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Gesellschaftsdiskussion Streit um Vollverschleierung in Schulen und Unis

Dürfen Schülerinnen vollverschleiert zur Schule gehen und Studierende vollverschleiert die Vorlesung besuchen? Nein, heißt es in einem Gerichtsurteil. Doch das gilt bislang nicht bundesweit. Unions-Kultusminister wollen deshalb rechtliche Möglichkeiten für ganz Deutschland prüfen.

Von: Antje Dörfner

Stand: 03.09.2016

Frau im Schleier | Bild: picture-alliance/dpa

Vollverschleierung in der Schule? Das geht gar nicht, sagt der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus. Er findet das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück richtig, das einer Schülerin eines Abendgymnasiums die Vollverschleierung verboten hat. Nur die Augen der Schülerin waren sichtbar – zu wenig für eine Kommunikation im Unterricht, meint Lehrerverbands-Chef Josef Kraus.

"Unterricht muss ein offener Unterricht sein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Unterrichtliche Kommunikation bedeutet Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Das gilt für die Kommunikation  innerhalb der Klassengemeinschaft – also zwischen den Schülerinnen und Schülerin -, das gilt natürlich im Besonderen auch, und das hat ein großes pädagogisches Gewicht für die Kommunikation des einzelnen Schülers, der einzelnen Schülerin mit der Lehrkraft. Es ist schon für das Unterrichtsgeschehen wichtig, dass die Lehrerin, dass der Lehrer am Gesichtsausdruck, an der Mimik sieht, ist ein Schüler dabei oder ist er nicht dabei, ist er abgelenkt, hat er etwas verstanden oder hat er etwas nicht verstanden."

Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes unterstützt deshalb Bestrebungen, Vollverschleierung an Schulen und Hochschulen zu verbieten. Auch Kultusminister Ludwig Spaenle hält ein solches Verbot für gerechtfertigt. Klar: die Vollverschleierung behindert die Kommunikation, sagt auch Sozialpsychologe Ulrich Wagner von der Philipps-Universität Marburg. Über die Debatte jedoch schüttelt er den Kopf. Denn vollverschleierte Frauen an Schulen und Hochschulen seien doch so selten wie karierte Fledermäuse.

"Das Phänomen der Vollverschleierung taucht ja kaum auf. Und wir machen eine Riesendiskussion gerade darum. Und wir müssen dabei auch bedenken, wenn wir solche Diskussionen führen, dann kann das auch die Konsequenz haben, dass diejenigen, die unentschlossen sind, religiöse Muslims vielleicht, die sich selbst gar nicht in eine solche Ecke drängen, dass nach ihrer Auffassung Frauen vollverschleiert das Haus verlassen müssten, dass solche Menschen durch eine solche Diskussion, die sie selbst dann als diskriminierend für Muslime empfinden, dass sie sich dadurch ausgegrenzt fühlen."

Ulrich Wagner, Sozialpsychologe Universität Marburg

Die Diskussion um die Vollverschleierung schadet, warnt der Sozialpsychologe und hält die Diskussion sogar für gefährlich.

"Die Debatte um Vollverschleierung wird ja geführt angeblich als eine Debatte zur Erhöhung der Sicherheit. Dieses Argument kann ich überhaupt nicht einordnen. Ganz im Gegenteil: Eine solch intensive Debatte über ein Phänomen, das es nicht gibt und was mit Terrorismus auch nichts zu tun hat, erhöht die Gefahr von terroristischen Übergriffen, indem sie nämlich Menschen mit bestimmten Überzeugungen aus der Gesellschaft ausgrenzt, weiter extremisiert und damit ihrerseits einen Beitrag zur terroristischen Entwicklung nehmen kann."

Ulrich Wagner, Sozialpsychologe

Vollverschleierte an Schulen und Hochschulen gibt es tatsächlich so gut wie nicht. Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg etwa hat 40.000 Studierende. Eine Burkaträgerin war bislang nicht darunter, sagt Susanne Langer, die Pressesprecherin.

"Also ich glaube, das hält sich tatsächlich in einem unerheblichen Ausmaß. Auch was ich von anderen Pressesprecherkollegen an anderen Hochschulen weiß, ist der Fall bisher nicht wirklich aufgetreten."

Susanne Langer, Pressesprecherin Universität Erlangen-Nürnberg

Diese Einschätzung teilt auch Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes. So lange es nur Einzelfälle sind, brauche es keine Regelungen von oben. Die BLLV-Präsidentin plädiert für Gespräche mit allen Betroffenen. Genau das sei nämlich die Aufgabe einer Schule oder Hochschule.

"Es kann doch sein, dass an einer Schule vor Ort es überhaupt kein Thema ist, wenn man das behandelt hat. Es ist dann ein Thema, wenn man nicht darüber spricht.  Ich bin absolut dagegen, persönlich, diese Jugendlichen aus den Bildungseinrichtungen fernzuhalten. Was ist das denn? Das ist doch dann keine Integration. Der Mensch, das Kind, die Jugendliche, die in der Schule zu integrieren ist, um die geht’s. Und diese Aufgabe sollten wir als Schule sehr ernst nehmen und an der Schule vor Ort diskutieren oder an der Uni vor Ort."

Simone Fleischmann, Präsidentin Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverbandes


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Jakob, Sonntag, 04.September 2016, 16:23 Uhr

38. Eine Vollverschleierung sagt es klar und deutlich, Integration nur ohne mich.

Eine Vollverschleierung sagt es ohne Worte klar und deutlich, Integration nur ohne mich. Ich will von euch Gutmenschen nur eine schöne große Wohnung nicht weit von einer Moschee und regelmäßig Geld auf dem Konto.

Anton, Sonntag, 04.September 2016, 16:08 Uhr

37. Wer solche schwarze lebendige Mumien verteidigt, der soll sie selbst mit Geld...

Wer solche Vollverschleierte schwarze lebendige Mumien verteidigt, der soll sie selbst mit Geld und Wohnraum lebenslang versorgen. Vollkasko-Asyl für jeden ohne Obergrenze propagieren, aber die immensen Kosten auf andere Mitmenschen abwälzen, das ist wirklich kein edler Zug.

Josef, Sonntag, 04.September 2016, 15:56 Uhr

36. Man will von den Personen, die dem Steuerzahler an der Tasche hängen,

die er alimentieren muß, wenigstens das Gesicht sehen. Hilfe erwarten und nicht mal das Gesicht zeigen ist unhöflich und unverschämt. Integrationsverweigerer, die es sich nur im Sozialnetz bequem machen, müssen ausgewiesen werden. Egal ob es den grünen Asylmaximierern gefällt oder nicht.

  • Antwort von winfried, Sonntag, 04.September, 17:01 Uhr

    @Josef ... Wir Beide sind gar nicht so weit auseinander,

    denn ich nenne Personen, die nach durchqueren sicherer Drittstaaten in Deutschland Asyl beantragen >>> "Asyloptimierer".
    Unterstützer dieser Personengruppe, z.B. sog. "Integrationshelfer", sind meinen Augen >>> "Sozialleistung-abgreif-Helfer".

Thomas, Sonntag, 04.September 2016, 15:17 Uhr

35. Vollverschleierung

Ich finde jede Diskussion hier für überflüssig. Durch diese Kommentare wird sich nichts daran ändern. Da könnt ihr noch so schlaue Einfälle haben. Die einzige Chance wird uns in den nächsten Wahlen gegeben (Landtag / Bundestag). Alles andere ist doch sinnloses bla bla der Bevölkerung, die doch niemand ernst nimmt. Also denkt daran, die Wahlen sind unsere Chance!

Leserin, Sonntag, 04.September 2016, 15:09 Uhr

34. Grundgesetz gewährleistet ungestörte Religionsausübung

Ein generelles Verbot der Vollverschleierung, wie Burka und Niqab, ist durch das Grundgesetz, das Religionsfreiheit in Deutschland zusichert, nicht möglich.

Artikel 4, Grundgesetze für die Bundesrepublik Deutschland
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

"... dass nach hiesiger Ansicht ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum nicht mit dem
Grundgesetz zu vereinbaren wäre."
In Hinblick auf die Zuständigkeit für die Schaffung eines solchen Verbots wurde auf verschiedene Ausgestaltungsvarianten hingewiesen (z.B. Verbot der Vollverschleierung im Schulrecht, Verbot der Vollverschleierung als Maßnahme des Polizei- und Ordnungsrechts, Verbot der Vollverschleierung
für Angehörige des öffentlichen Dienstes) und die jeweilige Zuständigkeitsverteilung" (Quelle: Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag)

  • Antwort von winfried, Sonntag, 04.September, 17:26 Uhr

    @Leserin ... Auch das Grundgesetz kann geändert, neudeutsch -reformiert bzw.fortentwickelt -, ggf. ersetzt werden. Es kommt lediglich auf die jeweiligen Machtverhältnisse an. Und eine Veränderung bahnt sich gerade an.--> Was Ursache(n) bzw. Folge(n) dabei ist(sind) definiert Jeder zunächst für sich selbst. --> Meine (Kurz)Version >>> Ursache = Fr. Merkel ... Folge = AfD.

  • Antwort von Cosi, Sonntag, 04.September, 18:51 Uhr

    @ Winfried
    Genau das GG kann geändert werden. Das wird auch passieren!
    Dies wird vom Volk abgestimmt ,dann werden wir mal sehen was wir bewirken können in unserer Demokratie.

    @ Leserin... sie können ja weiterhin die Burka toll finden.

  • Antwort von Leserin, Sonntag, 04.September, 19:25 Uhr


    Da die Religionsfreiheit (und deren Ausübung) eine der fundamentalen Säulen unserer freiheitlich, demokratischen Gesellschaft ausmacht, steht sie unter einem besonderen Schutz. Um einer Willkür vorzubeugen, schufen die Väter und Mütter des Grundgesetzes, in weiser Voraussicht, betreffende Regelungen. Wie sich die Machtverhältnisse im Lande auch verändern sollten, die Grundsäulen unsere Gesellschaft und Unantastbarkeit unveräußerlicher Rechte, bleiben davon unberührt. Zwei Drittel des Bundestages müssten einer Gesetzesänderung (siehe dazu Artikel 79 GG) zustimmen.

    (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

  • Antwort von Anton H., Montag, 05.September, 06:53 Uhr

    Die Burka ist KEIN religiöses Symbol.

    Sie ist eine ideologische Machtdemonstration.

    Wer diese Burka akzeptiert hat sich und sein Land aufgegeben.

    Und was mich an diesen Diskussionen zu diesen Themen immer wieder erschreckt, sind die devoten Kommentare von Frauen.

    Demnächst wird dann die Beschneidung der Frau als religiöses Symbol verniedlicht.

  • Antwort von Leserin, Montag, 05.September, 08:02 Uhr

    Unabhängig davon, ob Burka oder Niqab als religiöses Symbol wahrgenommen werden oder nicht, entscheidend ist ausschließlich die Einstellung der betreffenden Frau, die diese Form von Bekleidung wählt. Und gleichermaßen unabhängig davon, ob das in einer breiten Öffentlichkeit anerkannt wird oder nicht, falls eine Verschleierung zur Religionsausübung dazugehört, steht dies unter dem Schutz von Artikel 1 und 4 des Grundgesetzes. Die Beschneidung der Frau gilt im Islam als verboten (haram), genauso Zwangsehen. Wer die Burka, Niqab und alle anderen Formen von Bekleidung als persönlichen, religiösen und freien Ausdruck einordnet, respektiert und anerkennt die geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland. Bei Gerichtsverhandlungen, bei Passkontrollen, in der Schule, Ämtern, Polizei, Flughafen, Kita, im Straßenverkehr gelten andere Regelungen, die auf die eindeutige Identifizierung und Sicherheit bezogen sind.

  • Antwort von Anton H., Montag, 05.September, 08:31 Uhr

    Mit Verlaub...

    Selten so einen Mumpitz gelesen.

    So etwas können nur Leute schreiben die nie etwas mit diesem Milleu zu tun hatten.

    Und die nicht den blassesten Schimmer haben welchen Zwängen und Gewalttätigkeiten diese Frauen ausgesetzt sind.