NSU-Prozess


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Tageszusammenfassung, 349. Tag, 21.02.2017 Gericht führt neue Zschäpe-Verteidiger vor

Wie verhält sich Beate Zschäpe in ihrer Untersuchungshaft? Um diese Frage geht es morgen im NSU-Prozess. Das Gericht hat kurzfristig eine Abteilungsleiterin der JVA Stadelheim geladen und kam damit einem Antrag von Zschäpes Verteidigern zuvor.

Von: Ina Krauß

Stand: 21.02.2017 | Archiv

Hochsicherheitssaal im Gefängnis München Stadelheim | Bild: Christoph Arnowski

Das Gericht lud die Zeugin überraschend und sorgte damit für eine peinliche Schlappe für die Verteidigung von Beate Zschäpe. Ihr Verteidiger Mattias Grasel hatte davor nicht sagen können, wann er einen entsprechenden Beweisantrag stellen würde. Der Beweisantrag war bereits letzte Woche von der Zschäpe-Verteidigung angekündigt worden, war aber nach Aussage von Grasel aus "organisatorischen Gründen" bisher nicht möglich.

Frauengefängnis München-Stadelheim

Die Aussage der Abteilungsleiterin soll belegen, dass gegen Zschäpe keine Disziplinarmaßnahmen verhängt worden sind. Zschäpes Verteidiger wollen damit das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Henning Saß teilweise entkräften, vor allem dessen Einschätzung dass von Zschäpe weiter eine Gefahr ausgehe.

Zweifel an Aussagen von Beate Zschäpe

Zusätzlich belastet werden könnte Beate Zschäpe durch einen Beweisantrag, den mehrere Nebenkläger gestellt haben. Nebenklage-Anwalt Eberhard Reinicke beantragte mehrere Pressevertreter als Zeugen zu laden.

Beate Zschäpe

Es geht dabei um den Anschlag auf ein iranisches Lebensmittelgeschäft in der Kölner Probsteigasse im Jahr 2001, bei dem ein Mädchen schwer verletzt wurde. Die Presse hatte damals nicht bundesweit berichtet. Nach Aussagen von Pressevertretern hatte der Bombenanschlag damals keine bundesweite Bedeutung und wurde darum auch nicht in Thüringer Medien aufgegriffen. Beate Zschäpe hatte aber in ihrer schriftlichen Aussage behauptet, sie haben von dem Vorfall aus der Presse erfahren.

Entlastung für Angeklagten Carsten S.

Der heute 37-jährige Carsten S. hat gute Chancen, im NSU-Prozess nach Jugendstrafrecht  behandelt zu werden. Er gehe davon aus, dass Carsten S. zum Tatzeitpunkt "in seiner sittlichen, geistigen und seelischen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand", sagte ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe Düsseldorf am Vormittag aus.

Carsten S.

Carsten S. muss wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen verantworten. Er soll im Alter von 20 Jahren die wichtigste Mordwaffe des NSU besorgt haben. Carsten S., einst in führenden Positionen der NPD und der JN in Jena tätig, stieg im Jahr 2000 aus der rechten Szene aus und bekannte sich zu seiner Homosexualität. Er ist der einzige der fünf Angeklagten im NSU-Prozess, der umfassend ausgesagt und sich damit selbst schwer belastet hat.


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