NSU-Prozess


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407. Verhandlungstag, 30.1.2018 Wohllebens Antrag abgeschmettert

Der Antrag der Verteidigung von Ralf Wohlleben, wieder in die Beweisaufnahme einzutreten und weitere Zeugen zu laden, wurde heute regelrecht abgeschmettert. Ob die Plädoyers der Nebenkläger damit weitergehen können wird sich allerdings erst morgen zeigen.

Von: Julian Löwis of Menar

Stand: 30.01.2018 | Archiv

Julian von Löwis | Bild: BR

30 Januar

Dienstag, 30. Januar 2018

Klarer hätte es Richter Manfred Götzl nicht formulieren können: „Die Beweisanträge konnten abgelehnt werden, weil sie für die Entscheidung ohne Bedeutung sind.“ Dazu gab es eine ca. 30 Minütige Begründung, warum diese Ablehnung notwendig und juristisch korrekt sei. Letzteres ist der Knackpunkt. Am 407. Verhandlungstag und bereits fortgeschrittenen Plädoyers hat das Gericht vor allem eine Aufgabe, diesen Mammut-Prozess revisionssicher ins Ziel zu bringen. Das war auch der Grund dafür die Verhandlung letzte Woche, als die Anträge gestellt wurden, bis heute zu unterbrechen. Auch wenn heute die Antwort des Gericht darauf so eindeutig ausfiel, leicht hat sich der Senat seine Entscheidung wohl kaum gemacht. Leicht ist und war im NSU-Prozess gar nichts!

Weitere Verzögerung sehr wahrscheinlich

Und das ist auch der Grund dafür, dass es morgen womöglich zu weiteren Verzögerungen kommt. Die Verteidigung Wohlleben hatte heute um Zeit bis morgen gebeten, um eine Gegendarstellung vorzubereiten. Am Ende, damit rechnen zumindest viele Prozessbeobachter, könnte es aber wohl zu einem Ablehnungsgesuch gegen den Senat kommen, besser bekannt als Befangenheitsantrag. Auch wenn dieser eher geringe Aussicht auf Erfolg hat würde das Gericht das Verfahren wohl wieder unterbrechen, um eine  Entscheidung darüber abzuwarten - diese wird von einem anderen Senat getroffen.

Ein altbekanntes Procedere. Zuletzt lähmten im Herbst etliche Befangenheitsanträge der Verteidigung von André E. das Verfahren. Und auch dieses Mal wird das Gericht die Sache wohl in bekannter Manier „aussitzen“, um danach wieder da weiterzumachen wo man aufgehört hat. Denn anders als bei den Angehörigen der Opfer, den Journalisten, den Bürgerinnen und Bürgern und vielleicht sogar des ein oder anderen Angeklagten, ist die Geduld des Senats und seines Vorsitzenden Manfred Götzl schier unerschöpflich. Und das muss sie auch sein!


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