NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 158. Verhandlungstag, 12.11.2014

Erster Zeuge dieses Prozesstages ist ein Kommissar des Bundeskriminalamts, der zu möglichen Unterstützern des NSU in Sachsen aussagt. Ihm folgt der ehemalige V-Mann Kai D. zu seinem Verhältnis zum ehemaligen V-Mann Tino Brandt.

Von: Tim Aßmann und Christoph Arnowski

Stand: 12.11.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Die Verteidigung wirft dem ersten Zeugen, dem Kommissar des Bundeskriminalamts, wiederholt vor, keine eigenen Eindrücke zu schildern, sondern nur aus den Akten zu zitieren. Der zweite Zeuge, Kai D., war viele Jahre als V-Mann in Bayern tätig und in dieser Zeit eine Nazi-Größe in Oberfranken. Er sagt über sein Verhältnis zu Tino Brandt aus, der als Gründer des "Thüringer Heimatschutzes" (THS) gilt. Brandt und D. arbeiteten zunächst zusammen, dann trennten sich jedoch ihre Wege, als sich Brandt zunehmend radikalisierte und sich nicht mehr mit D. absprach.

Zeugen:
Thomas M. (Kommissar, Bundeskriminalamt Meckenheim)
Kai D. (Ex-V-Mann und ehemalige Neonazi-Führungsfigur in Franken)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Tim Aßmann, BR)
Beginn 9.47 Uhr.
Zuschauertribüne sehr voll (mehrere kleine Gruppen).
Es kommt der Zeuge Thomas M., 25, 26 oder 28 Jahre alt, Bundeskriminalamt (BKA) Meckenheim. M. spricht rasend schnell und undeutlich.

(Christoph Arnowski, BR)
Richter Manfred Götzl: Es geht um Ermittlungen in Bezug auf Jan W.
M: Das Ermittlungsverfahren wurde am 23.1.2012 eingeleitet wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, gründete auf Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen.

(Tim Aßmann, BR)
M: W. soll 1998 den Auftrag gehabt haben, für das Trio eine Waffe zu besorgen. Diese Info des LfV Sachsen gründet auf Mitteilung von Verfassungsschutz (VS) Brandenburg.

(Christoph Arnowski, BR)
M: Sollte Waffe besorgen, Finanzierung soll durch "Blood & Honour" (B&H) Sachsen erfolgt sein, noch vor Flucht nach Südafrika. Stand konspirativ mit Trio im Kontakt.

(Tim Aßmann, BR)
M: W. soll bei Versorgungsfahrten auch persönliche Gegenstände des Trios übergeben haben. Über W. lagen schon umfangreiche Erkenntnisse über Straftaten im rechtsextremen Bereich vor. W. gilt als Gründer und Leiter der "B&H"-Sektion Sachsen.

(Christoph Arnowski, BR)
M: Umfangreiche Polizeierkenntnisse wegen Straftaten seit 1994, rechtsgerichtete Straftaten, war aber schon vorher in der rechten Szene, darüber hinaus gilt W. als Gründer und Leiter der "B&H"-Sektion Sachsen bis Auflösung 1998.

(Tim Aßmann, BR)
RA Wolfgang Stahl (Verteidigung Zschäpe) bittet darum, dass der Zeuge differenzieren soll zwischen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen.
Götzl (aufgebracht): Zeuge hat das Recht, erst einmal zusammenfassend zu berichten. Danach werde ich natürlich nachfragen.

M: W. und andere "B&H"-Sachsen wurden vom Bundeschef ausgeschlossen, weil W. Belange seines Musiklabes wichtiger nahm als "B&H"-Sektion. Später kam Beschluss zur Auflösung der Sektion.
Sein Musiklabel "Movement Records" betrieb er von 1997 bis mindestens 2001. Ziel: Vertrieb von Szene-CDs und Konzerte. Im Rahmen von "Landser"-Verfahren des Generalbundesanwalts (GBA) wurde W. als Beschuldigter geführt und er konnte als zentrale Person im Vertriebssystem der Band festgestellt werden. Wurde zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt und saß in Oldenburg und Berlin-Moabit. W. hatte damals exponierte Stellung in Szene, speziell in Sachsen.

(Christoph Arnowski, BR)
M: War absolute Größe in der Organisation von Konzerten, besondere Persönlichkeit in der rechten Szene. Durch Aussage von Thomas S. kann ich sagen, dass er heute nicht mehr so aktiv ist
Zu heutigen Maßnahmen: 24.1. Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) bis 24.2.2012, Auswertung: Bewegt sich immer noch in der rechten Szene, aber nicht mehr so aktiv, beschäftigte sich mit Medienberichten über das Ermittlungskonzept, interessierte sich für Devotionalien. Wie ebenfalls festgestellt wurde, hat er zwei Telefonate mit Thomas S. geführt, tauschten sich über Durchsuchungen und Beschuldigtenvernehmungen aus. W. habe nur Angaben zur Person gemacht, S. sagte, dass er 11 Stunden vernommen worden sei. W. sagte außerdem, dass ihm vorgeworfen wurde, eine Waffe besorgt zu haben, was er nicht getan habe und auch mit Carsten S. (ehemaliger V-Mann) sei nichts gelaufen. Insgesamt hat TKÜ keine nennenswerte Ergebnisse gebracht.
Observationsmaßnahmen 25.1. bis 1.2.20012, wurde dann abgebrochen, da keine Feststellungen, die Tatvorwurf belegen konnten.

(Tim Aßmann, BR)
M: Durchsuchung ergab weiteren Wohnort von W. bei seiner Ex-Freundin Steffi G. Auch dort wurde durchsucht. W. war zum Zeitpunkt der Durchsuchung in Baden-Württemberg und hatte Pensionszimmer in Warheim (?). Auch dort wurde durchsucht. Er hatte auch Firmen-Kfz, wurde auch durchsucht. War Wagen des damaligen Arbeitgebers. Heute arbeitet W. ja bei der Porsche AG.
Beschuldigtenvernehmung W. am 25.1.: Nur Angaben zur Person, nicht zum Tatvorwurf, aber am Rande sagte er, es sei offenkundig bekannt, wer damals Waffen für Szene besorgte, auch für ihn, und die Person sei später als V-Person enttarnt worden (Carsten S. alias "Piatto").

(Christoph Arnowski, BR)
M: Finanzermittlungen: Keine Hinweise, dass er Trio unterstützte, tatrelevanter Zeitraum war aber nicht mehr zu klären, da keine Transaktionsdaten mehr vorlagen.
Wesentliche Ermittlungsergebnisse: Verbindung zum Trio? Hierzu wurden beispielsweise Zielfahndungsakten vom Landeskriminalamt (LKA) 1998 hinzugezogen. Damals galt er demnach als Kontaktperson zum Trio. Außerdem konnte er als Anrufer von Jürgen H. identifiziert werden, der als Kontaktperson des Trios galt.
Es ging um Nachricht von Ralf, er soll sich am Treffpunkt einfinden. Einem weiteren Vermerk kann entnommen werden, dass Ralf mit hoher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte Wohlleben ist.

(Tim Aßmann, BR)
M: Zeuge W. (Zielfahndung) erklärte, W. ("B&H"-Mann) sei Anrufer, der bei TKÜ Jürgen H. auffiel. Quelle für diese Info von W. (Zielfahndung) war offenbar ein V-Mann, dessen Identität aber nicht geklärt werden konnte.
Aus dem Umfeld von W. ("B&H"-Mann) war zu hören (Aktenwissen), dass sich Trio in Chemnitz aufhielt und Pässe benötigte.

(Christoph Arnowski, BR)
M: Der "Lange aus Chemnitz" soll W. gewesen sein. Es gibt auch ein Foto, das W. mit dem Trio zeigt.
Thomas S. hat ausgesagt, dass W. ihn unmittelbar nach dem 4.11.2011 (Selbstmord, Brand) angerufen und ihm mitgeteilt habe, dass er sich eine "Bild"-Zeitung kaufen soll. Bei einem Treffen gab er an, dass er nicht glaube, dass sich die beiden Uwes umgebracht hätten, dass so viele Waffen im Brandschutz gefunden hätten und noch so viele Datenträger vorhanden seien. Weiter habe W. geäußert, dass die ganz schön krass drauf gewesen seien, dass die beiden Uwes ihm eine Waffe an den Kopf gehalten hätten und gesagt hätten, er solle aufpassen, was er sage. Bei anderer Gelegenheit habe er gesagt, er habe keine Kontakte gehabt. Diese widersprüchlichen Angaben seien laut Starke typisch für W. gewesen. Er werfe einen Brocken hin, um selbst etwas in Erfahrung zu bringen.
Artikel von W. herausgegeben: "Die Farbe des Rassismus" von Uwe Unwohl, laut BKA könnte es sich aufgrund Textvergleich um Uwe Mundlos handeln.

(Tim Aßmann, BR)
Auch W.s Ex-Freundin Steffi G. erzählte, W. habe ihr gesagt, er kenne das Trio. Es war aber laut G. kein enger Kontakt.

(Christoph Arnowski, BR)
Intervention von RA Stahl: Er soll nicht Akten vortragen, sondern eigene Wahrnehmungen bei seinen Ermittlungen bezeugen. Wenn Sie das nicht unterbinden, beanstande ich Ihre Verhandlunsgführung!
Götzl: Er trägt vor, natürlich werde ich dann nachfragen.
S: So geht es nicht! Da könnte man ja jeden Beamten laden, der liest vorher die Ermittlungsakten und trägt sie dann vor, und dann können wir die Beweisaufnahme schließen.
G: Ich lege doch nicht alles zu Grunde, was der Zeuge vorträgt.

(Tim Aßmann, BR)
RA Wolfgang Heer (Verteidigung Zschäpe) mischt jetzt auch mit.
G: Es geht jetzt nicht um Sie, Herr Heer.
S: Ich lächle noch, Herr Vorsitzender.
Heer lächelt nicht.

S: Ich finde es gewagt, was Sie hier machen, Herr Vorsitzender, aber fahren Sie ruhig fort.
Götzl begründet erneut: Zeuge berichtet erst und dann wird nachgefragt.
S: Zeuge kann hier kein Aktenstudium vortragen, sofern er nicht selber Wahrnehmungen gemacht hat. Geht nicht und nötigenfalls möchte ich Beschluss.

Jochen Weingarten (Vertreter Bundesanwaltschaft): Zeuge soll im Zusammenhang vortragen und das tut er. Zeuge hat offensichtlich nicht alles selber ermittelt, sondern Akten gelesen. Auch das ist Form einer sinnlichen Wahrnehmung. Gewähren lassen des Vorsitzenden ist nicht beanstandungswürdig.

RA Nicole Schneiders (Verteidigung des Angeklagten Ralf Wohlleben): Schließen uns Beanstandung an.
G: Was wird denn nun genau beanstandet?
Stahl: Habe Sie gebeten, Zeuge darauf hinzuweisen, über eigene Wahrnehmungen zu berichten. Dazu gehört nicht, Akten gelesen zu haben und zusammenzufassen. Das ist nicht zulässig - unserer Auffassung nach. Wenn Sie unterlassen, den Zeugen dahin gehend zu belehren, beanstande ich das.
Stahl: Alle unmittelbaren Wahrnehmungen zulässig, aber es kann nicht sein, dass Zeuge hier Aktenstudium vorträgt. Dass Sie das zulassen, wundert mich. Und mich wundert auch Ihre Schärfe von vorhin.
G: War keine Schärfe. (Klang aber anders.)

(Christoph Arnowski, BR)
RA Olaf Klemke (Verteidigung Wohlleben): Es scheint so, dass ein verkappter Urkundenbeweis im Gewande des Zeugenbeweises vom Lesen-Sagen eingeführt werden soll, das stößt bei mir auf erhebliche Ablehnung.
Weingarten: Zeuge vom Lesen-Sagen ist entlarvend.
Klemke: Das, was Weingarten sagt, stimmt natürlich nicht.

(Tim Aßmann, BR)
Götzl: Herr M., vielleicht stellen Sie einfach mal Ihren Aufgabenbereich vor.
M: Bin für Verfahren gegen Jan W. seit Anfang/Mitte 2012 zuständig. Einige Ermittlungshandlungen sind nicht von mir, andere schon. Sind Ermittlungsmaßnahmen verschiedener Behörden, die ich natürlich so wiedergebe, weil wir uns natürlich im polizeilichen Austausch befinden und da vertraue ich darauf. Ich kann in meinem weiteren Vortrag die jeweiligen Quellen dann angeben, soweit es mir dann geläufig ist.

Der Zeuge darf nun weitermachen.


M: Fand Deckblattmeldungen aus 1998 und 1999, aus denen Anfangsverdacht gegen W. hervorgeht. W. soll zu dem Zeitpunkt den Auftrag gehabt haben, für Trio Waffe zu besorgen. Sektion Sachsen sollte Trio unterstützen. Trio hatte vor, Bank zu überfallen und sich mit dem Geld nach Südafrika abzusetzen. Information dazu kam von Carsten S. ("Piatto").

(Christoph Arnowski, BR)
M: Wird durch LfV Brandenburg bestätigt, dass V-Mann "Piatto" zumindest zeitweise Nutzer des Mobiltelefons war, dass W. versucht hatte anzurufen. Carsten S. hat laut Ermittlungen W. eine Waffe angeboten. S. gab weiter an, dass Bewaffnung in der Szene allgegenwärtig war, jeder habe eine Waffe haben wollen. Er selbst habe aber keine Waffen besorgt, das hätte ihm der Quellenführer verboten.
Deckblattmeldung spricht von weiteren Überfällen. Erster Überfall war aber erst danach. Möglich, dass es noch weitere Überfälle des Trios gebe, die dem BKA noch gar nicht bekannt sind.
Ermittlungen in Ungarn, wonach Trio 1998 in Ungarn gewesen sei. Postkarte: "Du weißt ja, was mit uns los ist, wir werden uns länger nicht sehen" - die beiden Uwes und Beate. Ein Zusammentreffen von W. und Trio konnte nicht nachvollzogen werden.

Wieder Einwände von Wolfgang Heer (Verteidigung Zschäpe) und Klemke, wieder Zeuge vom Lesen-Sagen.
M. will noch zum Komplex Schweiz aussagen wegen Anruf aus Concise.
M: Am selben Tag Skinheadkonzert in Concise mit zwei- bis dreihundert Teilnehmern aus Deutschland. Aus Sicht des BKA interessant, dass Mundlos an Konzert in der Schweiz teilnahm und offenbar Kontakt zum selben Personenkreis bestand.

(Tim Aßmann, BR)
Heer greift nun an anderer Stelle ein: Zeuge maßt sich Verfahrensposition an, die er nicht hat. (Der Zeuge hatte bei einem Sachverhalt gesagt, dieser habe nicht nachvollzogen werden können.)
Klemke schließt sich an.
Götzl liest nun aus den Akten entsprechende Fußnoten vor, dass M. bei den betreffenden Vernehmungen auch tatsächlich anwesend war (also kein Zeuge vom Lesen-Sagen ist.)
Pause bis 11.15 Uhr.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 11.26 Uhr.
Geht um die SMS von W.: "Was ist mit dem Bumms?"
Götzl: Ging nie bei S. ein, weil er nach Ihren Ausführungen neue Handynummer hatte. Wo haben Sie diese Info her?
M: Aus Treffvermerk des VS Brandenburg. Diesen Treffvermerken ist grundsätzlich zu entnehmen, wo er abgeholte wurde, alle Uhrzeiten, alles Organisatorische, keine inhaltlichen Angaben, dem Vermerk ist zu entnehmen, dass der Quellenführer ein neues Mobiltelefon für S. besorgt hat.
G: Bei welchen Vernehmungen von W. waren Sie dabei? Waren Sie zugegen?
M: Nein. Hab' lediglich ein Telefonat mit ihm geführt, in dem er mir mitgeteilt hat, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen möchte.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Zurück zu  Erkenntnissen: Jan W., rechte Szene, woher stammen diese Informationen?
M: Von Landespolizei Sachsen und BfV, keine eigenen Ermittlungen.
G: Uwe Unwohl?
M: Bundesamt für Verfassungsschutz hatte auf Grund eines Textvergleichs mitgeteilt, dass es sich dabei um Uwe Mundlos gehandelt haben könnte.

(Tim Aßmann, BR)
RA Stahl: Welche Info hatten Sie, dass für Trio Waffen besorgt worden sein sollen?
M: Aus Akten sind keine Namen zu entnehmen, lediglich dass drei Rechtsextreme aus Thüringen untergetaucht seien und beispielsweise Antje P. der weiblichen Person des Trios ihren Pass zur Verfügung stellen sollte.
S: War nicht meine Frage. Welche genauen Erkenntnisse haben Sie, dass Herr W. für Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe Waffen besorgen wollte?
M: Es sind keine Namen den Deckblattmeldungen zu entnehmen. Ging nur um das untergetauchte Trio.
S: Konnten Sie diese Info hinterfragen? An wen genau? An einen, an zwei?
M: Konnten S. selber fragen, aber da er keine Erinnerung mehr hatte, konnten wir auch nicht mehr fragen, an wen genau die Waffen gehen sollten.
S: Sie führten aus: Werner konnte als zentrale Person festgestellt werden. Von wem und für was genau?
M: Vom Verfassungsschutz. Sie beziehen sich auf "Landser"-Verfahren. Mehr konnte aus dem Abschlussbericht nicht nachvollzogen werden.

(Christoph Arnowski, BR)
Stahl: Besorgungsfahrten, woher?
M: Alles aus den Akten, aber nicht mehr verifizierbar.
S: Das wissen Sie also alles nicht!
M. sagt nichts dazu.
S: Es konnte nachvollzogen werden, dass W. sich mit medialen Erkenntnissen befasste.
M: Aus TKÜ, im Internet las er Artikel zu Ermittlungsverfahren.

(Tim Aßmann, BR)
RA Anja Sturm (Verteidigung Zschäpe): Stichwort: neues Handy: Die Treffvermerke hatten keine inhaltlichen Angaben, ging ums Logistische. Nur sichtbar, dass Quellenführer neues Handy für S. besorgte. Woraus erkennen Sie das?
M: Kann Ihnen den Satz nicht mehr zitieren. Geht aus dem Treffvermerk hervor.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Klemke fragt nach, versucht transparent und damit den Zeugen madig zu machen, dass Zeuge M. keine eigenen Erkenntnisse hat, sondern sich nur auf frühere Vernehmungen stützt und Alt-Akten. ("Also wieder nur eine drittklassige Quelle!")

(Tim Aßmann, BR)
RA Klemke: Wieviel TKÜ-Auswertungsberichte lagen Ihnen vor? Sie verwendeten vorhin Plural.
M: Also, es war einer.
K: Ergibt sich Verschriftung der TKÜ oder Mitschnitt?
M: Auswertevermerk wird gesondert vom Mitschnitt angefertigt.
K: Also, der der geschrieben hat, hat selber nicht gehört?
M: So habe ich das nicht gesagt.
K: Sie sprachen von TKÜ-Tool. Was auch immer das sein mag.
M: Ist besondere Technik. Welchen Inhalt Protokolle genau hatten, kann ich nicht sagen. Ich habe nur den Auswertevermerk gesehen.
K.: Woher Erkenntnisse über Überwachung von Telefon von Jürgen H.?
M: Akten LKA Thüringen.
K: Sie erwähnten auch eine Postkarte des Herrn Sch. Woher haben Sie das?
M: Aus Akte über Vernehmung Sch.
K: Also bei dieser Vernehmung waren Sie auch nicht anwesend?
M: Korrekt.
K: Woher Erkenntnisse über Telefonat von Jürgen H., der aus der Schweiz angerufen wurde (angeblich von Mundlos)?
M: Aus Akten.

(Tim Aßmann, BR)
RA Schneiders: Abschlussbericht aus "Landser"-Verfahren lag Ihnen nicht vor, sondern Bericht eines Kollegen über den Abschlussbericht.
M: Mir lag Abschlussbericht auch vor, aber bezogen habe ich mich auf den Bericht des Kollegen.
S: Lagen Ihnen zu altem Handy von S. Verbindungsdaten vor?
M: Es lagen nur alte Daten vor.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Schneiders: Foto Trio mit Person, Spitzname "Der Lange". War nicht W. Haben Sie Person ermittelt?
M: Wir haben es versucht, konnten die Person nicht ermitteln.
Schneiders: Sie können sich nicht an Namen erinnern, mit wem Sie telefoniert haben, aber Sie erinnern sich an Telefonnummern? Wie haben Sie sich auf Ihre heutige Vernehmung vorbereitet?
M: Seitdem ich meine Ladung vor zwei, drei Wochen erhalten habe. Bericht gelesen, Stichpunkte gemacht. Habe immer wieder den Bericht zu Rate gezogen.
RA Klemke: Was heißt das?
M: Kann ich nicht sagen, nicht täglich, aber wie oft, kann ich nicht sagen.
Klemke: Rücksprache mit Kollegen, auf die sich beziehen?
M: Ja, mit einem, der Durchsuchung am 25.1.2012 gemacht hat.

(Tim Aßmann, BR)
RA Stahl: Welchen Anfangsverdacht hatten Sie, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zusammen einen Banküberfall verübt haben?
M: Deckblatt LfV Sachsen. Da stand "Trio".
S: Das reicht mir dann. Danke.

(Tim Aßmann, BR)
RA Antonia von der Behrens (Nebenklage-Anwältin der Angehörigen des ermordeten Mehmet Kubasik): Gab es Ermittlungen in Sachsen bzgl. ungeklärter Überfälle vor Sommer 1998?
M: Meine, dass alle überprüft wurden, die in Frage kamen, aber keiner übrig blieb.
B: Bekannt, ob nur auf Sachsen begrenzt?
M: Nein.
B: 98 bei Hausdurchsuchung bei W. Spielanleitung "Pogromly" gefunden?
M: Mir nichts bekannt.
B: Erkenntnis über Treffen Trio mit W. in Berlin im Jahr 2000?
M: Nein. Dieses Treffen ist mir vollkommen neu.
B: Vorhalt: "Polizist Berlin teilte nach Ausstrahlung Kripo live mit, er habe Zschäpe in Berlin gesehen." - Kommt da Erinnerung?
M: Nein. Die Ermittlungen habe ich nicht gemacht.
B: Bekamen Sie vom LfV und BfV Aktenbestände oder Einzelberichte zu W.?
M: Einzelberichte. Vom Bundesamt wurde umfassend zugeliefert. Alle Erkenntnisse zu Werner, auch die, die sie aus Landesämtern erhoben haben. LfV Sachsen liefert die eingangs geschilderten Informationen, die zum Tatverdacht führten.
B: Werbungsversuch W. durch LfV bekannt?
M: Nicht eindeutig. Gibt Verdacht, dass W. mal als Quelle tätig war, konnten das aber nie beweisen. Verdacht gründete sich auf geringe Strafe im "Landser"-Verfahren und dass er grundsätzlich in seinem Leben immer relativ straffrei davon gekommen ist.

B: Vorhalt: Deckblattmeldung "Piatto": Treffen 10.10.98: "Wie erwartet: Beschluss 'B&H'-Sektion Sachsen aufzulösen" - Erinnern Sie sich daran?
M: Ja.
B: Ermittlungen bei anderen "B&H"-Mitgliedern getätigt bzgl. Finanzierung der Waffen?
M: Mir nichts bekannt.
B: Weitere Mitglieder ermittelt?
M: Ja.
B. hält nun diverse Namen vor.

Zeuge verneint, RA Klemke moniert. Herbert Diemer (Vertreter Bundesanwaltschaft) erkennt auch keinen Bezug zum Verfahren, RA Sebastian Scharmer (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Kubasik) aber schon, Verteidigung von Zschäpe schließt sich Klemke an.

Mittagspause bis 13.30 Uhr.

(Christoph Arnowski, BR)
13.35 Uhr.
Götzl-Beschluss: Vorhalte von der Behrens sind zulässig. Können geeignet sein, neue Erkenntnisse zur Deckblattmeldung zu liefern.

M: Namen kommen mir bekannt vor, kann aber nix dazu sagen. Mir ist kein Name bekannt, der vernommen worden wäre. Wer darüber entscheidet, kann ich nicht sagen, einzelfallabhängig.
RA von der Behrens: Nach Anklageerhebung noch weitere Ermittlungen gegen Antje P.?
M: Kann ich nicht sagen, aktuell nichts bekannt.
B: Ingolf B. im Kontakt zu Jan W.?
M: Weiß ich nicht.
B: Ermittlungen zum Verhältnis von W. zu Angeklagten André E.?
M: Ist mir nicht bekannt.

RA Scharmer: Durchsuchung W. 2012, Music-CDs festgestellt. Auch Daten-CDs sichergestellt?
M: Datenträger ja, ob CDs, weiß ich nicht.
S: Wer ausgewertet?
M: Weiß ich nicht, auch nicht, wer Laptop ausgewertet hat, PC wurde gespiegelt, wer, weiß ich nicht. Keine Erkenntnisse für den Anfangsverdacht.
S: Aktueller Stand im Verfahren gegen W.?
M: Das läuft noch.

(Tim Aßmann, BR)
RA Alexander Hoffmann (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): "Landser" - "Blood & Honour"-Band?
M: Ich weiß es nicht.
H: Deckblattvermerk "Piatto": Nur neues Handy oder auch neue SIM-Karte?
M: Weiß ich nicht.

(Christoph Arnowski, BR)
Richter Götzl: Trio in Deckblattmeldung 9.9.98, zunächst ist vom "Trio" nicht die Rede, sondern von den drei Skinheads, für die W. Waffen besorgen soll.
M: Später werden aus den drei das "Trio".

Zeuge wird unvereidigt entlassen. Bis 14 Uhr unterbrochen.

(Christoph Arnowski, BR)
14.02 Uhr.
Erklärung RA Stahl: Wir sehen uns wg. Vernehmung veranlasst anzumerken.
1. Fällt abermals leider erneut auf, dass im BKA Bedeutung des Zeugen verkannt wird, wenn Zeugen wiederholt den Auftrag erhalten, nicht über ihre eigene Erinnerung zu berichten, sondern erkennbar auswendig gelernten Aktenvortrag halten.
2. Die gedankenlose wiederholte Formulierung "Trio" zieht sich wie ein roter Faden durch die Ermittlungen, auch wenn es nur um eine Person geht.
Zusammengenommen führt das vor Augen, dass es im BKA bei den Ermittlungen an der notwenigen Präzision fehlt. Alle Erkenntnis werden geradezu scheuklappenartig geführt, alles wird erst dem "Trio" zugeschrieben und dann auf Frau Zschäpe übertragen.

(Tim Aßmann, BR)
Erklärung RA Schneiders: Vernehmung von M. hat uns keinen Schritt weiter gebracht. Der Bericht hätte als Arbeitsgrundlage völlig genügt, wenn ihn die Verfahrensbeteiligten gelesen hätten. Hier liegen erhebliche Gefahren für das Beschleunigungsgebot vor, wenn wir einen ganzen Vormittag mit dem Zeugen M. verschwenden.

Nun kommt Zeuge Kai D. (Glatze, mit grauem Haarkranz, dunkler Rollkragenpullover, Brille).
Götzl belehrt allgemein.
D., Kai-Markus, 50 Jahre alt, techn. Berater, wohnhaft in Berlin.
Aussagegenehmigung LfV Bayern: D. war von 1987 bis 1998 V-Person. Beobachtungsauftrag erstreckte sich nicht auf "THS", aber es ergaben sich Kontakte des Herrn D. Genehmigung erstreckt sich auf Beweisthema: Erkenntnisse "THS" und Umfeld. Befreien ihn insoweit von seiner Verschwiegenheitspflicht. Gilt nicht im Zusammenhang mit LfV: Treffs, Namen, Personenbeschreibungen, Fahrzeuge etc.
gez. LfV-Präsident Körner.

D: Wo soll ich anfangen?
Richter Götzl: Chronologisch vielleicht?
D.: Wann sich "THS" gegründet hat? Müsste Anfang der 90er Jahre gewesen sein, wie Kontakt zu Brandt kam, weiß ich nicht mehr, denke er hat mich kontaktiert, gab wöchentliche Treffen in Saalfeld-Rudolstadt in Gastwirtschaft, weil Grenzgebiet gab es politische Zusammenarbeit. Brandt hat sich als führende Person dargestellt. Mir ist aufgefallen, dass ziemliche Radikalität vorhanden war. Personen waren im "THS" radikaler als vorher. Und jetzt kann man Fragen stellen. Soweit durch Genehmigung gedeckt, werde ich sie beantworten.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Anfang 90er Jahre, was bedeutet das?
D:1989 fiel die Mauer, beginnend 1990 hat die politische Rechte ihr Betätigungsfeld in die neuen Bundesländer verlagert. Mit dem Abzug der russischen Streitkräfte waren viele Waffen im Umlauf, habe aber mitbekommen, dass die rechte Szene keine Waffen gekauft hat. Es gab die bundesweite Partei "Deutsche Alternative", die aber 1990 verboten wurde. Dann entstand wohl eine Gruppe "THS".

(Tim Aßmann, BR)
G: Verbinden Sie mit welchen Personen?
D: In erster Linie mit Tino Brandt. Dann André K., Sven R. Mehr fallen mir jetzt namentlich nicht ein.
G: Mundlos, Böhnhardt?
D: Sagen mir was, aber nicht in Verbindung mit "THS".
G: Frau Zschäpe?
D: Nein, weiß aus Presse, dass sie an Treffen teilnahm, aber wissentlich? Nein.
Die anderen hier auch nicht.
G: K.? R.?
D: Also ich bin ja nicht Gründungsmitglied "THS". Hab' in meiner polistischen Tätigkeit im fränkischen Raum vermieden, meiner Gruppe einen Namen zu geben. Brandt hat es geschafft, aus wildem Haufen eine Gruppe zu bilden, um die politisch zu organisieren.
G. Erinnert nochmal, worum es geht.

(Christoph Arnowski, BR)
G: In welchem Zusammenhang tauchte "THS" auf?
D: Wenn Sie ein Flugblatt drucken, dann braucht man Namen für das Impressum. Wurde eben gegründet, um einer politischen, national gestellten Gruppe eine Form zu geben. Das ist die Erfahrung meiner politischen Arbeit.

(Tim Aßmann, BR)
G: Worauf gründet die?
D: Weil es alle Gruppen so machen. Wenn man an die Öffentlichkeit tritt sucht man Namen, der pol. Aussage untermauert.
G: Inwiefern hat der "THS" eine Rolle gespielt? Beispiele?
D: Demonstrationen angemeldet und auch durchgeführt - vorwiegend im Osten und irgendwann versucht seine Finger nach Bayern auszustrecken. Mitte der 90er Jahre ist Brandt nach Coburg gezogen. Die "THS"-Krake, die durch Brandt militante Form angenommen hat, versuchte Aktionsfeld auszuweiten nach Bayern - also auf mein Gebiet. Er hat mir damit keine Freude gemacht. Mit seiner Militanz.

(Christoph Arnowski, BR)
D: Ich habe beobachtet, dass Brandt unter Beteiligung eines Nachrichtendienstes [versuchte], seine politische Betätigung nach Bayern auszuweiten. Hat mir nicht gefallen, weil er sehr radikal war, was mir nicht gefallen hat.
Beispiel: Haben uns Mitte der Neunziger irgendwo getroffen auf einer Straße, stand ein Kasten Bier, waren zehn, 15 Personen. Zur Dämmerstunde fuhr ein Streifenwagen vorbei, der nichts vorhatte, und sind aus der Gruppe mit vollen Bierflaschen beworfen worden unter Beteiligung von Brandt. Dann habe ich ihn zur Rede gestellt, was das soll. Er: "Gar nix." Ab 1995 immer mehr Meinungsverschiedenheiten.
Brandt wollte Militarisierung der fränkischen Szene. Er löst Strafverfolgungsmaßnahmen aus, die nicht in meinem Interesse waren. Als Wessi hat man in ostdeutschen Gruppen keinen Einfluss. Erzählt von Schießen der Ossis. Brandt: "Gehen wir mal ein bisschen Schießen." Ich: Dann bin gegangen, wollte ich gar nicht wissen. Ich komme aus der Zeit von Michael Kühnen, man kann zu ihm stehen wie man will, aber es war ein kluger Kopf, weil er schnell erkannt hat, dass Militarisierung schnell nach hinten los gehen kann. Bundesdeutsche Geschichte: RAF, 2. Juni.
Eine Waffe hat immer was männliches, aber man sollte lieber die Finger davon lassen.
Götzl: Was ist mit Militarisierung [gemeint]?
D: Übergriff auf die Beamten im Streifenwagen. Wollte ich nicht haben, bei mir, weil ich weiß, bayerische Behörden schreiten viel restriktiver ein als in Thüringen. Berichtet über illegale Hausbesetzung, in die Brandt seine Leute gedrängt habe. Alle seien verhaftet worden, wieder ein Stückchen Radikalisierung. Wenn er sich nach Bayern ausweitet, dann stört er hier meine politische Arbeit. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass sich der "THS" nicht ausweitet. Gibt kein einziges Strafverfahren, das meinen Bereich in Bayern angeht. In Thüringen schon. Dass Brandt versucht hat, hinter meinem Rücken aufzubauen, das hat mir nicht gepasst. Da spricht man sich ab.

(Tim Aßmann, BR)
G: Ihr Verhältnis zu Brandt?
D: Hatte Spitznamen "Brandstifter" und es ist müßig, mit einem Feuerlöscher im Zehnerpack hinter dem Brandstifter herzulaufen. Für mich ist Brandt komplett aus dem Ruder gelaufen. Also ohne jetzt meine Aussagegenehmigung auszureizen.
Götzl greift ein: Sie erwähnen die jetzt immer. Mit Blick auf "THS" und Brandt liegt die vor. Also lassen Sie das bitte!.
D: Gehe davon aus, dass Brandt seine Aktionen und seine Militarisierung mit Behörde abgestimmt hat.
G: Ich bin an Mutmaßungen nicht interessiert. Ich will Tatsachen wissen. Spekulationen, die Sie anstellen, sind hier nicht von Belang.
D: Verhältnis Brandt war am Anfang gut, nach ein, zwei Jahren hat es sich dramatisch verschlechtert. Vertrauensbruch, dass er nach Coburg zog, ohne mir das zu sagen und den "THS" mit anderem Namen im fränk. Raum platzieren wollte. Da kam's zum Bruch und zwar heftig.
G: Wann?
D: Mitte der 90er.
G: Sonst noch was zu Tino Brandt zu sagen?
D: Ich halte ihn für unzuverlässig, hat mehrmals Wortbruch begangen.
G: Sie haben von mehrfachem Wortbruch gesprochen, aber nur ein Beispiel genannt.

D. und G. streiten jetzt über die Definition von "Wortbruch". Götzl ist zunehmend genervt, das selbstgefällige, geschwätzige Auftreten des Zeugen geht dem Richter gegen den Strich.

D: Ich habe ja eine längere, politische Erfahrung gehabt als Brandt. So! (Zeuge klingt jetzt sehr stolz) und wenn ich Brandt sage: "Mach das nicht!" Können Sie sich drauf verlassen: Sobald Sie sich umdrehen, macht er es doch.
D: Haben uns dann quasi nicht mehr gesehen. Er ist dann weg aus Coburg.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Nach dem Bruch noch Kontakt?
D: Ab und zu getroffen, aber keine politische Zusammenarbeit mehr. Keine Flugblätter, Layouts etc.
G: Aber was war dann noch?
D: Irgendwann ist er vom Europa-Verlag weg, hat mir aber nicht Bescheid gesagt.
G: Was war der heftige Bruch?
D: Ein Männergespräch hinter verschlossenen Türen. Da habe ich ihm gesagt, Schluss ist, Ende, basta. Hier machst du das nicht. War ein politischer Machtkampf, aber da sind nicht die Fetzen geflogen. Aber keine Zusammenarbeit mehr. Wenn man sich hie und da getroffen hat, hat man sich schon noch Hallo gesagt.

(Tim Aßmann, BR)
D: Irgendwann wollte ich damit nichts mehr zu tun haben.
G: Verbale Auseinandersetzungen?
D: Ja, natürlich. Gab Machtkampf. Irgendwann sagt man: Schluss. Ende.
G: Das ist der Bruch?
D: Ja. Wenn keine politischen Gemeinsamkeiten mehr da sind.
G: Danach nochmal gesehen?
D: Mit Sicherheit ist man sich nochmal irgendwo begegnet, aber es gab keine pol. Gemeinsamkeiten mehr.
G: Radikalisieren im Zusammenhang mit Tino Brandt. Das interessiert mich.
D: Gewalttätige Aktionen durchzuführen, z. B. sinnloses Werfen auf Streifenwagen.
G: "Wir gehen jetzt Schießen" - Können Sie mir das schildern?
D: Wann das war, weiß ich nicht mehr. Nach Kameradschaftsabend auf Straße und dann hat einer aus der Gruppe das wohl gesagt, weiß nicht mehr, ob das R. war, und Brandt hat gesagt: "Gute Idee." Habe BKA gesagt, dass ich nicht weiß, ob die wirklich Schießen waren. Weiß ich nicht.
G: Warum benennen Sie R.?
D: Kenn' ich seit Anfang 1990. Hab' damals für die "Deutsche Alternative" in Thüringen Mitglieder gesucht und dabei war auch R. Als die verboten wurde, hat man weiter Kontakt gehalten und irgendwann kam der Tino Brandt mal ins Spiel und daraus hat sich "THS" ergeben. War nicht meine Idee, sondern die vom Herrn Brandt. R. ist im Prinzip ein ganz passabler Kerl, bei dem man aber aufpassen muss, dass er nicht aus dem Ruder läuft, nicht zu viel Aktionismus zeigt.
G: Was meinen Sie damit?
D: Ist Generation, wo bei pol. Jugendarbeit auch an Waffen geübt wurde. Ist bei R. sicher so gewesen. Hat immer eine Vaterfigur gesucht. Wenn man ihn nicht getätschelt hat, hat er Mist gebaut.
G: Was meinen Sie damit?
D: Hatte vor, Steine auf abziehende Russen zu werfen.
G: Hat er das gemacht?
D: Meines Wissens nach nicht.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Bei R. Waffen gesehen?
D: Nein, nicht bei ihm, nicht bei anderen, ganz klar nein.

(Tim Aßmann, BR)
G: Ist bei Treffen von Schießübungen die Rede gewesen?
D: Ja. War aber nur einmal Thema. Ist nur einmal angesprochen worden.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Wer war dabei?
D: Brandt, R. und ein Enrico, und noch weitere zehn. Wie viele dann zum Schießen losgefahren sind, kann ich nicht sagen.

(Tim Aßmann, BR)
G: Militarisierung fränk. Szene?
D: Hatte Befürchtung, dass sich Krake von Thüringen auf mein Gebiet ausweitet. Habe ja nicht auf der ganzen fränkischen Szene den Daumen drauf.
G: Sie müssen mir die fränk. Szene jetzt wohl mal erklären.
D: Mein Einzugsgebiet war rund um Kronach und noch ein bisschen Kulmbach dazu. Hatten auch Bamberger und Coburger Szene. Die waren autonom.

Pause bis 15.30 Uhr.

(Christoph Arnowski, BR)
Fortsetzung 15.35 Uhr.
G: Sie waren in fränkischer Szene für den Bereich Kronach zuständig. Wie waren Ihre Befürchtungen, dass Brandt radikalisiert und militarisiert?
D: Ich kannte das aus Thüringen, diese drei Fälle, hat versucht unter anderem Namen in Bayern Kontakte zu knüpfen. Namen weiß ich nicht, habe ich nur einmal gelesen. Ich habe gesagt, dass das nicht tragbar ist, politisch und juristisch. Wollte in Coburg keinen Kameradschaftsbereich haben, der unter dem Einfluss von Brandt stand, die bereit waren, möglicherweise radikaler aufzutreten. Deshalb der Bruch.
G: Sie hatten K. genannt, welche Funktion hatte er im "THS"?
D: Kannte ihn nur über Tino Brandt, hat ihn mir mal vorgestellt, engere politische Zusammenarbeit mit mir gab es nicht. Man hat Interessen ausgetauscht, ihn mal informiert, aber Jena ist ein ganz anderer Bereich, ab und zu getroffen, aber politisch nicht viel zu Stande gebracht.
R. kenne ich noch aus der Wendezeit, war Mitglied der "Deutschen Alternative", die ist dann verboten worden, hat sich ab und zu mal gemeldet, ist dann politisch voll aufgegangen im "THS" unter Tino Brandt. War ab und zu bei Demos dabei, auch mal bei Treffen in Nürnberg, bei welchen Demos genau, kann ich jetzt nicht mehr sagen.
Der "THS" große und mannstarke Truppe, die man zu Demonstrationen mobilisiert hat. Wenn Demo, hat man Tino Brandt informiert, dann sind die Thüringer gekommen.
G. Wie viele?
D: Jetzt mal vorsichtig schätzen. 50 Mann hat er immer auf die Beine gestellt. Bei näheren Aktivitäten in neuen Ländern waren es auch mehr. Hat sich auch an Rudolf-Heß-Gedenkmärschen beteiligt, in Worms, da konnte ich nicht teilnehmen, war in Polizeigewahrsam.
G: War mal mit Brandt die Rede über Waffen?
D: Nein, überhaupt nichts, habe nur gemerkt, dass überflüssige Radikalisierung war. Aber nichts von wegen, schau mal, was ich da im Kofferraum habe, da war ich schon ganz klar hinterher, das können Sie mir glauben!
G: Über Gewalt gesprochen?
D: Angriffs- oder Verteidigungsgewalt? Da hätte ich mich gehütet, bringt man doch Leute nicht auf solche Gedanken, dann hat man nicht mehr den Zugriff auf.
G: Was wissen Sie über Kontakte Brandts zu Behörden?
D. Habe ich über Medien erfahren. Es gab zwischen Brandt und mir zu keinem Zeitpunkt über V-Mann-Tätigkeit, weder von Brandt zu mir oder ich zu Brandt. Habe aber, wenn der Staatsschutz um Gespräch gebeten hat, andere angerufen aus Sicherheitsgründen, um nicht selbst in Verruf zu kommen, zum Beispiel Worch in Hamburg und hat gesagt, der Staatsschutz wollte wissen, was wir planen. So hat das Brandt auch gemacht. Er hat mir nie was zum Verfassungsschutz Thüringen gesagt, ich schließ das aus, dass er den Verfassungsschutz mir gegenüber erwähnt hat. Polizeibehörde möglich, da habe ich dann gesagt, da halte ich mich raus, da muss er selbst drüber entscheiden.
Zwischen mir und Brandt war V-Mann-Tätigkeit von ihm kein Thema.
G: Andere Personen, haben die darüber informiert?
D: Jeder gerät mal unter den Verdacht, für Polizei und Verfassungsschutz zu arbeiten. Jeder, der Führungspositionen hat. Ich habe keine Informationen bekommen, ich habe mir nur meine eigenen Gedanken gemacht, aber Zuträger hatte ich nicht.
G: Sie haben gesagt, er wollte seine Tätigkeit auf Bayern ausdehnen unter Beteiligung eines Nachrichtendienstes. Was haben Sie gemeint?
D: Ich hatte ja mehr Erfahrung, wenn er immer radikaler wurde, und er hat jede Menge Ermittlungsverfahren und es kommt nix dabei heraus, dann fängt man im Kopf zum Klickern, und in der Summe kommt dann raus: der steht unter Vertrag. Waren ja mehr als zehn Verfahren, er hat damit geprahlt. Das war anderweitig bekannt, das ging ja hoch bis Christian Worch.

Götzl zu Vernehmung 30.10 2012 von D. durch BKA.
Die Gruppe um Sven R. habe damals mit Waffen und Sprengstoff Umgang gehabt und damit gehandelt. Was meinen Sie damit, woher haben Sie das?
D: Ich habe nie Waffen oder Sprengstoff gesehen, das kann nicht stimmen.
G. zitiert wieder aus Vernehmung: Ich merkte auch schnell, dass Brandt für eine Behörde arbeitete, ich hatte seinen PC auseinandergenommen.
D: Ich lieferte PCs und habe sie auch repariert, da habe ich Text gesehen, der nicht wie Kameradschaftsbericht aussah.
G: Vorhalt: Ich habe das weitgehend für mich behalten, aber Worch und "Steiner" (Neonazi-Führungsfigur Thomas Wulff) habe ich informiert.
D: Das ist richtig, ich habe sie bei einem Besuch informiert, aber keine Datenfragmente geliefert.
G: Brandstifter, der aus dem Ruder gelaufen sei. Was meinen Sie damit?
D: Er ist agent provocateur, der sich komplett destruktiv verhält. Versucht, labile Leute anzusprechen und anzukicken. Die steigen dann darauf ein.
R. ist ein lieber Kerl, aber wenn man ihn anstachelt, dann wird er aktiv.
G: Vorhalt: Er wusste Bescheid, dass Waffen im Umlauf waren. Er hat das Ihnen also gesagt?
D: Ich habe das nicht gesehen, wollte das auch nicht sehen, um nicht in eine Mühle hineinzukommen.
D: Ich bleibe bei meiner Aussage, die Gruppe um R. war fürs Grobe zuständig, aber nicht zu schweren Straftaten. Komme dazu durch Menschenkenntnis.

Vernehmung 6.5.2013.
Götzl zitiert: Waffen waren beim "THS" immer im Gespräch.
D: In der rechten Szene spricht man oft über Waffen. Wir gehen in den bewaffneten Untergrund. Dann gucke ich mir die Leute an und sage: Ihr habt ja echt keine Ahnung. Auf der oberen Ebene ist das kein Thema, unterer und mittlerer Ebene schon.
Götzl fragt nach.
D: Wenn man mal angegriffen wurde, dann hieß es gleich: Wir müssen an die Waffen ran. War die Gruppe von R.
G: Vorhalt: Die Informationen wurden mir vertrauensvoll von Brandt zugetragen bzw. mitgeteilt.
D: Habe ich dem BKA-Beamten so im Zusammenhang mit den Schießübungen gesagt.
Götzl zweifelt.
Ich glaube nicht, dass es im Sinne einer Verfassungsschutzbehörde ist, wenn einer sich radikalisiert und bewaffnet durch die Lande zieht, das entspricht nicht meinem demokratischen Grundverständnis.
D: Ich bin mal zu Worch gefahren und ihm gesagt, wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf einmal eine braune Armeefraktion da haben.

RA Sturm: Ich bewundere Ihre Geduld, aber alles sind nur Spekulationen.
Götzl: Sie beanstanden sozusagen die Aussagen des Zeugen.
(Viel Gelächter im Saal.)
RA Stahl: Um es korrekt zu sagen, wir müssen beanstanden: Sie lassen zu, dass der Zeuge immer irgendetwas vermutet.

Götzl: Sie haben gesagt, der halbe militärische Arm wurde 1995 gegründet.
D: Dann war das eine falsche Formulierung. Das war der Zeitpunkt, als sich Tino Brandt radikalisiert hat, so wie wir es schon gehört haben.
S: Mir geht es nur um zwei Dinge. Sie haben gesagt, nach einer Veranstaltung wurde gesagt: Gehen wir Schießen oder gehen wir zur Schießübungen?
D: Weiß ich nicht mehr.
S: Wie kommen Sie zu "Schießübungen" in polizeilichen Vernehmungen?
D: Ich setze das gleich.
S: Haben Sie andere Gelegenheiten für Schießübungen mitbekommen?
D: Aus meiner heutigen Erinnerung nein.
S: Wer hat sich wann wo zusammengesponnen, wir gehen in den bewaffneten Untergrund?
D: Wann kann ich nicht sagen, wer auch nicht, aber das darüber in der rechten Szene gesprochen wurde, da bin ich mir sicher.
S: Machen Sie das an einer konkreten Begebenheit fest, insbesondere im "THS"?
D: Ich kann das nicht an einer bestimmten Person festmachen. Ich habe ein Bild vor Augen, man saß in einer Stammkneipe, durch irgendeine mediale Berichterstattung gab es Diskussion über bewaffneten, politischen Kampf. Aber ich kann nicht mehr die Person festmachen.
Stahl wiederholt die Frage:
D: In der Stammkneipe des "THS" , "Goldener Anker" oder wie das hieß am Tisch am Eingang links, aus bestimmter tagespolitischen Berichterstattung wurde diskutiert, wenn es so weiter geht, dann gehen wir in den bewaffneten Untergrund.
S: Wann?
D: Ich würde sagen zwischen 93 und 95. 91 wurde "Deutsche Alternative" verboten, dann war politisch Pustekuchen gewesen, um sich politisch zu formieren.
S: Bewaffneter, militärischer Arm des "THS" um R. Woher kommt die Formulierung?
D: Kommt von mir, weil ich R. seit 1990 kannte, habe ihn kennengelernt mit Armeehosen und NVA-Klamotten, wie sie viele hatten.
S: Radikalisierung und Militarisierung belegt mit zwei Vorfällen Bierflaschen. Wir gehen schießen. Mit ist der Weg nicht klar zum militärischen Arm.
D. wiederholt sich: Versuch, Waffen von russischer Armee zu kaufen.
S: Wer wollte den russischen Streitkräften Waffen abkaufen?
D: R. und andere Skinheads aus Berlin, ich war bei diesem Gespräch dabei?

RA Michael Kaiser (Verteidigung des Angeklagten André E.): Haben Sie dem bayerischen Verfassungsschutz über Aktivitäten in Thüringen berichtet?
D: Ja.

RA Klemke: Haben Sie bayerischem Verfassungsschutz über Versuche in Berlin berichtet, den Russen Waffen abzukaufen?
D: Ja.
K: Haben Sie R. Gewalt gegen Sachen oder Personen ausüben sehen?
D: Nein.
K: Warum R. Mann fürs Grobe bezeichnet?
D: Weil er mir gegenüber damit geprahlt hat.
K: Ist Prahlen mit Ehrlichkeit verbunden?
D: Hat Aufkleber aufs Türschloss geklebt.
Klemke führt R. vor.
D. zu Klemke: Sie lügen!
K: Das möchte ich protokolliert haben.

Götzl macht Pause bis 17.45 Uhr.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 17.52 Uhr.
Götzl fürs Protokoll: RA Klemke fragte den Zeugen D., was er von dem Verhalten des Sven R. auf Heß-Demo in Wunsiedel konkret noch in Erinnerung habe. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass der Zeuge nicht von Wunsiedel gesprochen habe. Klemke hielt dem Zeugen vor: Sie sprachen doch vorhin von der Heß-Demonstration in Wunsiedel. Daraufhin antwortete der Zeuge: Nein, Nein, Nein. Sie lügen doch, Herr Anwalt.
Vorgelesen und genehmigt.

RA Klemke: Herr D., diese Demonstration, wo R. am Rand lief: Wo fand die statt?
D: Meines Wissens nach in Rudolstadt. Habe sie mitorganisiert. In Wunsiedel ging es irgendwann nicht mehr und während Demo in Worms war ich in Haft.
K: Wie hat sich R. konkret verhalten?
D: R. war als Ordner eingeteilt und Ordner laufen generell immer an den Außenlinien und er war halt Typ gewesen, der mit bestimmten Handbewegungen andere ganz gerne provoziert und beleidigt hat. Ich hab den Mittelfinger zum Beispiel gesehen.
K: Wo im Zug liefen Sie?
D: Kann ich nicht sagen, aber ich kann sagen, dass ich ihn so gesehen habe. Er lief mit Sicherheit nicht hinter mir.
K: Gab es Reaktionen auf Mittelfinger?
D: Die waren nicht grad begeistert gewesen.
K: Haben Sie Reaktionen beobachtet?
D: Habe Reaktionen beobachtet. Ob die R. galten oder generell der Szene, kann ich nicht beurteilen.
K: Was haben Sie denn wahrgenommen?
D: Aggressive Grundhaltung. Antipathie.
K: Schon bevor R. den Finger zeigte?
D: Ja.
K: Sie waren Veranstalter?
D: Nein. Nennen wir es Koordinator.
K: Haben Sie auf R. eingewirkt?
D: Dazu hatte ich keine Möglichkeit.
K: Das Zeigen des Mittelfingers hat den R. also als Mann fürs Grobe gekennzeichnet. Habe ich das richtig verstanden?
D: Zusammen mit den anderen Dingen.
K: Mit welchen denn. Die NVA-Hose haben Sie ja zurückgenommen.
Nun beschreibt der Zeuge R. als flippigen Typen mit Hang zum Militarismus.

K: Was war denn außer dem Stinkefinger noch aggressiv an R.s Auftreten?
D: Ich mache das an dem Gesamteindruck über all die Jahre fest und wenn ich mir angucke: Schießen oder Schießübungen. Dann ist das für mich Militarismus.
K: Sind Sie Militarist, weil Sie mit Ihrem Vater mit Luftgewehr schossen?
D: Nein.
K: Guuut. Dann zum "Goldenen Anker". Sie sagten, so hieß die Stammkneipe des "THS". Dann sagten Sie, da gab es Diskussionen über tagespolitische Ereignisse und wenn die Repression über Hand nähme, werde man in den bewaffneten Kampf gehen. Was waren das für Treffen?
D: Unter der Woche. Ganz normales Zusammentreffen.
K: Wie lange dauerte das Treffen denn an jenem Tag?
D: Sie können doch nicht von einem Zeugen erwarten, dass er das noch weiß. Mit Sicherheit nach 21 Uhr, denn vorher war nie Schluss.
K: Und wann fingen sie so an?
D: 19 Uhr, tippe ich.
K: Und diese Äußerung. Wann fiel die?
D: Tippe mal auf mittendrin, aber so genau kann ich ihnen das nicht sagen. Irgendwann finden solche Diskussionen halt mal statt. Vielleicht nach dem einen oder anderen Bierchen. Vielleicht nach der einen oder anderen Apfelschorle. Wenn Sie jetzt fragen, was R. getrunken hat, kann ich Ihnen das nicht beantworten.
K: Wie kommen Sie jetzt auf R.?
D: Weil wir da gerade waren.
K: Nein. Damit waren wir fertig.
K: Sie sagten heute, dass Sie nur von Versuchen wissen, von den abziehenden russischen Streitkräften Waffen und Munition zu kaufen. Richtig verstanden?
D: Ja.
K: Vorhalt: Ihre Vernehmung: Militärischer Arm des "THS": Frage: Wissen Sie, wie sich Arm mit Waffen und Sprengstoff versorgt hat?
D: Also mir ist fremd, dass sich "THS" Waffen oder Sprengstoff überhaupt besorgt hat. Wenn ich das gefragt worden wäre, hätt' ich klipp und klar gesagt: Nein.
K: Sie haben geantwortet: Meines Wissens von den russischen Streitkräften oder aus NVA-Beständen.
D: Dann ist das falsch protokolliert. Ich kann sagen, dass ich nie Kriegswaffen oder Ähnliches in den Händen des "THS" gesehen habe.
K: Sie waren in Hamburg bei Worch und Wulff und berichteten, dass Brandt wohl für einen Dienst arbeiten würde.
D: Ja.
K: Warum?
D: Weil wir das in oberer Ebene immer so gehalten haben.
K: Haben Sie denn von Ihrer Mitarbeit für LfV Bayern erzählt?
D: Nein.
K: Warum nicht?
D: Warum sollte ich das tun?
K: Weil sie es doch so gehalten haben?
D: Weil ich eine Verschwiegenheitsklausel beim Verfassungsschutz unterschrieben habe.

K: Bei nächster Frage wird Gericht intervenieren: Unter welchem Namen ist Ihr V-Mann-Führer aufgetreten?
Götzl: Da haben wir tatsächlich Problem.
D: Ich weise auf beschränkte Aussagegenehmigung des Landesamtes hin.
D. will nun ausholen.
Götzl: Sie weisen jetzt auf Ihre Aussagegenehmigung hin.
D: Genau und jetzt ist auch Schluss mit solchen komischen Fragen.

RA Klemke erregt sich, der Zeuge sei frech.
K: Zeuge soll Würde des Gerichts und der anderen Verfahrensbeteiligten wahren.
Götzl weist den Zeugen darauf hin.
D: Gut, dann bitte ich.
G: Nein. Sie bitten gar nichts. Sie hören jetzt zu. Es geht hier weiter mit Fragen.
K: Sie haben Vermutung über Tätigkeit Brandts für VS an Ihren Führungsoffizier weitergegeben.
D: Ja, aber es heißt nicht Führungsoffizier.
K: Dann heißt es halt Quellenführer oder wie auch immer. Danke.

RA Schneiders: Gab es einen oder mehrere Quellenführer?
Nun Debatte darüber, ob das durch Genehmigung gedeckt ist oder nicht. Schneiders zieht Frage zurück.

RA Johannes Pausch (Verteidiger des Angeklagten Carsten S.): Sie haben dem VS ehrlich berichtet. Kam da was an Aufträgen zurück?
D. verweist wieder auf die Genehmigung.
RA Scharmer hat mehrere Komplexe mit mehreren Fragen.
Götzl: Herr D., nächsten Mittwoch, 9.30 Uhr.

Anregung von RA Scharmer: Bis nächsten Mittwoch beim Verfassungsschutz Bayern versuchen, erweiterte Aussagegenehmigung zu bekommen.
Götzl: Erweiterung worauf?
S: Inhalte der Gespräche mit V-Mann-Führer über Szene in Thüringen.
RA Klemke will auch erweiterte Aussagegenehmigung und die Deckblattberichte zu D.
Diemer (Vertreter Bundesanwaltschaft): Wenn Glaubwürdigkeit geprüft werden soll, brauchen wir auch Akten. Nur erweiterte Genehmigung reicht nicht.

Schluss.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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