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Stau ohne Umleitung Großbaustelle am Mittleren Ring in München

Die Münchner Stadtautobahn hat in den vergangenen Jahren schöne neue Tunnels bekommen. Jenseits davon staut es sich weiter. Von August an wird es noch einmal richtig eng - für eine Erweiterung, die womöglich nur eine vorläufige Lösung ist.

Stand: 16.07.2016

Mittlerer Ring in München | Bild: picture-alliance/dpa

Eine Großbaustelle wird im staugeplagten München von August an für zusätzliche massive Verkehrsbehinderungen sorgen. Am Isarring im Nordwesten zwischen Ifflandstraße und Dietlindenstraße wird eine dritte Spur angebaut. Dafür müssen die bisher schon nicht ausreichenden zwei Spuren auf eine verengt werden.

"Das bedeutet für diesen sehr stark befahrenen Abschnitt des Mittleren Rings eine sehr harte Einschränkung. In Spitzenzeiten fahren an der Stelle stündlich gut 3.000 Fahrzeuge. Das sind 1.000 mehr, als wir in der Bauzeit durchbringen."

Richard Bartl, Baustellenkoordinators

Baustelle am Isarring

Arbeiten bis Ende Oktober

Droht München ein Verkehrsinfarkt.

In der Nacht vom 19. auf den 20. Juli wird eine Brückenplatte geliefert, vom 7. auf den 8. August beginnt die Hauptbauphase. Dann wird der Isarring, zweispurig schon an der Belastungsgrenze, auf eine Spur verengt.

Die Arbeiten sollen bis Ende Oktober dauern. Experten befürchten weitreichende Folgen für den Verkehr im Münchner Nordosten. Denn Ausweichrouten fehlen oder sind jetzt schon an der Kapazitätsgrenze.

Gerade in den vergangenen Wochen schien der Verkehr in München ohnehin kurz vor dem Kollaps. Der Sommer ist Baustellensaison, 400 Baustellen sind es laut Bartl im Schnitt jeden Tag in München. In den Ferienzeiten sind verstärkt die Hauptstraßen dran. Kurz vor den großen Ferien sind aber viele Münchner noch nicht in Urlaub - während die Touristen schon in und um die Stadt herum unterwegs sind. Hinzu kommt das schlechte Wetter: Steigen sonst im Sommer viele aufs Rad, setzte sich mancher angesichts des Dauerregens doch lieber ins Auto.

Fast hundert Baustellen auf Bayerns Autobahnen im Sommer

Im Sommer müssen Fahrer auf Bayerns Autobahnen stellenweise viel Geduld mitbringen. Im Freistaat wird im Juli und August an 98 Arbeitsstellen mindestens vier Tage lang gebaut, wie aus Daten des Bundesverkehrsministeriums hervorgeht. Deutschlandweit belegt Bayern damit Platz zwei, die mit Abstand meisten Projekte gibt es mit 138 Baustellen in Nordrhein-Westfalen.

Neben kleineren Brücken-Instandsetzungen werden vor allem die Beläge erneuert, teilte die Autobahndirektion Nordbayern mit. Teilweise werden die Schnellstraßen wie auf A3 und der A6 streckenweise auf insgesamt sechs Spuren ausgebaut. Wenn möglich, würden dabei nur die Fahrspuren verengt und die Geschwindigkeit gedrosselt. Um die Autobahnen in den bauintensiven Sommermonaten zu entlasten, gilt im Juli und August für Lastwagen ab 7,5 Tonnen und Lkw mit Anhänger auch samstags ein Fahrverbot - und nicht nur wie generell an Sonn- und Feiertagen. Insgesamt wird in dieser Zeit deutschlandweit an 500 Stellen gebaut - im Vorjahr waren es noch 370.

Verkehr an der Leistungsgrenze?

Der Verkehr könnte sich nördlich weit in die Autobahn A 9 von Nürnberg zurückstauen - und östlich bis zum Ende der Autobahn A 8 von Salzburg. "Das ist das Horrorszenario, vor dem wir stehen", sagt Baustellenkoordinator Bartl. Auch auf dem nordöstlichen Autobahnring A99 als weiträumige Umfahrung könnte der Verkehr zunehmen. Bartl empfiehlt den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel, Rad oder Motorroller; die Bildung von Fahrgemeinschaften - oder: Homeoffice.

Nicht zuletzt ist München eine stetig wachsende Boomregion. Auch die Münchner U- und S-Bahnen sind in der Rushhour voll. "Unser ganzes Verkehrsystem ist an der Leistungsgrenze", sagt Alexander Kreipl, Verkehrs- und umweltpolitischer Sprecher beim ADAC Südbayern.

"Städtebauliche Sünde" reparieren

Archivbild: links, eine Straße, die bisher den Englischen Garten durchquert. Rechts eine Computergrafik. Sie zeigt einen Tunnel.

Die neue Nervenprobe am Isarring bringt dabei womöglich nur eine vorübergehende Lösung. In weiter Ferne als "Königsweg": Ein Tunnel. Denn der Isarring, von vielen als unverzeihliche Bausünde geächtet, zerschneidet den berühmten Englischen Garten in zwei Hälften.

"Der Garten ist die größte und schönste Gartenanlage weltweit und steht unter einem strikten Denkmalschutz", sagt Architekt Hermann Grub, der mit seiner Frau Petra Lejeune die Stiftung "Ein Englischer Garten" gründete und für die "Wiedervereinigung" des Parks kämpft. Der Bau des Rings sei von Anfang an ein "Unding" gewesen. "

"Eine Riesenautobahn mit 130.000 Autos pro Tag durch diesen Park zu bauen - das ist absurd. Dafür haben wir immer gekämpft: Dass diese städtebauliche Sünde repariert wird."

Hermann Grub

Der Tunnel hat auch Unterstützung aus der Staatsregierung. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hat den Befürwortern des Autotunnels im Englischen Garten im Frühjahr Hoffnung gemacht: Es gebe Gespräche zwischen Freistaat und der Stadt "mit dem Ziel, dass der Tunnel entsteht", sagte Söder damals der "Süddeutschen Zeitung". Offen ist vor allem die Finanzierung. Nach Grubs Worten könnte der Tunnel nach neuen Berechnungen rund 125 Millionen Euro kosten.

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