NSU-Prozess


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59. Verhandlungstag, 21.11.2013 Bekenntnisse eines Neonazis

"Die Grundstimmung war natürlich gegen Ausländer, gerade in Mitteldeutschland." Der Neonazi André K., ehemaliger Bekannter des NSU-Trios, sagte am 59. Verhandlungstag als Zeuge aus.

Von: Alf Meier

Stand: 21.11.2013 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

21 November

Donnerstag, 21. November 2013

Die Politik lief Mitte der 1990er-Jahre gegen das Volk, meint André K. Gerade im Osten, und hier besonders im lokalen Bereich, seien vor allem linksradikale Projekte gefördert worden. Zum Beispiel in Jena: Für rechtsgerichtete junge Menschen habe es gar nichts gegeben. Stattdessen seien linke Wohngruppen in besetzten Häusern unterstützt worden. Und dann noch die vielen "Ausländer". Die Migration hätte sich in eine "falsche Richtung" entwickelt, sei nicht "gesund" für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung gewesen, sagte André K. heute in München.

Diskussionen über Atomkraft

Mit seinen Freunden von der "Kameradschaft Jena" verteilte K. deshalb Flugblätter, organisierte Demos und gemeinsam mit Ralf Wohlleben sogar ein europaweites Neonazitreffen. In der Kameradschaft wären auch Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gewesen. Man habe die Gesellschaft verändern wollen, sagte K. Es habe viele politische Diskussionen gegeben. Als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl wissen wollte worüber denn diskutiert worden sei, wich K. zunächst aus.

"Ich weiß, dass es diverse Diskussionen über Atompolitik gab, Gorleben, da waren große Schnittmengen."

André K.

Götzl hakte nach: "Soll ich das so verstehen, dass Gorleben und die Atompolitik das maßgebliche Thema waren?"

Grundstimmung war gegen Ausländer

Schließlich kam K. doch auf die "Ausländerpolitik" zu sprechen. "Die Grundstimmung war natürlich gegen Ausländer, gerade in Mitteldeutschland." Feindbild sei aber nicht der "einzelne Ausländer" gewesen, sondern die Politik, die den Zuzug ermögliche.

Dann fiel ein Satz, der viel über die Gesinnung des Zeugen aussagte:

"Sie fangen ja nicht an, wenn Sie was gegen Unkraut machen, und zupfen da ein, zwei Blätter. Sie müssen schon an der Wurzel anfangen."

André K.

V-Mann als Unterstützer

André K. schilderte auch, wie er versuchte, den drei NSU-Mitgliedern kurz nach deren Untertauchen im Januar 1998 gefälschte Ausweispapiere zu besorgen. Geholfen habe ihn dabei Tino Brandt, ein bekannter Rechtsextremist, der später als V-Mann enttarnt wurde. Brandt habe ihm eine Kontaktperson vermittelt, die gefälschte Pässe besorgen sollte. Der Mann habe jedoch schließlich nur drei leere Pässe übergeben, sagte K. "Damit konnte ich nicht viel anfangen."

Handlungen verjährt

K. saß heute auf dem Zeugenstuhl und nicht auf der Anklagebank. Denn seine Unterstützung des NSU im Jahre 1998 ist bereits verjährt. Und ein anderes Ermittlungsverfahren steht nach Angaben der Bundesanwaltschaft vor der Einstellung.

Die Vernehmung von André K. wurde am Donnerstagnachmittag unterbrochen, weil sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe nicht wohlfühlte.


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