NSU-Prozess


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327. Verhandlungstag, 1.12.2016 Richter Götzl drückt aufs Tempo

Noch vor der Weihnachtspause soll der ausstehende Prozessstoff abgearbeitet werden. Die Zschäpe-Verteidigung stellt sich allerdings quer.

Von: Tim Aßmann

Stand: 01.12.2016 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR/Tim Aßmann

01 Dezember

Donnerstag, 01. Dezember 2016

Manfred Götzl brauchte nur wenige Sätze um seine Planung für die nächsten Verhandlungswochen zusammen zu fassen. In einer Woche werde Beate Zschäpe ergänzende Angaben machen, kündigte der Vorsitzende Richter an. Die Hauptangeklagte wird sich dann voraussichtlich auch zu möglichen Kenntnissen über eine Verbindung zwischen dem NSU-Terroristen Böhnhardt und dem Fall Peggy Knobloch äußern. Prozessbeobachter rechnen allerdings damit, dass Zschäpe dazu kein eigenes Wissen hat. Die Ermittler prüfen derzeit noch, ob Böhnhardts DNA-Spur durch einen Fehler bei der Spurensicherung an den Fundort der Leiche von Peggy kam.

Streit um Befragung von Zschäpe-Gutachter

An den letzten Verhandlungstagen in diesem Jahr, dem 20. und 21. Dezember, will das Gericht den Sachverständigen Henning Saß hören. Er hat ein psychiatrisches Gutachten über Beate Zschäpe erstellt und schriftlich bereits vorgelegt. Als Richter Götzl die Saß-Vernehmung ankündigte, reagierten die Zschäpe-Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm sofort und forderten eine Verschiebung des Termins, um sich auf die Befragung vorbereiten zu können.

Manfred Götzl hatte mit dieser Forderung offenbar gerechnet: "Dann werde ich den 6. und 7. Dezember absetzen, so dass sie Zeit haben sich mit dem Gutachten zu beschäftigen", sagte der Vorsitzende Richter an die Adresse der Zschäpe-Verteidiger. Diese blieben zwar bei ihrer Forderung den Sachverständigen erst im neuen Jahr zu befragen. Richter Götzl allerdings plant die Einvernahme von Saß weiter für Mitte Dezember. Götzl drückt auch ansonsten aufs Tempo. Er bat die Prozessbeteiligten noch ausstehende Beweisanträge zügig zu stellen. Das Gericht will die Beweisaufnahme nun offensichtlich bald schließen.

Wohlleben will mal wieder aus der Haft

Die Verteidigung des angeklagten Ex-NDP-Funktionärs Ralf Wohlleben hat unterdessen erneut die Entlassung ihres Mandanten aus der Untersuchungshaft gefordert. Wohlleben sitzt seit rund fünf Jahren in Haft. Er soll die Beschaffung der Haupttatwaffe des NSU in Auftrag gegeben und finanziert haben. Wohlleben bestreitet das, wurde im Verfahren aber schwer belastet. Er scheiterte schon mit mehrmals mit Haftbeschwerden. Beim aktuellen Versuch, argumentierten seine Verteidiger, der Prozess werde nicht so zügig geführt, wie es der Gesetzgeber verlangt, wenn Angeklagte in Haft sitzen.

In der Tat sind die Verhandlungstage beim NSU-Prozess seit Monaten schon oft nur sehr kurz, was auch daran liegt, dass das Gericht häufig nur wenige Zeugen lädt. Ein Grund dafür, dass das Verfahren nicht zügiger voran kommt, sind aber auch die zahlreichen Befangenheitsanträge gegen das Gericht – sie kommen meist vom Angeklagten Wohlleben.


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