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Streitfall Riedberger Horn Im Zweifel spricht das Volk

Was ist wichtiger: das Geschäft oder die Umwelt? Seitdem es den Begriff Umweltschutz gibt, wird darum gestritten. Im Fall der geplanten Skischaukel am Riedberger Horn ist dies aber schwierig. Nun soll am liebsten das Volk entscheiden.

Von: Rudolf Erhard

Stand: 13.07.2016

Rund ums Riedberger Horn | Bild: BR; Georg Bayerle

Horst Seehofer hat neben seiner Lobpreisung, Bayern sei die Vorstufe zum Paradies auch gerne noch einen anderen Spruch auf den Lippen:

"Unser Koalitionspartner ist und bleibt die Bevölkerung."

Ministerpräsident Horst Seehofer

Deshalb entstand Anfang dieser Woche wohl auch in einer internen CSU-Runde die  überraschende Idee, zur Lösung des Streitfalls Riedberger Horn eine  Bürgerbefragung durchzuführen. Dabei dürfte es in den beteiligten Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein, deren Skigebiete am Riedberger Horn ja mit einer Skischaukel verbunden werden sollen, mindestens 80 Prozent "Ja"-Stimmen zum Liftbau geben. Eine Lösung ist das aber nicht, stellte Umweltministerin Ulrike Scharf klar.

"Gegen eine Bürgerbefragung, wie sie jetzt im Gespräch ist, kann man nichts haben. Ich halte für gut, dass man die Menschen befragt, was sie davon halten, was in ihrer Heimat passiert. An meiner Haltung hat sich allerdings nichts geändert."

Umweltministerin Ulrike Scharf

Umweltministerin Scharf positioniert sich gegen Skilift

Das hat Scharf auch im Krisengespräch mit Ministerpräsident Seehofer, Finanz- und Heimatminister Söder, dem CSU-Fraktionsvorsitzenden und Allgäuer Stimmkreisabgeordneten Kreuzer und weiteren schwäbischen CSU-Vertretern klar gemacht. Scharf stellt sich damit gegen eine mächtige Allgäuer Allianz in ihrer CSU. Aber sie bleibt dabei.

"Naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich kann ich mir nicht vorstellen, dass wir hier einen Skilift bauen."

Umweltministerin Ulrike Scharf

Geschmeidig wie immer dagegen, Finanz- und Heimatminister Markus Söder:

"Die Bürger sollen die Chance haben, über ihre Heimat mitzubestimmen. Wegen einem Skilift zerfallen die Alpen nicht. Der Naturschutz hat eine wahnsinnige Bedeutung in Bayern. Aber die Frage, wie es in der örtlichen Heimat weitergeht, ist eben auch wichtig."

Heimatminister Markus Söder

Ungewöhnliche Zurückhaltung

Söder war übrigens selbst einmal drei Jahre lang bayerischer Umweltminister, ein sehr guter, behauptet er über sich selbst. Deshalb ruderte Söder vor Journalisten dann doch wieder etwas zurück. Denn er selbst hat sich die geplante Skilifttrasse an den durch die Alpenschutzzone C geschützten Hängen des Riedberger Horns, noch nicht angesehen. Seehofer dagegen war vor vier Wochen dort.

"In der Tat ist das Recht das eine, die tatsächliche Situation die andere. Der Ministerpräsident hat sich das angeschaut. Es ist auch ein Grundsatz seiner Philosophie, der da zum Tragen kommt. Jetzt müssen wir überlegen, wie wir die jeweiligen Interessen zu einem sinnvollen Ausgleich bringen."

Heimatminister Markus Söder

Suche nach dem Ausgleich

Wie so ein sinnvoller Ausgleich am Riedberger Horn aussehen könnte, bleibt mehr als fraglich. Ministerpräsident Seehofer will dennoch nächsten Dienstag im bayerischen Kabinett eine Entscheidung herbeiführen. Sagte er jedenfalls. Die Landtagsgrünen forderten Seehofer bereits auf, als Ministerpräsident eine Entscheidung zu treffen und sich nicht hinter grotesken Bürgerbefragungen zu verstecken. Und SPD-Umweltsprecher Florian von Brunn stellte klar.

"Es gibt die Alpenkonvention. Es gibt also internationales Recht, dass es verbietet, dass man dort einen Skilift baut."

SPD-Umweltsprecher Florian von Brunn

Ein Skiliftbau am Riedberger Horn wäre ein erster negativer Präzedenzfall in der in Bayern seit über 40 Jahren bestehenden Alpenschutzzone C.

Karte: Riedberger Horn

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Karte: Riedberger Horn


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Zwiesel, Sonntag, 17.Juli 2016, 17:19 Uhr

2. Bürgerbefragung nach Bedarf

Hier will die CSU also eine Bürgerbefragung der betroffenen Gemeinden durchführen unter der Annahme, 80 % sind dann für das Projekt. Sollte die CSU nicht gleichzeitig eine Bürgerbefragung zu 3. Startbahn in den betroffenen Gemeinden durchführen? Ach so, da könnten 80 % gegen das Projekt sein. Da weitet man die betroffenen Bürger dann lieber auf ganz Bayern aus, in der Hoffnung, je weiter entfernt von der Belastung durch den Flughafen, desto mehr Zustimmung zur 3. Startbahn. Aber ist nicht auch ganz Bayern von der Vernichtung der Natur wegen der Skischaukel betroffen? Ein seltsames Verständnis für die Bürgerbeteiligung.

QUIETSCHFIDELIUS , Sonntag, 17.Juli 2016, 15:47 Uhr

1. Volk?

Die Kernfrage wird sein, wer ist dieses "Volk", welches abstimmen soll?
Die Anrainergemeinden? Die Anrainerlandkreise? Bayern? Oder alle Bürger, deren Heimatstaat Mitglied in der Alpenkonvention ist?
Davon wird das Ergebnis abhängen.

Aber man sollte nicht die Frösche fragen, wenn man den Teich trockenlegen will!