NSU-Prozess


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323. Verhandlungstag, 22.11.2016 Indizien für Indizien

Was die Suche nach einem Holzhäuschen an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla mit dem mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben zu tun hat.

Von: Julian von Löwis

Stand: 22.11.2016 | Archiv

Julian von Löwis | Bild: BR

22 November

Dienstag, 22. November 2016

Ralf Wohlleben soll Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Tatwaffe beschafft haben, so die Anklage. Der ehemalige NPD-Funktionär soll außerdem als führendes Mitglied der Neonazi-Szene in Thüringen zum engsten Unterstützerkreis des NSU gehört haben. Um dies zu belegen, bringt die Bundesanwaltschaft eine Vielzahl von Indizien in das Verfahren ein, die am Ende wie Puzzleteilchen "das große Ganze" abbilden sollen. So der Plan. Wie kleinteilig diese Puzzleteilchen sein können, haben die Anwesenden im NSU-Prozess heute mal wieder deutlich zu spüren bekommen.

Eine Schlägerei als Merkmal rechtsradikaler Gesinnung?

1998 habe eine Gruppe von Neonazis an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla einen Jugendlichen brutal zusammengeschlagen. Einer der Täter soll Wohlleben gewesen sein - so die Aussage des Mitangeklagten Carsten S., der nach eigenen Angaben selbst auch als Täter dabei war. Die Angreifer sollen ihr Opfer schließlich in ein kleines Holzhäuschen geprügelt haben.

Wohlleben bestreitet, an dem Vorfall beteiligt gewesen zu sein. Mehrere Zeugen, unter ihnen auch das Opfer von damals, haben schon im NSU-Prozess dazu ausgesagt. Die zentrale Frage: Gab es damals dieses Holzhäuschen dort überhaupt? "Gut möglich", lautet zusammengefasst die Aussage des heutigen Zeugen, dem damaligen Chef eines an der Haltestelle ansässigen Garten- und Landschaftsbaubetriebes. Kleine Holzhäuschen hat die Firma oft auf Kinderspielplätzen eingerichtet, diese wurden meist fertig aufgebaut angeliefert. Das heißt, dass die Version von S. stimmen kann. Konkret erinnern an ein solches Häuschen konnte sich der Zeuge allerdings nicht. "Gut möglich", das muss mal wieder reichen - als Indiz.

Rechte Musik und Texte auf Wohllebens Festplatte

"Die Zuwanderer besetzen das Einwandererland nicht mit Panzern sondern mit Kinderwagen", lautet eine Zeile eines 122 Seiten langen Dokuments, das die Fahnder auf einer Festplatte von Wohlleben gefunden haben. Daneben waren auch Musikstücke einschlägig bekannter Neonazi-Bands gespeichert. Das geht aus Untersuchungsberichten hervor, die heute vom Gericht verlesen wurden. In gewisser Weise schon belastend für Wohlleben - aber wieder nur Indizien.


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