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Handy am Steuer "Aufklärung bringt bei Junkies nichts"

Wie sieht es mit der Handynutzung am Steuer aus? Eine Studie der Unfallforscher der Deutschen Versicherungswirtschaft bringt interessante Erkenntnisse ans Licht.

Stand: 10.08.2016

Smartphone in der Hand eines Autofahrers | Bild: picture-alliance/dpa

Repräsentative Umfragen von Forschungsinstituten sind bekanntlich anonym. Wer hier befragt wird, muss keine Konsequenzen fürchten, kann also die Wahrheit sagen. So dachten sich das auch die Unfallforscher der Deutschen Versicherungswirtschaft, als sie - zur Erforschung der Unfallursachen - die Handynutzung am Steuer abfragten. Die Zahlen kann Siegfried Brockmann bis heute nicht glauben: 86 Prozent geben an, am Steuer nie SMS oder E-Mails zu schreiben, 80 Prozent sagen, dass sie nie ohne Freisprechanlage telefonieren.

"Wenn wir uns fünf Minuten draußen an die Kreuzung hinstellen und zählen, wissen wir, dass das nie und nimmer stimmen kann."

Siegfried Brockmann

Was sagt das also aus, wenn die Befragten offensichtlich nicht die Wahrheit sagen, aus welchen Gründen auch immer? Siegfried Brockmann hat eine Antwort: Er sieht in der Ablenkung durch Smartphones am Steuer ein wachsendes gesellschaftliches Problem, das viele verharmlosen und unterschätzen. Denn:

"Wir haben eine jüngere Fahrerinnen- und Fahrergeneration, die es nicht schafft, auch nur fünf Minuten ohne ihr Handy zurecht zu kommen. Deswegen fürchte ich: Das wird nicht besser, sondern schlimmer. Aufklärungsmaßnahmen finden dann ihr Ende, wenn ich Junkies vor mir habe."

Siegfried Brockmann

Im Detail lässt sich nicht beweisen, so Brockmann, wie viele Unfälle und vor allem, wie viele schwere Unfälle durch Handynutzung am Steuer verursacht wurden, weil die Verursacher meistens nicht zugeben, das Smartphone in der Hand gehabt zu haben. Was also tun, was ist die Lösung für das immer größer werdende Problem im Straßenverkehr? Das Bußgeld von 60 Euro erhöhen? Der Unfallforscher hält davon nichts, sondern:

"Das schärfste Schwert, das wir haben, ist die soziale Norm, also das, was die anderen glauben, was ich darf und was ich nicht darf."

Siegfried Brockmann

Die soziale Norm - klingt auf den ersten Blick sperrig, wird aber deutlich beim Vergleich mit Alkohol:

"Beim Alkohol sehen wir in den letzten fünfzehn Jahren, was es bewirkt, wenn es stigmatisiert wird. Dann sagen nämlich Leute, die auf der Party angetrunken sind, nicht so einfach, ich fahre dann jetzt mal nach Hause. Dann kann man sicher sein: Es kommt eine Reaktion der Freunde."

Siegfried Brockmann

Wunsch nach Verkehrssicherheit ist hoch

Wer mit Smartphones am Steuer spielt und dadurch andere Menschenleben gefährdet, der muss eine gesellschaftliche Stigmatisierung bisher nicht befürchten. Ein dickes Brett, das jetzt gebohrt werden müsse, so Unfallforscher Brockmann. Denn der Wunsch nach mehr Verkehrssicherheit ist ungebrochen hoch, die Forscher haben mehrere Vorschläge abgefragt: Tempolimits sind dabei - wenig überraschend - unbeliebt, was sich aber viele wünschen: Eine Überprüfung der Fahrerlaubnis von Senioren über 75 und eben eine Senkung der Alkoholgrenze für Radfahrer. Denn die sei derzeit viel zu hoch:

"Beim Radfahrer liegt die Grenze bei 1,6 Promille. Für alle, die nicht regelmäßig saufen, ist 1,6 Promille extrem hoch. Für mich persönlich würde das bedeuten: Ich würde sofort runter fallen."

Siegfried Brockmann

Einen solchen Bewusstseinswandel wie beim Alkohol wünscht sich der Unfallforscher für die Smartphone-Nutzung. Denn viele, das belegen die Zahlen der Befragung, schätzen die Handynutzung am Steuer als Risiko ein - ändern aber ihr Verhalten nicht.


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