NSU-Prozess


1

Tageszusammenfassung, 305. Tag, 2.8.16 NSU-Prozess droht Endlos-Schleife

Das Mammutverfahren um die Morde des NSU-Trios könnte in einer prozessualen Endlos-Schleife enden. Diese Befürchtung äußerten am 305. Verhandlungstag Vertreter der Bundesanwaltschaft. Anlass: eine stundenlange Debatte um die Zulässigkeit von rund 50 Fragen an die Hauptangeklagte Beate Zschäpe.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 02.08.2016 | Archiv

Schild mit Aufschrift "Angeklagte Zschäpe" | Bild: picture-alliance/dpa

Ob Zschäpe überhaupt gewillt ist, diese Fragen zu beantworten, spielte dabei gar keine Rolle. Die 41-Jährige saß - wie schon an den 304 Tagen zuvor - stumm und regungslos auf der Anklagebank.

Herbert Diemer, Vertreter der Bundesanwaltschaft

Die Befragung eines bereits pensionierten Kriminalbeamten aus Jena zur politischen Einstellung des Angeklagten Ralf Wohlleben und zu seiner Stellung in rechten Szene Thüringens brachte erwartungsgemäß keine neuen Erkenntnisse. Der Pensionär, dessen Befragung Wohllebens Anwälte gefordert hatten, war beim Staatsschutz der Polizei in Jena jahrelang auf die Neonazi-Szene angesetzt. Wohlleben, Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt  waren für ihn Personen, die immer wieder dort auftauchten, wo in den neuen Bundesländern zu rechten Demos aufgerufen wurde oder im Umfeld rechtsextremer Straftäter. Die NPD spielte in seiner Aussage heute ebenso eine Rolle wie die "Kameradschaft Jena" und der "Thüringer Heimatschutz", der als NSU-Keimzelle gilt.

Ex-Polizist belastet Wohlleben nicht

In dieser Szene habe es Wohlleben, so der Ex-Polizist, immer wieder geschafft, andere Rechte vorzuschicken, wenn es galt, Veranstaltungen anzumelden oder zu umstrittenen Aktionen aufzurufen. Am Ende seiner drei Stunden dauernden Befragung gab er dann zu Protokoll, was Wohllebens Anwälte hören wollten.

Bei allen Ermittlungen, so der Zeuge, sei nie dokumentiert wurden, dass Wohlleben zu Gewalt aufgerufen habe. Dass bei der Durchsuchung seiner Wohnung ein Schlafanzug mit dem Schriftzug "Eisenbahnromantik" und einem Bild der Gleise am Tor zum ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz sichergestellt wurde, kam zwar zur Sprache, ging im Chaos des 305. Verhandlungstags aber ziemlich unter.

Katalog von Fragen an Zschäpe

Welche Fragen die Opferanwälte nun in drei Wochen tatsächlich an die Hauptangeklagte richten dürfen, wurde nicht mehr geklärt. Die drei Anwälte aus der ursprüngliche Riege der Zschäpe-Verteidiger hatten ja bereits am 304. Verhandlungstag rund 50 schriftlich eingereichte Fragen als unzulässig oder im Sinne der Anklageschrift unerheblich beanstandet.

Am 305. Verhandlungstag nun brachten die Fragesteller der Nebenklage ihre Gegenvorstellungen ein und auch die Vertreter der Bundesanwaltschaft. Statt sich bis zum Ende der Sommerpause erholen zu können, werden die Richter erst einmal beraten müssen, welche Fragen sie nun zulassen mögen - und welche nicht.

Völlig unerheblich ist dabei, ob Zschäpe bereit ist, auch nur eine dieser Fragen zu beantworten. Und das hängt von der Einschätzung ihres neuen Anwalts des Vertrauens, Hermann Borchert, ab, der nur gelegentlich dem Verfahren beiwohnt. Und ohne ihn will die Hauptangeklagte nun gar nichts sagen. Mit ihm allerdings auch nicht. Denn wie in den letzten Runden sollen alle Fragen nur schriftlich beantwortet werden.

"Teilschweigen" der Hauptangeklagten

Nebenklageanwalt Sebastian Scharmer

Sebastian Scharmer, einen der besonders aktiven Nebenklageanwälte, veranlasste dies zu der Feststellung, er habe seine Fragen gestellt und Zschäpe habe darauf nicht geantwortet. Teilschweigen nannte Scharmer dies - eine Haltung, die sicher nicht zu Gunsten der Hauptangeklagten gewertet werden dürfe.


1