtige sein.

Das Verletzliche und auch das Verstockte, das Jasna in Mimik und Gestik so überzeugend rüberbringt, kam das alles von ihr selbst oder wurde sie da gecoacht?
Mark Monheim: Wir hatten überhaupt keine Zeit zu proben. Jasna hatte direkt vor unserem Dreh noch einen Kurzfilm, bei dem sie bereits zugesagt hatte. Das hat sich so überschnitten, dass Jasna vom letzten Nachtdreh des Kurzfilms zu uns kam, kurz beim Warm-Up vorbeigeschaut hat um "Hallo, hier bin ich!" zu sagen, ins Bett gefallen ist und am nächsten Tag bei uns gedreht hat. Das war ein totaler Kaltstart, ohne Coaching. Ich habe Jasna ohnehin nur wenige Regieanweisungen geben müssen, weil sie von Anfang an in die Rolle der Charleen geschlüpft ist und sie richtig interpretiert hat.

Wie hat die Interaktion zwischen Jasna und dem Linus-Darsteller Sandro Lohmann funktioniert? "Sich verlieben" muss ja besonders glaubwürdig über die Leinwand kommen.
Martin Rehbock: Wir haben Jasna ja nicht für eine Liebesgeschichte besetzt, sondern für die Rolle der Charleen. Und dass Sandro ein ganz unglaublicher Junge ist, der sowohl das Nerdige als auch das Liebenswerte gleichzeitig hat, ist beim Drehen ganz schnell klar geworden. Er ist ja so ein großer Schlacks, der auf den ersten Blick nicht den Super Loveinterest für junge Mädchen darstellt. Aber er ist groß, hat breite Schultern, trotzdem wirkt er verloren. Wenn er da in seinem Zimmer steht und fragt "Und, gefällt’s dir?", dann verliebt man sich einfach. Das ist für alle, die dabei waren, glaubwürdig gewesen.

Heike Makatsch gehört heute zur Top 10 der deutschen Schauspieler. Wie kommt man als Jungfilmer an solch einen "Star"?
Martin Rehbock: Das war erstaunlich einfach. Wir haben ihr das Buch geschickt und dann hat mich drei Wochen später die Agentin angerufen und gesagt: "Die Heike findet das Buch so toll, die möchte das gerne machen!". Das war noch vor der ersten Förderungsrunde und daher habe ich gefragt, ob Heike bereit wäre, uns etwas für die Förderung zu schreiben. Da hat sie uns einen zweiseitigen Brief aufgesetzt, in dem sie vom Drehbuch schwärmt und sagt, dieser Film müsse gemacht werden und sie wolle Teil davon sein.

Die Musik zu "About A Girl" lag euch ja sehr am Herzen, entstanden ist ein spannender Soundtrack von nahezu unbekannten Musikern oder Bands. Welche besondere Beziehung zur Musik habt ihr beide?
Martin Rehbock: Für uns ist Musik sehr wichtig. Wir hören beide viel Musik, wir verbinden mit Musik natürlich Emotionalität, und wir haben den Musikpart schon in der Drehbuchphase mit eingebaut. Keine bestimmten Songs, aber wir haben versucht, die Stellen und das Temperament der Musik zu charakterisieren und haben dem Drehbuch auch immer eine Mood-CD beigelegt. Das war ganz elementar wichtig, weil wir den Film auf eine bestimmte Art und Weise auch als Musikfilm sehen.
Mark Monheim: Bei Filmen, die viele und lange Dialoge haben, braucht man die Musik auch als Gegengewicht, als emotionales Eintauchen in die Szenen. Und natürlich ist es auch toll, einen coolen Soundtrack zu haben, der auch ein guter Multiplikator ist.


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