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NATO-Treffen in Brüssel Trump wirft seinen Schatten voraus

Der neue US-Präsident ist noch nicht im Amt, da dominiert er schon das Treffen der NATO-Staaten in Brüssel. Wie viel ist die Bündnistreue dem neuen Mann im Weißen Haus noch wert? Wie reagiert Russland? Die NATO sucht ihr Heil unter anderem in einer vertieften Zusammenarbeit mit der EU.

Von: Kai Küstner und Holger Romann

Stand: 06.12.2016

Donald Trump betritt die Bühne | Bild: pa/dpa

An eine Zeit, in der man sich von so vielen Seiten auf einmal herausgefordert fühlte, kann man sich bei der NATO nicht erinnern: Von Russland über Syrien bis hin zu Afghanistan - sie alle beschäftigen das Bündnis. Und ausgerechnet in diese Zeit fällt nun ein Wechsel im Weißen Haus, der für die NATO zu einer zusätzlichen Herausforderung werden könnte. Sozusagen von innen heraus. Hatte doch Donald Trump – zumindest im Wahlkampf – den Sinn der NATO in Frage gestellt.

"Ich bin absolut sicher, dass Trump als Präsident die amerikanische Führung in der Allianz fortsetzen wird. Und die USA ihren Verpflichtungen für die europäische Sicherheit nachkommen werden. Das ist wichtig für Europa, aber auch für die USA."

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg

Trumps Wahlkampfdrohungen

So versucht NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, düstere Vorahnungen zu zerstreuen - jenen Mann betreffend, der an den Grundpfeilern der Bündnis-Architektur gerüttelt hatte, als er im Wahlkampf offen ließ, ob er die baltischen Staaten wirklich gegen einen russischen Angriff verteidigen würde. Sollten die nicht genug in die Allianz-Kasse zahlen. Doch mittlerweile haben Stoltenberg und Trump telefoniert.

Der Amerikaner habe der NATO zugesichert, dass die "auch weiterhin wichtig" sei, verkündete der Generalsekretär anschließend. Stoltenberg lud Trump bei der Gelegenheit auch zum NATO-Gipfel-Treffen im nächsten Jahr ein – für den es allerdings noch keinen Termin gibt: "Wichtig ist, dass wir überhaupt einen Gipfel abhalten. In einer Zeit größerer Unsicherheit."

Druck auf Europa wächst

Bei aller Ungewissheit darüber, was Trump mit Amerika und mit dem Militär-Bündnis vorhat – eins können die Europäer schonmal fest einplanen: Der Druck auf sie wird wachsen, ihre Rüstungs-Ausgaben nach oben zu schrauben.

"Jedes NATO-Mitglied sollte seinen vollen Anteil – zwei Prozent des Brutto-Inlands-Produkts – zu unserer gemeinsamen Verteidigung beitragen."

US-Präsident Barack Obama

Obama beklagte sich bereits ein ums andere Mal über europäische ‚Selbstgefälligkeit‘, wie er es nannte. Unter Trump wird der Druck wachsen – zumal der in dieser Frage den NATO-Generalsekretär auf seiner Seite hat. Und: zumal es in den USA schon seit längerem den Trend gibt, sich nicht mehr in allen Fragen der Weltpolitik zuständig zu fühlen. Und nun kommt ein Präsident, der "Amerika zuerst" auf seine Wahlkampf-Fahnen geschrieben hat.

"Vor diesem Hintergrund kommen größere Erwartungen auf die Europäer zu, Führungs-Verantwortung zu übernehmen. Nicht im globalen Maßstab, nicht in der Süd-Chinesischen See, aber in der europäischen Nachbarschaft."

Sicherheits-Experte Markus Kaim, Stiftung für Wissenschaft und Politik

Bündnis für beide Seiten wichtig

Erste Anzeichen dafür, dass die Europäer diese neue Verantwortung spüren, gibt es. Gleichzeitig werden sie Trump in den nächsten Wochen zwei Dinge einzuimpfen versuchen: Erstens, dass sie bei den Verteidigungsausgaben bereits zugelegt haben. Und zusammengerechnet weit über den Budgets von China oder auch Russland liegen. Und zweitens: Dass die USA die NATO ebenso benötigen wie umgekehrt.

Das einzige Mal in der Geschichte, dass der ‚Bündnis-Fall‘ ausgelöst wurde, so werden sie argumentieren, sei nach dem 11. September 2001 gewesen. Für die USA.

EU soll aufrüsten

Als Antwort auf Krisen und Konflikte in der südlichen und östlichen Nachbarschaft und unabhängig von der künftigen Linie des Pentagon will sich das Bündnis enger mit der Europäischen Union zusammenschließen. 22 der 28 EU-Staaten sind NATO-Mitglied.

Beim Warschauer Gipfel, im Juli, hatte man eigens ein Kooperationsabkommen geschlossen und eine feierliche Erklärung unterzeichnet.

Ziel ist es, die Kräfte zu bündeln und sich besser abzustimmen. Die EU will obendrein militärisch stärker auf eigenen Füßen stehen. In Brüssel wollen die 28 Außenminister nach monatelangen Beratungen eine Liste mit rund 40 Projekten beschließen, die man gemeinsam realisieren will. Dazu gehört etwa die Zusammenarbeit bei Marine-Einsätzen im Mittelmeer, wie sie in der Ägäis und vor der Küste Libyens schon praktiziert wird.

Auch bei der Abwehr von Hacker-Attacken auf Stromnetze oder Bankensysteme, sowie in der sogenannten "hybriden Kriegsführung" will man enger kooperieren und gemeinsame Übungen durchführen. Ebenfalls auf der langen Maßnahmenliste von NATO und EU: die zivil-militärische Unterstützung von Krisenländern, etwa in Zentralafrika.


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ABC, Dienstag, 06.Dezember 2016, 13:06 Uhr

3. Trump-Chaos-Wahlkampf und was kommt danach?

Wenn man die Wirtschaftspresse liest, dann hat man den Eindruck, dass unsere deutschen Unternehmen in den USA keine Sorge um ihre
Zukunft haben, oder sogar teilweise mit Optimismus in die Zukunft schauen.

  • Antwort von unwichtig, Dienstag, 06.Dezember, 14:03 Uhr

    Noch stehen viele Fragezeichen hinter der künftigen US-Wirtschaft und deutsche Unternehmen sehen die Sache gespalten. Finanzunternehmen, Dienstleister und Logistikunternehmen sehen die Sache zumeist positiv, während Autobauer und Pharmaindustrie die Sache eher negativ bewerten.

Udo Pabitschko, Dienstag, 06.Dezember 2016, 11:02 Uhr

2. Trump wirft seine Schatten voraus?

Viel schlimmer:

MERKEL AUCH !!!!!!!!!!!!

  • Antwort von unwichtig, Dienstag, 06.Dezember, 11:37 Uhr

    Im Gegensatz zu Trump vertritt Merkel einen sehr hohen moralischen Anspruch und hat politische Erfahrung vorzuweisen. Unterschätzen Sie das nicht. Sie als Vertreterin des Establishments zu sehen wird der Sache nicht gerecht. Selbst die New York Times hatte ein Loblied auf sie angestimmt. Das schaffen in der Regel nur ganz besondere Persönlichkeiten als Nachruf. In China, in Russland, in Japan, in Indonesien, in Indien, in Südafrika, in Brasilien und vielen anderen Staaten auf der Welt wird man genau zuhören, wie sie sich positioniert in einer Rolle, die sie gar nicht annehmen wollte. Die Erde ist eben keine Scheibe und hört auch nicht irgendwo hinter Kufstein auf.

trumpisti, Dienstag, 06.Dezember 2016, 10:26 Uhr

1. Trump wirft seinen Schatten voraus?

Im Geiste mit Assad, Sharif und Duterte. Das wird für Euch Transatlantiker jetzt ein richtig dickes Brett zu bohren. Ich würde zugern so manches Eurer Gesichter sehen, wenn es mal wieder einen Tweet aus Trumptower gibt. Seht endlich ein, dass die einstige Vormachtsstellung zu Ende ist. USA und GB werden noch viel länger auf der Reservebank Platz nehmen als Ihr denkt. Die eigenen Wähler haben dafür gesorgt. Trump ist jetzt die einmalige Chance für Europa sich endlich abzunabeln und seinen eigenen Platz zu finden. Österreich hat es am Sonntag vorgemacht.