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Transitzonen Notwendig oder undurchführbar?

Flüchtlinge ohne Asylgrund schneller abschieben und so die Zahl der Flüchtlinge senken – dieses Ziel verfolgen CDU und CSU mit der Einrichtung sogenannter Transitzonen. Auch wenn der Koalitionspartner SPD noch viele Bedenken äußert: Ab sofort wird über die Einführung von Transitzonen beraten.

Von: Daniel Pokraka

Stand: 12.10.2015 | Archiv

Illustration: Figuren stehen vor dem Schriftzug "Transitzone" | Bild: dpa-Bildfunk

Geht es nach der Union, gibt es schon bald eine Entscheidung für Transitzonen. Doch die SPD will nicht recht mitmachen. Nach Auffassung des Passauer Bundestagsabgeordneten der SPD, Christian Flisek, würde unweigerlich das bisherige Willkommenssystem in der Region Passau zusammenbrechen, wenn hier ein Flüchtlingslager für ganz Deutschland entstehen soll. Den Vorschlag, Transitzonen einzuführen, hält Flisek für "völlig ungeeignet, weil es eben dazu führt, dass man hier die Probleme anstatt sie solidarisch in der gesamten Republik zu schultern, einseitig auf die Grenzregionen verlagert":

"Ich bin sehr gegen Transitzonen und zwar aus einem einfachen Grund: Die Grenzregionen leisten bereits jetzt bei der aktuellen Flüchtlingskrise eine unglaubliche Arbeit. Allein in der Passauer Region kommen im Tagesdurchschnitt 5.000 Flüchtlinge an, an Spitzentagen sind dies 7.000. Der Bund ist bei Weitem nicht in der Lage, all diese Menschen angemessen zu versorgen, die Kommunen müssen hier überobligatorisch mit vielen Ehrenamtlichen  aushelfen, sonst würde das System zusammenbrechen. Würde man jetzt noch Transitzonen in unserer Region aufziehen, also: würde man unsere Region zum Flüchtlingslager für die gesamte Bundesrepublik machen wollen, dann würde hier das gesamte System an den Grenzregionen kollabieren. Das kann niemand ernsthaft wollen."

Christian Flisek (SPD) im B5-Thema des Tages

Ein schnelleres Abschieben von Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive befürwortet Flisek dagegen sehr.

"Das ist dringend notwendig. Ich glaube nur, dass der Weg dorthin nicht sein kann, dass man sie vorläufig in solche Lager interniert – nichts anderes sind Transitzonen."

Christian Flisek (SPD) im B5-Thema des Tages

Was soll eigentlich in den Transitzonen passieren?

Flüchtlinge sollen dort warten, solange ihr Asylantrag bearbeitet wird. Betroffen sind Menschen ohne gültige Papiere oder mit gefälschten Dokumenten – und natürlich Antragsteller aus Ländern, die als sicher eingestuft sind, wie zum Beispiel Westbalkan-Staaten. Menschen von dort haben praktisch keine Chance auf Asyl, die Ablehnungsquote liegt um 99 Prozent. Deswegen will die Union, dass diese Menschen gar nicht erst nach Deutschland einreisen. Also sollen sie an der Grenze gestoppt werden  – und während ihr Antrag im Schnellverfahren bearbeitet wird, müssen sie in der Transitzone bleiben.

Was spricht gegen eine solche Regelung?

Womöglich: Europäisches Recht. Denn die deutschen Grenzen sind ja keine echten Grenzen mehr – und das soll auch so bleiben. Aus Brüssel ist zu hören, dass Transitzonen nur an Flughäfen und Außengrenzen des gemeinsamen Schengen-Raumes erlaubt sind. An Grenzen innerhalb des Schengen-Raums dagegen nur zeitlich begrenzt – genau wie es für Grenzkontrollen gilt. Die Frage ist außerdem, wie eine Transitzone praktisch aussehen soll: Ein riesiges umzäuntes Gelände mit massenhaft Schlafplätzen, bewacht von der Polizei, damit niemand ausbricht, der auf die Ablehnung seines Asyl-Antrags wartet? Schwer vorstellbar. Justizminister Maas von der SPD bezeichnet das Ganze als "praktisch undurchführbar"; in der Süddeutschen Zeitung spricht er von „Massenlagern im Niemandsland“. Für Heiko Maas ist klar: Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen schafft mehr Probleme als es löst. Harte Kritik. Fragt sich:

Werden die Transitzonen tatsächlich eingeführt?

CDU und CSU werden zumindest alles dafür tun. Denn sie wollen den Bürgern zeigen, dass sie deren Sorgen ernst nehmen – und den Andrang von Flüchtlingen so gut es geht bremsen. Allerdings wird die Union die rechtlichen Bedenken ausräumen müssen und zeigen, wie genau eine Transitzone aussehen soll. Die SPD ist zwar skeptisch – siehe Justizminister Maas: aber Generalsekretärin Fahimi hat heute ein interessantes Schlupfloch gelassen: Sie sagt, sie glaubt zwar nicht, dass Transitzonen etwas nützen – aber sie lässt sich gern eines Besseren belehren.


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