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Würzburger Axtattentat am 18. Juli 2016 Nicht alle Wunden sind verheilt

Am 18. Juli 2016 griff ein 17-jähriger Flüchtling in einem Zug nach Würzburg vier Reisende mit Axt und Messer an und verletzte sie schwer. Auf der Flucht attackierte er eine Spaziergängerin und verletzte auch sie schwer. Wenig später wurde er von der Polizei erschossen.

Stand: 17.07.2017 | Archiv

Zug vom Attentat in Würzburg mit Polizisten | Bild: dpa-Bildfunk

Die Stadt Würzburg hat zum Jahrestag zu einem Moment des Gedenkens an die "Leidtragenden des Attentates" aufgerufen. Der Aufruf zum Gedenken ist nicht an eine Zeit oder einen Ort gebunden. Vielmehr heißt es in der Pressemeldung der Stadt, die Würzburger sollten im Alltag einen Moment innehalten.

"Wir erinnern an das Leid der Opfer, denen auch heute noch die Folgen des Attentates zu schaffen machen. Das Attentat war ein Anschlag auf die Menschlichkeit und die Demokratie in Europa. Toleranz und Offenheit sind die stärkste Waffe gegen Hass, den Attentäter versuchen zwischen Ländern und Religionen zu säen."

Oberbürgermeister Christian Schuchardt

Die Axtattacke in Würzburg war einer der ersten islamistisch motivierten Anschläge in Deutschland. Fünf Menschen – vier chinesische Touristen und eine Würzburgerin – wurden dabei schwer verletzt. Ein chinesisches Ehepaar aus Hong Kong war mit Sohn, Tochter und dem Verlobten der Tochter auf Urlaubsreise in Deutschland. Der Vater wurde am Bauch, das junge Paar am Kopf schwer verletzt. Die Mutter kam mit leichten Verletzungen davon, der Sohn blieb körperlich unversehrt.

Die Betreuerin

Simone Barrientos ist Flüchtlingsbeauftragte der Arbeiterwohlfahrt in Ochsenfurt. Der Stadt, in der der Attentäter mehrere Monate lang im Kolpingheim gewohnt hat. Barrientos ist stolz darauf, dass die Ochsenfurter - nach der Bluttat vor einem Jahr –den Flüchtlingen eben nicht den Rücken gekehrt haben. Im Gegenteil: Ochsenfurt habe im Landkreis die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Der Spiegel titelte einige Zeit nach dem Attentat eine Geschichte mit "Ochsenfurt - die Jetzt-Erst-Recht-Stadt". "Da dachte ich: Ok, das haben wir geschafft", sagt die Flüchtlingshelferin.

"Das Schöne in Ochsenfurt ist, dass es - glaube ich - keinen Geflüchteten gibt, der keinen Kontakt zur Bevölkerung hat. Die Ochsenfurter sind großartig und machen das einfach ganz pragmatisch!"

Simone Barrientos, Flüchtlingsbeauftragte

Der Polizeipräsident

Der unterfränkische Polizeipräsident Gerhard Kallert erinnert sich im Gespräch mit Bayern 1, dass er im vergangenen Jahr zunächst für einige Sekunden an einen Scherz glaubte. "Wir haben zwar damit gerechnet, dass so ein Anschlag überall in Deutschland passieren kann, natürlich haben wir geglaubt, dass so etwas eher in Berlin, München oder einer anderen Großstadt passiert", so Kallert. Die Kollegen haben hervorragend reagiert, so sein Resümee. Sofort sei das Sondereinsatzkommando informiert worden, dass an diesem Abend zufällig in Würzburg übte.

"Hätten die Kollegen nicht so schnell reagiert und das SEK verständigt, dann hätten wir ein Riesenproblem gehabt mit einer öffentlichen Fahndung im Stadtbereich. Zu Beginn war ja nicht klar, ob es nicht noch einen zweiten Täter gibt."

Gerhard Kallert, Unterfränkischer Polizeipräsident

Die Opfer

Die Opfer kämpfen noch immer mit den Spätfolgen. "Es geht ihnen gut, aber sie brauchen noch immer regelmäßige medizinische und psychotherapeutische Behandlung", berichtet Hans-Peter Trolldenier von der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft in Würzburg. Er hält weiter Kontakt zu den fünf Chinesen. Mittlerweile arbeitet das junge Paar sogar wieder.

Die Konsequenzen

Nach dem Axtattentat haben die Einsatzkräfte ein Notfallzentrum zur Versorgung der Verletzten eingerichtet.

Am 18. Juli 2016 waren mehr als 300 Einsatzkräfte von Rettungsdiensten, Polizei und Seelsorgern im Einsatz. Um in ähnlichen lebensbedrohlichen Einsatzlagen künftig noch effektiver arbeiten zu können, ist der Großeinsatz von Experten der Notfallmedizin und des Rettungswesens wissenschaftlich ausgewertet worden. Die Würzburger Pilotstudie soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein. Die Erkenntnisse sollen wiederum in Konzepte der Einsatzkräfte einfließen und so den Ablauf bei künftigen Notlagen verbessern.

"Mit diesem Gerüst könnten Amokläufe und Terroranschläge sehr genau beleuchtet und vor allem Schlüsse daraus gezogen werden."

Uwe Kinstle von der Johanniter-Unfall-Hilfe aus Würzburg

Als Reaktion auf das Axtattentat sind Kinstle zufolge bereits viele Polizisten zusätzlich in Sachen Erstversorgung und Einsatztaktik geschult worden und sind mit neue Schutzwesten und -helme ausgestattet worden.
Darüber hinaus wurde zwischen Integrierter Leitstelle und Polizeieinsatzzentrale ein sogenanntes rotes Telefon eingerichtet, damit sich alle Einsatzleiter direkt und schnell austauschen können.


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