NSU-Prozess


3

381. Verhandlungstag, 1.9.2017 Bundesanwaltschaft: Zschäpe ist Mittäterin

Bis auf wenige Details bleibt die Karlsruher Bundesanwaltschaft bei ihrer vor vier Jahren formulierten Anklage: Beate Zschäpe ist nicht Mitwisserin, sondern gleichberechtigte Mittäterin des NSU gewesen.

Von: Eckhart Querner

Stand: 01.09.2017 | Archiv

Eckhart Querner | Bild: BR

01 September

Freitag, 01. September 2017

Heute würdigten zudem die Anklage-Vertreter das Verhalten der fünf Angeklagten im NSU-Prozess aus rechtlicher Sicht. Am kommenden Verhandlungstag, am 12. September, wird das Ende des Plädoyers der Bundesanwälte und die Strafzumessung erwartet.

Tag sieben der Plädoyer-Verlesung

Bereits den siebten Tag in Folge verlesen die Karlsruher Bundesanwälte ihr Plädoyer. Und sind immer noch nicht fertig. Heute geht es um die rechtliche Bewertung des Verhaltens der Angeklagten. Oberstaatsanwältin Anette Greger lässt keinen Zweifel daran, dass Beate Zschäpe ein voll- und gleichwertiges Mitglied des NSU war. Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Zschäpe habe sich nicht nur wegen der Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung strafbar gemacht, sondern unter anderem auch wegen der zehn Morde des NSU, dazu wegen versuchten Mordes in mehr als 30 Fällen. Letztere Vorwürfe beziehen sich auf Sprengstoffanschläge, die mutmaßlich auf das Konto des NSU gehen, insbesondere der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße im Jahr 2004.

Mittäterin, auch wenn sie nicht an den Tatorten war

Die zehn Morde, ausgeführt maßgeblich von den im Jahr 2011 verstorbenen NSU-Mitgliedern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, hier sieht die Bundesanwaltschaft Zschäpe ganz klar als Mittäterin, auch wenn sie wohl am jeweiligen Tatort nicht anwesend war. Die Karlsruher Staatsanwälte sind dennoch der Ansicht, dass die Angeklagte objektiv an den jeweiligen Taten entscheidend mitgewirkt habe.

In der Terrorgruppe herrschte Arbeitsteilung

Denn, während die beiden Uwes auf Mordtour waren, habe Zschäpe Stallwache gehalten, habe so für die Legendierung der beiden Männer gesorgt. Außerdem habe sie sich um die finanzielle Verwaltung und die Dokumentation der Taten gekümmert. Sie sei auch an der Erstellung des Bekennervideos beteiligt gewesen. Oberstaatsanwältin Greger: "Die Taten beruhten allesamt auf einem gemeinsamen Tatentschluss, einem gemeinsamen Tatplan.“ Zschäpe habe sich vor Ort bewusst zurück gehalten, um die Gruppe nicht zu gefährden. Greger macht aber auch deutlich, dass die Taten nur möglich waren, weil jedes einzelne Mitglied gewusst habe, was während und nach der Tat zu tun war, auch Zschäpe.

Sicherungsverwahrung liegt vor

Der Bundesanwalt Herbert Diemer (l-r), Oberstaatsanwältin Anette Greger, Bundesanwalt Jochen Weingarten

Längst ist unübersehbar, dass die Bundesanwaltschaft nicht nur für Zschäpes Mitangeklagte hohe Haftstrafen fordern wird, sondern in erster Linie für Zschäpe selbst. Die mutmaßliche NSU-Terroristin hat sich vermutlich längst darauf eingestellt, dass die Staatsanwälte eine lebenslange Haft fordern. Grundsätzlich, so Oberstaatsanwältin Greger in ihrem Vortrag heute, liege bei der Angeklagten auch eine Sicherungsverwahrung vor. Heißt: wenn das Gericht der Anklage folgen sollte, sieht es bei Zschäpe die besondere Schwere der Schuld vorliegen. Die Hauptangeklagte bliebe dann weit länger in Haft als bei ‚nur‘ lebenslänglich.

Ende weiter offen

Am Dienstag, 12. September wird die Bundesanwaltschaft wohl endlich erklären, welche Haftstrafen sie für die Angeklagten fordert. Damit wäre das erste Plädoyer im NSU-Verfahren beendet, aber der Prozess selbst noch immer nicht.


3