6

Bundesintegrationsgesetz Der bayerische Sonderweg

Ziel des Bundesintegrationsgesetzes ist zum einen die Beschleunigung der Asylverfahren und damit einhergehend eine Verbesserung der Integration geflüchteter Menschen in unsere Gesellschaft. Doch einige, die eine Ausbildung absolviert haben und bereit für den Arbeitsmarkt sind, kommen nicht ohne Weiteres in einen Job.

Von: Lisa Weiss

Stand: 27.10.2016

Zwei Flüchtlinge arbeiten in einer Metallbau-Werkstatt in Miesbach | Bild: picture-alliance/dpa

Keita Balde engagiert sich, wo er nur kann: Als Ehrenamtlicher beim Bayerischen Roten Kreuz zum Beispiel, oder in seinem Fußballverein. Der 24-Jährige kommt aus dem Senegal, ist seit drei Jahren in Deutschland– und bestens integriert.  Deutsch spricht er schon fast perfekt, gerade lernt er Niederbayerisch. Sein großer Wunsch: später als Krankenpfleger oder als Altenpfleger zu arbeiten.

"Diese beide sind eigentlich das Gleiche. Man kümmert sich um die Menschen."

Keita Balde

Keita Balde hat schon eine Ausbildung als Pflegefachhelfer abgeschlossen –  die Vorstufe zum Altenpfleger. Die werden in Bayern dringend gesucht – mehrere Betriebe würden ihn gerne als Auszubildenden einstellen. Doch das geht nicht. Denn Keita Balde darf plötzlich nicht mehr arbeiten.

"Es gibt keinen Sinn, wenn man  eine Ausbildung abgeschlossen hat und einen Arbeitsplatz hat und man hat keine Genehmigung. Das ist schon schwer."

Keita Balde

Die Ursache: Keita Balde ist in Deutschland nur geduldet. Eigentlich gilt seit dem 6. August das Bundesintegrationsgesetz, das es Geduldeten erleichtern soll, eine Ausbildung anzufangen und auch abzuschließen. Bis September hat das Gesetz noch einzelne Umsetzungsschritte durchschritten. Dennoch: Bayern legt das Gesetz sehr restriktiv aus - beispielsweise heißt es im Bundesgesetz, dass Geduldete nur dann eine Ausbildung machen können, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.  In einem Schreiben an die Ausländerbehörden interpretiert das Bayerischen Innenministerium  den letzten Halbsatz so: Schon wenn die Ausländerbehörde nur beispielsweise einen Brief verschickt, mit der Bitte, einen Pass zu beantragen, stehen konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung  bevor. Dabei sei da noch gar nicht klar, wann und ob jemand wirklich abgeschoben werden könne, sagt Christine Kamm von den Grünen.  Sie fordert: Das umstrittene Schreiben an die Ausländerbehörden müsse zurückgenommen werden.

"Und es müsste dieses Bundesgesetz, das da ist, um letztendlich mehr Rechtssicherheit für die Unternehmen zu schaffen auch wirklich in Bayern umgesetzt werden. Und eben nicht durch das Innenministerium verhindert werden."

Christine Kamm (Die Grünen)

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hält dagegen. Bayern habe nicht erschwert, sondern geklärt und damit das umgesetzt, was der Deutsche Bundetag beschlossen hat. Das heißt, es gebe ja eine deutsche Erleicherung insgesamt, so Herrmann.

"Aber klar ist auch: Wer eindeutig abgelehnt worden ist, der unser Land nicht mehr verlassen muss, der kann nicht einfach da bleiben, nur weil er einer Ausbildung nachgehen will"

Joachim Herrmann, Bayerischer Innenminister

Doch auch aus der Wirtschaft gibt es Proteste gegen das Schreiben: Nicht nur die Geduldeten, auch junge Flüchtlinge aus Pakistan oder Afghanistan, die noch mitten im Asylverfahren sind, dürften jetzt oft plötzlich keine Ausbildung mehr machen, sagt Peter Saalfrank von der IHK Schwaben. Weil sie noch keinen Pass haben oder einfach, weil die Ausländerbehörde sagt: Es könnte sein, dass der Asylantrag bald abgelehnt wird. Die Folge: Allein im Flüchtlingsprojekt der IHK Schwaben können 30 Ausbildungsverträge nicht unterschrieben werden, weil diese 30 Flüchtlinge keine Arbeitserlaubnis bekommen haben, sagt Saalfrank. Vor dem Schreiben des Innenministeriums sei es deutlich leichter gewesen, Lösungen zu finden.

"Die Art der Kommunikation war unmöglich. Es gibt einen Integrationspakt Bayern. Der zwischen der Staatsregierung einerseits und der Wirtschaft in Bayern andererseits geschlossen wurde und den Arbeitsagenturen. Und man kann keine interministerielle Anweisung geben, ohne die Partner zu informieren."

Peter Saalfrank, IHK Schwaben

Innenminister Herrmann will die IHKs bald noch einmal zu einem klärenden Gespräch einladen. Und der junge Senegalese Keita Balde? Er will nicht aufgeben und hofft, dass er doch noch irgendwann Altenpfleger werden kann.


6