NSU-Prozess


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Tageszusammenfassung, 308. Tag, 13.9.16 Zwischen fehlender Erinnerung und Totalverweigerung

Der Herausgeber eines Neonazi-Magazins sollte über seine Kontakte zum NSU aussagen. Doch ihm fiel nichts mehr ein. Beate Zschäpe wiederum muss viele Fragen der Nebenkläger nicht beantworten. Andere schon.

Von: Thies Marsen

Stand: 13.09.2016 | Archiv

Mikrophon für die Angeklagte Beate Zschäpe | Bild: dpa/pa/Peter Kneffel

Zum zweiten Mal musste heute der frühere Herausgeber einer Neonazi-Zeitschrift auf der Zeugenbank im NSU-Prozess Platz nehmen. Torsten A. hatte um die Jahrtausendwende das Fanzine "Fahnenträger" verantwortet, ein Heft, das den untergetauchten NSU-Terroristen offenbar so gut gefiel, dass sie ihm eine satte Geldspende zukommen ließen. Der Zeuge verhielt sich vor Gericht, wie schon die meisten anderen Szene-Zeugen vor ihm: Er erinnerte sich an nichts. Am Nachmittag ging es dann um die noch offenen Fragen an die Hauptangeklagte Beate Zschäpe.

Zeuge räumt Zahlung des NSU ein

Immerhin hatte Torsten A. schon bei seinem ersten Auftritt im NSU-Verfahren im vergangenen Juli zugegeben, im Jahr 2002 500 Euro vom NSU erhalten zu haben. Das Geld will er irgendwann für private Zwecke ausgegeben haben. Arg viel mehr gab er auch bei seiner zweiten Befragung heute nicht preis, weder zu Autoren des Nazihefts, noch zu politischen Inhalten und Parolen – was die Bundesanwaltschaft zu der Bemerkung veranlasste, der Zeuge zeige eine "ostentative Erinnerungslosigkeit". Ein Nebenkläger nannte es: "Totalverweigerung".

Welche Fragen der Nebenkläger muss Zschäpe beantworten?

Am Nachmittag widmete sich das Oberlandesgericht den zahlreichen Fragen, die die Nebenkläger vor einigen Wochen an Beate Zschäpe gerichtet haben. Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Stahl hatte 39 der insgesamt über 300 teils äußerst detaillierten Fragen beanstandet. Der Senat musste über jede einzelne Beanstandung entscheiden.

Vorsitzender Richter Manfred Götzl

Heute verkündete der vorsitzende Richter Manfred Götzl die Beschlüsse: Demnach ist ein Großteil der Fragen unzulässig, über ein Dutzend ließ der Senat jedoch zu – darunter etwa die durchaus spannende Frage, ob Beate Zschäpe plant, ihre Erinnerungen aufzuschreiben und ob sie diese bereits verkauft hat oder ob es bereits Vereinbarungen für Exklusivinterviews oder ähnliches gäbe. Diese Frage sei zulässig, so Richter Götzl, denn sie habe das Ziel, das Aussageverhalten Zschäpes zu überprüfen und zu klären, ob eventuell bestimmte Tatsachen in der Verhandlung bewusst zurückgehalten werden.

Allerdings ist weiterhin unklar, ob die Hauptangeklagte auf die zulässigen bzw. nicht beanstandeten Fragen überhaupt antworten will. Immerhin kündigte ihr Neuverteidiger Grasel heute an, dass es dazu morgen eine Erklärung geben wird.


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