NSU-Prozess


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Zeuge im NSU-Prozess Warum die Polizei falsch ermittelte

Schon wenige Monate nach dem Sprengstoffanschlag in der Kölner Keupstraße im Jahr 2004 ging die Polizei dem Verdacht eines Zusammenhangs mit Morden in Bayern nach, so eine Zeugenaussage heute im NSU-Prozess.

Stand: 18.09.2014 | Archiv

Bombenwerkstatt 1998 in Jena ausgehoben | Bild: picture-alliance/dpa

Ein bayerischer Kriminalermittler sagte im NSU-Prozess aus, in Köln und nach dem Mord an dem Nürnberger Imbisswirt Ismail Yasar seien zwei Radfahrer als Täter infrage gekommen. Die Experten der "Operativen Fallanalyse" hätten aber keine Gemeinsamkeiten gesehen und einen Vergleich für so sinnvoll gehalten wie den "zwischen Äpfeln und Birnen". In Köln waren die beiden Männer auf einem Überwachungsvideo zu sehen. In Nürnberg hatte eine Zeugin die Männer beobachtet. Die Ermittlungsgruppen in Nordrhein-Westfalen und Bayern hätten darauf ihre Informationen ausgetauscht, sagte der Beamte.

Falsche Spekulationen

Die Zeugin habe das Kölner Video gezeigt bekommen und sei sich "ziemlich sicher" gewesen, die beiden Männer in Nürnberg gesehen zu haben. In Fallanalysen hätten es Profiler der beiden Landespolizeien aber für unwahrscheinlich erklärt, dass die Täter dieselben gewesen sein könnten. Eine vergleichende Analyse sei "aufgrund des unterschiedlichen Tatablaufs nicht sinnvoll" gewesen. Die Profiler spekulierten stattdessen über einen "sehr persönlichen Grund", Rache zu üben und meinten, es gebe "eher keinen politischen Hintergrund". Weil die Profiler völlig daneben lagen, wurde in die falsche Richtung ermittelt.

Nebenkläger wollen rechtsextreme Zeugen laden

Vertreter der Nebenkläger stellten danach umfangreiche Beweisanträge und forderten, mehrere mutmaßliche Unterstützer des Trios um Beate Zschäpe als Zeugen zu laden. Sie begründeten das damit, dass organisierte Netzwerke den NSU systematisch unterstützt hätten. Als Beispiel nannten sie rechtsextremistische Gruppen wie "Blood & Honour" oder die Hammerskins. Anführer dieser Neonazi- und Skinhead-Gruppen hätten Übernachtungsplätze organisiert, ein Nachtsichtgerät und andere Ausrüstungsgegenstände beschafft, Solidaritätskonzerte veranstaltet oder auf regelmäßigen Treffen Aktionen besprochen. Einer der Schwerpunkte sei die Szene in Chemnitz gewesen.

Waffenbeschaffer aus der Schweiz

Zuvor hatte ein Schweizer Polizist über seine Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Waffenbeschaffer des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) berichtet. Der Schweizer hatte nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft die Pistole vom Typ "Ceska" 1996 bekommen; er soll sie an die Szene um Beate Zschäpe weitergegeben haben.

Wegen eines Stromausfalls wurde die Verhandlung am frühen Nachmittag für 20 Minuten unterbrochen. Der NSU-Prozess war nach einer einmonatigen Sommerpause Anfang September wieder neu gestartet.


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