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"Freis Netz Süd" Neonazi-Homepage macht dicht

Gehen dem größten bayerischen Neonazi-Forum die Autoren aus? Oder kommen die Macher einem drohenden Verbot zuvor? Sicher ist: Die wichtigste bayerische Neonazi-Homepage, die Seite des Freien Netz Süd (FNS) macht dicht. Das haben die Betreiber bekannt gegeben. Ab sofort wird das Hetz-Forum nicht mehr aktualisiert.

Von: Thies Marsen

Stand: 28.04.2014 | Archiv

Screenshot mit der Internetadresse "www.freies-netz-sued.net" und darunter eine 404 Fehlermeldung | Bild: colourbox.com; Montage: BR

Auf der Internet-Seite des FNS wurde nicht nur jahrelang nationalsozialistische Propaganda verbreitet, es wurden dort auch engagierte Bürger, politische Gegner und Journalisten diffamiert und teilweise auch deren Wohnadressen veröffentlicht. Mutmaßlich aus dem Umfeld des Freien Netzes gab es auch immer wieder Anschläge gegen Antifaschisten oder auch Asylbewerberheime. So mancher dieser Angriffe wurde im Vorfeld auf der Homepage propagandistisch vorbereitet und anschließend hämisch kommentiert. Als Neonazis etwa das Auto des langjährigen Sprecher des Gräfenberger Bürgerforums zerstörten und eine Stinkbombe in sein Wohnhaus warfen, titelte die Nazi-Homepage schadenfroh: "Kristallnacht für 'Anti-Rechts-Sprecher' in Weißenohe". Der im Sinne des Presserechts Verantwortliche der FNS-Internet-Seite wohnt in Teising im Landkreis Altötting. Er wurde erst jüngst vom dortigen Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er Fotos von Polizisten auf der Homepage veröffentlicht hatte.

Überall aktiv: Rechtsextreme in Bayern - und ihre Gegner

Interaktive Karte - es werden keine Daten von Google Maps geladen.

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Der Rechtsstaat schaute lange zu

Lange Zeit allerdings ließen Bayerns Sicherheitskräfte das Freie Netz weitgehend ungeschoren, obwohl der Verdacht nahelag, dass es sich beim FNS um eine Nachfolgeorganisation der 2004 verbotenen Fränkischen Aktionsfront (FAF) handelte. Wie zuvor die FAF verstand sich das Freie Netz Süd als "Kameradschaftsdachverband", als loser Zusammenschluss der besonders militanten sogenannten Kameradschaften. Im FNS agierten dieselben Aktivisten wie in der FAF - insbesondere der Fürther Neonazi Matthias Fischer und der Strippenzieher im Hintergrund, Norman Kempken. Wie Fotos, die dem BR vorliegen, beweisen, nutzte das FNS teilweise sogar alte FAF-Transparente, schnitt bloß unten den Schriftzug "Fränkische Aktionsfront" ab.

Groß angelegte Razzia in München

Erst im vergangenen Sommer machte das bayerische Innenministerium ernst. Es leitete ein Verbotsverfahren gegen das FNS ein. Bei einer groß angelegten Razzia in über 70 Wohnungen in ganz Bayern beschlagnahmten Polizei und Staatsanwaltschaft umfangreiches Beweismaterial, darunter kistenweise Propagandamaterial, aber auch Waffen. Vermutlich steht das Aus des Internetforums im Zusammenhang mit dem Verbotsverfahren, auch wenn das FNS andere Gründe vorschiebt: Auf der Homepage geben die nicht namentlich genannten Betreiber der Seite an, dass sich viele Aktivisten aus persönlichen oder beruflichen Gründen zurückgezogen hätten. Deshalb könne man den "selbstgegebenen publizistischen Ansprüchen" nicht mehr genügen.

"Der Dritte Weg" als Ausweg?

Ob allerdings das Aus für die FNS-Homepage auch das Aus für das Freie Netz Süd als Kameradschaftsdachverband bedeutet, das muss sich erst zeigen. So viel ist sicher: Ein Großteil der im FNS versammelten Neonazis wird weiter aktiv bleiben. Die Aktivisten sind längst dabei, eine neue Neonazi-Organisation aufzubauen, die Partei "Der Dritte Weg" (siehe Kolumne: Eine neue Partei - ganz rechtsaußen).


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