4

Gutachten der Wirtschaftsweisen Merkel weist Kritik zurück

Die fünf Wirtschaftsweisen haben ihr Jahresgutachten vorgelegt: Sie sagen Wachstum voraus – sorgen sich aber über einen mangelnden Reformwillen in Deutschland und Europa. Kanzlerin Merkel weist diese Kritik zurück.

Von: Charlie Grüneberg

Stand: 02.11.2016

Christoph Schmidt übergibt Angela Merkel das Jahresgutachten | Bild: picture-alliance/dpa

Die Bundesregierung hat die günstige wirtschaftliche Entwicklung nicht ausreichend für Reformen genutzt: Die Kritik des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – besser bekannt als die fünf Wirtschaftsweisen – ist deutlich. Und Ratsmitglied Lars Feld warnt, sich nicht von den guten wirtschaftlichen Daten täuschen zu lassen.

"Es ist doch bekannt, dass Fehler immer dann gemacht werden, wenn es einem zu gut geht. Das gilt für Unternehmen ganz genauso wie für die Politik. Der Volksmund hat dafür das Wort geprägt: Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er auf’s Eis."

Lars Feld, Mitglied des Sachverständigenrates

Unzufrieden mit jüngsten Kompromissen

"Zeit für Reformen" haben die fünf Wirtschaftsweisen ihren Jahresbericht genannt. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das mehr als 500 Seiten starke Werk entgegennimmt, hält sich ihre Begeisterung in Grenzen.

"Ich glaube, die Bundesregierung fühlt und denkt so, dass sie permanent Reformen macht, also für uns ist immer Zeit für Reformen. Ob sie immer so sind, wie Sie sich das vorstellen, da mag es Differenzen geben."

O-Ton Angela Merkel, Bundeskanzlerin

Differenzen gibt es in der Tat. Die Wirtschaftsweisen fordern mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem, sie sind unglücklich mit dem Mindestlohn und der Mietpreisbremse und auch die jüngsten großen Einigungen der Koalition finden beim Vorsitzenden des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, wenig Beifall: Der Kompromiss, der in Sachen Erbschaftsteuer gefunden sei nicht zielführend.

"Besser wäre es, eine breite Bemessungsgrundlage, niedrige Steuersätze großzügige Stundungsregeln zu kombinieren, statt das zu tun, was man jetzt beschlossen hat. Und wir sind auch nicht der Meinung, dass die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die Inneffizienz des Finanzausgleichssystems bewältigt, im Gegenteil, sie wird sie eher noch verschärfen."

Christoph Schmidt, Vorsitzender des Sachverständigenrates

Streitthema Rente

Auch der neue Bund-Länder-Finanzausgleich wird nach Ansicht der Experten also das Ungleichgewicht zwischen armen und reichen Ländern nicht aufheben, sondern vor allem einfach nur teurer für den Bund. Es gibt auch durchaus Lob im Jahresgutachten für die Bundesregierung: Mit Blick auf die Rentenpolitik sehen die Sachverständigen die Beschlüsse zur Flexi-Rente ebenso positiv wie die Reformpläne für die betriebliche Altersvorsorge.

Aber auch hier gießen sie Wasser in den Wein: Bei der gesetzlichen Rente und dem in ihr liegenden Problem, dass immer weniger Beitragszahler die Leistungen für immer mehr Rentner erwirtschaften müssen, konzentriert sich die Bundesregierung in den Augen des Sachverständigen Lars Feld zu sehr darauf, dass dann eben mehr Steuermittel in die gesetzliche Rente fließen müssen.

"Wenn man hier Haltelinien einziehen möchte, dann ist es keine Lösung, als Ventil, bei der Festlegung von Haltelinien den Bundeszuschuss zu sehen. Sondern dann bleibt als Ventil nur noch die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters. Und unsere Vorstellung ist eine, die wir schon 2011 geäußert haben, die auch schon lange existiert, weil sie in anderen Ländern schon länger praktiziert wird. Das ist die Kopplung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die fernere Lebenserwartung."

Lars Feld, Mitglied des Sachverständigenrates

Vorwurf: "Ungerechte Vorschläge"

Die Menschen sollen also länger arbeiten, weil sie ja auch länger leben. Konkret fordert der Sachverständigenrat eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 71 Jahre, allerdings schrittweise bis zum Jahr 2080.

Das sind noch mehr als 60 Jahre, sorgt aber nicht nur bei der Bundesregierung für Widerspruch. Verdi-Chef Frank Bsirske warf den Wirtschaftsweisen krude, wirtschaftlich schädliche und sozial ungerechte Vorschläge vor. Da war die Kanzlerin deutlich milder. Sie sagte, sie nehme den Bericht mit Interesse und Respekt entgegen, er enthalte genug Lektüre für jedes Ressort.


4

Kommentieren

Eduard Schilling, Mittwoch, 02.November 2016, 18:41 Uhr

3. Wachstum

Das geht nicht so schnell, Mutti muss ihre Analphabeten, in den nächsten 60 Jahren, erst auf Vordermann bringen!

wm, Mittwoch, 02.November 2016, 18:31 Uhr

2. Wozu "Wirtschaftsweisen"?

Ein Blick in die Glaskugel schafft Mutti nebenbei mit links.

Ignaz, Mittwoch, 02.November 2016, 17:23 Uhr

1. Sie harrt eisern aus

Sie schafft das.