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Spielwarenmesse 2013 Spielzeug für die "Generation iPad"

Ob ferngesteuertes Auto oder Bausteine: Tablets und Smartphones halten Einzug ins Kinderzimmer. "Toys 3.0" heißt der Trend, der klassisches Spielzeug mit moderner Technik kombiniert und dieses Jahr die Spielwarenmesse dominiert.

Stand: 29.01.2013

Die Palette reicht dabei vom Teddybär, der Geschichten erzählt, über Outdoorspiele bis hin zu einem Rennauto vollgepackt mit Technik. Wie bereits 2009 und 2012 will die Sonderschau "Toys 3.0" zeigen, wie Smartphones und klassische Spielwaren zusammengebracht werden können. Zumindest Jugend- und Marktforscher sind davon überzeugt: Durch die Kombination von anfassbaren und elektronischen Spielzeugen entstünden völlig neue Spielebenen und Spielformen.

"Toys 3.0" auf der Spielwarenmesse

Interaktives Kuscheltier

Furby ist zurück und eigenwilliger denn je: So wird das kleine Tierchen sauer, wenn es etwa in einem Rucksack ordentlich durchgeschüttelt wird. Wird es gestreichelt, kühlt sein Gemüt ab. Ein Tablet brauchen die Besitzer, um das Kauderwelsch der Puppe zu verstehen. Die Überetzungsapp macht es möglich. Auch gefüttert werden die Furbys elektronisch. Dem Ausstellungsstück auf der Spielwarenmesse schmeckte neben einer grünen Peperoni allerdings auch eine alte Socke.

Bausteine, echt und virtuell

Die leuchtenden Bausteine von Goldfish & Bison aus Amerika können mit vielen anderen Bausteinen wie etwa von Lego kombiniert werden. Eine kleine Batterie versorgt die eingebauten, verschiedenfarbigen LEDs mit Strom. Die Technik kommt ins Spiel, wenn eigene Modelle kreiert werden: Die Bauanleitungen dazu können nämlich auf einem Tablet zusammengestellt und mit anderen Spielern auf der ganzen Welt geteilt werden.

Tablet als Lenkrad

Der Mercedes SLS des chinesischen Herstellers Silverlit wird durch den Neigungswinkel eines IPads gesteuert. Zusätzlich spielt das Auto Musik vom Tablet ab, bewegt sich zum Takt und blinkt mit den Scheinwerfern – alles per Computer programmierbar.

Lehrreiche Sammelfiguren

Vom prähistorischen Fleischfresser über Eskimos und Pinguine bis zu Walen und Elefanten: Jede Sammelfigur von Universal Trends besitzt einen eigenen QR-Code: Wird dieser mit einem Smartphone oder Tablet gescannt, führt er zu einem lehrreichen Video über das Leben der jeweiligen Figur. Die Filme werden vom ZDF produziert.

Basteln und fahren

Mit dem Bausystem des dänischen Herstellers Gigo können verschiedene Fahrzeuge gebastelt werden, die sich mit IPod oder IPhone fernsteuern lassen. Der besondere Clou: Code-Karten auf dem Boden werden von der Kamera des Geräts erkannt und auf dem Bildschirm als Gebäude dargestellt: So gibt es unter anderem das Brandenburger Tor oder den Wolkenkratzer Taipeh 101.

Knuffiger Geschichtenerzähler

Der Teddy "Brummel" aus Österreich ist nicht nur zum Schmusen gedacht. Im Internet bietet das österreichische Unternehmen Stadlbauer verschiedene Hörspiele für Kinder ab drei Jahren an, die kostenpflichtig auf den Bären geladen werden können. An Lautsprecher angeschlossen, erzählt der Teddy diese Geschichten und bewegt passend dazu seine Lippen.

Der Avatar zum Anfassen

Das Gesicht des kleinen Roboters von Sablon wird wahlweise von einem IPhone oder IPod dargestellt. Der Bart stört? Ein Fingerstrich genügt, schon ist der eigene Avater rasiert. Mit einem zweiten Gerät kann der knapp 30 Zentimeter große Roboter gesteuert werden. Und wenn Papa auf Geschäftsreise ist, kann er über sein Smartphone in der Art einer Videokonferenz mit seinem Kind spielen.

Elektronisches Spielzeug auf dem Vormarsch

Passend zur Sonderschau wurde auch eine neue Studie zum Thema vorgestellt. Diese ergab, dass sich Spielen mit elektronischen Geräten bei den acht bis 30-Jährigen längst durchgesetzt hat: 96 Prozent der knapp 2.600 Befragten gaben an, mit elektronischen Geräten zu spielen.

Gehirnforscher: Computer schädlich für Kinder

Das sind Zahlen, die den renommierten Hirnforscher Manfred Spitzer von der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm schaudern lassen. Ginge es nach ihm, würden Jugendliche erst mit 16 oder 17 Jahren an den Computer herangeführt. Für kleine Kinder sei "multimodaler Input" wichtig. Sie müssten "riechen, schmecken, tasten, hören, fühlen" und nicht nur "wischen und tippen". Der Umgang mit Tablets würde nicht den Verstand von Kindern trainieren. Sie würden durch den Umgang mit realen Gegenständen mehr lernen, als wenn sie diese nur auf einem Bildschirm sehen.

Rabattschlachten und Online-Handel

Neben der Sonderschau zu "Toys 3.0" widmet sich die Messe auch den Spielwareneinzelhändlern, die mittlerweile mit Rabattschlachten und dem Online-Handel zu kämpfen haben. Dazu findet am 3. Februar erstmals ein eigener "Tag des Fachhandels" statt.

"Gewinner des vergangenen Jahres ist der Online-Handel, da haben wir eine starke Zunahme um mehr als 20 Prozent. Entsprechend sind der Fachhandel und die Verbrauchermärkte unter Druck geraten."

Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwaren-Industrie (DVSI)

70.000 Neuheiten

Die Spielwarenmesse ist auch dieses Jahr voll ausgebucht. Insgesamt präsentieren 2.747 Unternehmen aus 60 Ländern in 17 Hallen ihre Neuheiten im Nürnberger Messezentrum. Die meisten Aussteller kommen aus China, gefolgt von Großbritannien und Hongkong. Der Anteil deutscher Aussteller ist von 863 auf 807 gesunken. Ausgestellt werden eine Million Produkte und rund 70.000 Neuheiten. Die Spielwarenmesse dauert bis 4. Februar.

Stichwort: Spielwarenmesse Nürnberg

Sie ist die Weltleitmesse in Spielsachen. Was sich hier durchsetzt, steht kurze Zeit später in den Spielwarenläden. Auch wenn Nürnberg als eine traditionsreiche Spielzeugstadt mit Jahrhunderte altem Ruf gilt, findet die Spielwarenmesse erst seit 1950 in der Frankenmetropole statt: Nach dem Krieg verschwand Leipzig als alter Messestandort hinterm Eisernen Vorhang, ein neuer musste her. Organisiert wird die Messe seit Beginn von der Spielwarenmesse eG, einer eingetragenen Genossenschaft.

Franken und das Spielzeug: Vom Dockenmacher zum Bobby-Car

Tand

Der Große Freiheitsbrief Kaiser Friedrichs II. mit Siegel | Bild: BR-Studio Franken

Große Freiheit und kleine Puppen

Am Anfang der Spielzeug-Geschichte Nürnbergs steht der "Große Freiheitsbrief" von Kaiser Friedrich II.: Wer immer in Nürnberg Handel betrieb, zahlte seit 1219 keinen oder nur wenig Zoll. Ein echter Standortvorteil für die Frankenmetropole, die ohnehin an der wichtigsten Handelsroute des Mittelalters lag: Händler, die edle Stoffe und Gewürze aus dem Orient via Venedig nach Nordosten lieferten, passierten Nürnberg - und bald füllten sie die Lücken ihrer Packtaschen mit einigem "Tand" und Spielzeug.

Dockenmacher

Eine der ältesten erhaltenen Puppen Nürnbergs | Bild: BR-Studio Franken

Die Dockenmacher aus Nürnberg

Als ältester Beleg für die Nürnberger Spielwarenproduktion gilt eine bei Grabungen entdeckte Ton-Puppe aus dem 14. Jahrhundert. Eine städtische Steuerliste aus dem Jahr 1400 gibt einen weiteren Hinweis auf die Jahrhunderte alte Tradition: In dieser Liste werden zwei Puppenhersteller aufgeführt - die sogenannten "Dockenmacher". Sie gelten damit als die ältesten dokumentierten Spielzeugproduzenten in Europa.

Erzgebirge

Holzspielzeug statt Bergbau

Impulse für die Spielwarenproduzenten in Nürnberg kamen aus der Nachbarschaft: Nachdem sich im 17. Jahrhundert die Silbervorräte des Erzgebirges erschöpften, bildeten verarmte Bergmannsfamilien ihre Fertigkeit im Schnitzen von Holzspielzeug und Weihnachtsfiguren aus. Die wichtigsten Umschlagplätze dieser vergleichsweise billigen Massenprodukte waren die Spielzeugmessen in Nürnberg und Leipzig.

Bestelmeier-Katalog

Historisches Holzspielzeug | Bild: BR-Studio Franken

Als das Kind Kind wurde

Die erste Blüte der Spielwarenproduktion fällt ins 18. Jahrhundert. Spielzeug war ein teurer Spaß, den sich nur der Adel und das aufstrebende Bürgertum leisten konnte. 1793 erscheint der erste Katalog des Nürnberger Spielwarenhändlers Hieronimus Georg Bestelmeier. Wenig später hatte ein Nürnberger Kaufhaus schon über 8.000 Spielwaren im Angebot: hölzerne Steckenpferde, Puppenküchen und Kaufmannsläden.

Zinn

Das Silber des kleinen Mannes

Vor 100 Jahren, als es noch kein Plastikspielzeug gab, waren Blechautos und Zinnfiguren aus Nürnberg der Verkaufsschlager. Seit 1924 gilt eine Figur der Nürnberger Firma Heinrichsen sogar als offizieller internationaler "Gardemaßstab für Spielzeugsoldaten". In Spanschachteln verpackt eroberten die Zinnsoldaten die Spielzeugwelt. Bis heute zählen Figuren wie auch Blechautos zu beliebten Sammlerstücken.

Plastik

Kinderträume aus Franken

Waren Spielwaren im Mittelalter nur "Lückenfüller" der Händler, lebt heute ein ganzer Wirtschaftszweig davon: In ganz Deutschland sind 12.000 Menschen in der Spielwarenbranche tätig, rund 3.000 allein in Mittelfranken. Hier steht die Wiege vieler Produkte: So machen Kinder in aller Welt ihre ersten Fahrversuche auf feuerroten Bobbycars, spielen mit Playmobil-Figuren aus Zirndorf oder mit ihrer Modelleisenbahn "Made in Nürnberg".


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