NSU-Prozess


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154. Verhandlungstag, 23.10.2014 Vom Schweigen und Entbinden der Schweigepflicht

Im Zeugenstand heute: Beate Zschäpes früherer Anwalt. Der Knackpunkt: Entbindet sie ihn von der Schweigepflicht? Der Vorsitzende Richter sprach die Hauptangeklagte dazu wieder einmal direkt an - und erntet erneut nur Schweigen.

Von: Eva Frisch

Stand: 23.10.2014 | Archiv

Eva Frisch | Bild: Bayerischer Rundfunk

23 Oktober

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Alle warteten auf eine Regung von Zschäpe, als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl die Angeklagte heute direkt ansprach. Ob sie den Anwalt, den sie nach ihrer Flucht 2011 zuerst aufgesucht hatte, von der Schweigepflicht entbinde, fragte Götzl. Es reiche auch ein kurzes Nicken. Aber Zschäpe bewegte sich keinen Millimeter, schaute nur geradeaus. Seine Mandantin gebe keine Erklärung vor Gericht ab, beeilte sich ihr Verteidiger Wolfgang Heer zu sagen. Er hätte in ihrem Namen ja bereits die Entbindung von der Schweigepflicht schriftlich verlesen.

Es ging nur um einen Satz

Zschäpe blieb also stumm und regungslos, als ihr früherer Anwalt auf dem Zeugenstuhl Platz nahm. Das Kalkül ihrer Verteidiger: Er sollte als Entlastungszeuge auftreten. Eigentlich ging es in seiner Aussage um einen Satz: Zschäpe habe ihm erzählt, dass sie bei ihrer Nachbarin geklingelt habe, weil sie sichergehen wollte, dass niemand mehr im Haus sei. Zum Hintergrund: Nachdem Zschäpe angeblich geklingelt hatte, ging das Haus in Zwickau, in dem sie zusammen mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bis zuletzt gewohnt hatte, in Flammen auf. Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe Brandstiftung und versuchten Mord an der Nachbarin vor.

Der Umstand, dass der frühere Anwalt der Hauptangeklagten als Zeuge aussagte, sorgte für Zündstoff. Gefühlt gab es heute mehr Pausen als tatsächliche Verhandlungszeit. Ständig wurden Fragen beanstandet, über deren Beanstandung dann entschieden werden musste. Es folgte Pause auf Pause. Aber wenn dann gerade mal verhandelt wurde, gab es jede Menge emotional geführte Diskussionen.

Richter platzt fast der Kragen

Wolfgang Heer, ein weiterer-Zschäpe-Verteidiger, musste sich bemühen, "sachlich zu bleiben" und machte sich in der Auseinandersetzung mit einer Nebenklagevertreterin "große Sorgen um seinen Berufsstand". Auch dem Vorsitzenden Richter platzte beinahe der Kragen, als die Verteidiger einer Nebenklagevertreterin ins Wort fielen. "Ich möchte hören, was gesprochen wird. Ich lasse mir das nicht bieten, dass sie hier unterbrechen", bemerkte Götzl lautstark. Gegen Ende des Verhandlungstages kühlten die Gemüter sichtlich ab. Zu fortgeschrittener Stunde wollten wohl alle Prozessbeteiligten dann mal nach Hause.


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