NSU-Prozess


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126. Verhandlungstag, 10.7.2014 Ein Stück deutscher Geschichte

Für Bundestagesvizepräsidentin Claudia Roth, heute Gast auf der Zuschauertribüne, wird mit dem NSU-Prozess ein Stück deutscher Geschichte aufgearbeitet. Wie dabei Neonazi-Gesinnung eine Rolle spielt, demonstrierte heute ein Zeuge auf bizarre Weise.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 10.07.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

10 Juli

Donnerstag, 10. Juli 2014

Vom "Volkstod" war heute im NSU-Prozess die Rede, von Überfremdung, von der Rückführung bei uns lebender Ausländer und davon, dass die Deutschen mehr Kinder bekommen sollten. Im Zeugenstand der bekennende Neonazi Thomas G., der Auskunft geben sollte über die Strukturen in der rechten Szene Thüringens. Das aber genau tat er nicht - und er antwortete auf fast alle Fragen des Gerichts: "Dazu sage ich nichts!" - im strammen Bewusstsein, sich demnächst vom Vorsitzenden Richter eine Ordnungsstrafe einzuholen und dafür im rechten Milieu den Helden spielen zu können.  

Unter den Zuhörern dieses rüden Auftritts war heute neben zwei türkischen Generalkonsuln auch die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. Die Grünen-Politikerin war nicht - wie mancher Politiker vor ihr - zu einer Stippvisite gekommen. Sie nahm sich den ganzen Tag Zeit, den Verlauf der Verhandlung zu verfolgen. Dass hier im historischen Kontext ein Stück deutscher Geschichte aufgearbeitet wird, daran gibt es für sie keinen Zweifel.

Claudia Roth von Richter beeindruckt

Beindruckend nannte sie die Prozessführung des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl - ruhig, sensibel und gelassen -, auch bei den rechten Hasstiraden, die der Neonazi im Zeugenstand von sich gab. Ein erschütterndes Zeugnis rechter Gesinnung - und erhellend zugleich. Zeigte die Aussage doch klar, in welcher Umgebung sich die fünf Angeklagten im NSU-Prozess und die beiden toten Uwes bewegten.

"Wir müssen allen Menschen, die bei uns leben, das Gefühl geben, dass Deutschland ihre Heimat ist", sagte Claudia Roth am Ende dieses Prozesstages. Eine Heimat, in der sie sicher leben können - und ohne Angst. Ohne Angst vor Gewalt, wie sie der NSU zehn Jahre lang unter bei uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund verbreitet hat.


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