NSU-Prozess


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194. Verhandlungstag, 19.03.2015 Aus dem Innenleben des NSU

Wie lebten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in der Zwickauer Polenzstraße zusammen? Der 194. Verhandlungstag wirft ein Schlaglicht auf das Verhältnis der drei NSU-Mitglieder. Zeugin Sindy H. beschrieb das Beziehungsgeflecht.

Von: Eckhart Querner

Stand: 19.03.2015 | Archiv

Eckhart Querner | Bild: BR

19 März

Donnerstag, 19. März 2015

Sindy H. war eine Bewohnerin der Zwickauer Polenzstraße. Hier lebte zwischen 2001 und 2008 auch Beate Zschäpe unter dem Namen ‚Lisa Dienelt‘ in einer Erdgeschoss-Wohnung. Mit ihr Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die „oft auf Montage waren“, erzählt die Zeugin. Tatsächlich waren Mundlos und Böhnhardt viel ‚unterwegs‘, um sich bei Banküberfällen neues Geld zu beschaffen, das sie für ihr Leben im Untergrund brauchten. Oder sie suchten neue Ziele für ihre rassistisch geprägte Mordserie, der zehn Menschen zum Opfer fielen. Zschäpe, so legt die Anklage nahe, war für die Aufrechterhaltung der bürgerlichen Fassade zuständig und sorgte dafür, dass sie selbst so unauffällig wie möglich blieb.

Döner verboten

Zeugin H. freundete sich mit ‚Lisa‘ an, in Gesprächen erfuhr die heute 31jährige auch vertrauliche Details aus dem Zusammenleben des NSU-Trios. Danach hatte Mundlos das Sagen, er sei der „Drahtzieher“ gewesen, berichtet die Zeugin. Zschäpe sei nicht immer mit allem einverstanden gewesen, was er wollte. Sogar türkisches Essen war verboten. Sie sich keinen Döner holen, er wollte das nicht. Wenn er wieder einmal unterwegs war, ging sie trotzdem zum Döner-Stand.

Zschäpes Vorwand: Mundlos wolle es nicht

Auch ihre Telefonnummer gab Zschäpe nicht an die Nachbarn heraus, obwohl das in der Polenzstraße üblich war. Und Besuch in der Wohnung empfing ‚Lisa‘ auch nicht, obwohl sie Bedarf danach gehabt habe. Gegenüber der Zeugin habe Zschäpe das einmal damit erklärt, ihr Freund wolle das nicht. Und bevor sie Stress bekam, habe ‚Lisa‘ es lieber gelassen. Das war offenbar einer der wenigen Momente, in denen Zschäpe Einblick in ihr Innenleben gewährte.

Die Hauptangeklagte habe damals auf sie wie ein Kind gewirkt. Am liebsten hätte ‚Lisa‘ wegen vieler Dinge bei ihrem Freund nachgefragt. Allerdings war das laut Zeugin nur manchmal so. Denn sonst habe Zschäpe „wie eine taffe Frau“ gewirkt.

Als H. schwanger war, redeten die beiden Frauen über „schlimme Mädchennamen“. ‚Lisa‘ fand den Namen ‚Beate‘ schlimm. H. antwortete, „du heißt ja Lisa, das ist ein schöner Name“. Gespräche über das Privatleben Zschäpes gab es sonst keine, nur noch einmal erzählte sie der Nachbarin H. intime Details. So gestand sie, unfreiwillig habe sie gleichzeitig sexuelle Beziehungen zu beiden Uwes gehabt. „Sie war beschämt“, sagte die Zeugin aus, „und hat nicht mehr darüber gesprochen.“


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