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Merkel und Gabriel in den Sommerinterviews Der Wahlkampf ist eröffnet

Unterschiedliche Positionen in der Flüchtlingspolitik und bei Steuerentlastungen - in ihren jeweiligen Sommerinterviews lieferten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Vize Sigmar Gabriel (SPD) quasi ein Fernduell. Nur in einem Punkt waren sie sich einig.

Von: Janina Lückoff

Stand: 28.08.2016

Angela Merkel und Sigmar Gabriel | Bild: picture-alliance/dpa, Montage BR

Die Kanzlerin sah angespannt aus bei ihrem Auftritt im ARD-Sommerinterview: Die Reisen der vergangenen Woche haben ihre Spuren hinterlassen. 15 Staats- und Regierungschefs hat sie getroffen. Viele weigern sich nach wie vor, über eine Quotenregelung Flüchtlinge aufzunehmen. Beirren lassen will sie sich davon aber nicht: In Europa seien im vergangenen Jahr viele Lösungen gefunden worden - an den schwierigen Stellen müsse man nun eben noch weitermachen. Jeder müsse seinen Anteil zu diesem Thema leisten, so Merkel.

"Was ich nach wie vor finde, was nicht geht ist, dass einige Länder sagen: Muslime wollen wir generell in unserem Land nicht haben, egal ob das aus humanitären Gründen notwendig ist oder nicht, und darüber müssen wir weiter sprechen. Aber in vielen vielen Bereichen, ich muss das nochmal betonen, haben wir eine sehr gemeinsame Herangehensweise."

Angela Merkel

Gabriel distanziert sich von Merkels Flüchtlingspolitik

Gemeinsamkeiten betonte sie auch mit dem Koalitionspartner, als es darum geht, die Vorwürfe ihres Vizekanzlers Gabriel zu entkräften. Der distanzierte sich in seinem Sommerinterview im ZDF von Merkels Flüchtlingspolitik: Die SPD habe immer schon gesagt, es reiche nicht zu sagen: "Wir schaffen das!", so Gabriel, sondern man müsse auch die Voraussetzungen schaffen dafür, dass man es hinkriegt. Der Union warf Gabriel Untätigkeit bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms vor.

"Das heißt: Wir haben nichts getan - oder die CDU wollte nichts tun - im Bereich Innere Sicherheit. Wir Sozialdemokraten haben 3.000 Polizeistellen durchsetzen müssen, die CDU wollte das gar nicht. Die Union hat die Herausforderung unterschätzt. Und wir haben immer gesagt: Es ist undenkbar, dass Deutschland jedes Jahr eine Million Menschen aufnimmt."

Sigmar Gabriel

Merkel will das nicht gelten lassen:

"Ich glaube, wir haben sowohl sehr viel Geldmittel in die Hand genommen, aber wir haben auch vor allen Dingen sehr viel Gesetzesarbeit gemacht, auch um die Sicherheit zu verbessern, um zum Teil die Gesetzgebung zu verstärken. Und wissen Sie: Wir haben alles gemeinsam beschlossen, wir haben auch vieles sehr sehr schnell beschlossen."

Angela Merkel

Gabriel: TTIP gescheitert

Während Merkel ihre Flüchtlingspolitik verteidigte, musste Gabriel seine Haltung zu den Freihandelsabkommen erläutern: Über das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, sagte er, diese Verhandlungen seien de facto gescheitert, weil sich die Europäer den amerikanischen Forderungen "natürlich nicht" unterwerfen dürften. Da bewege sich nichts, so Gabriel.

Und was ist mit CETA, das Abkommen mit Kanada: Wenn das nun, wie manche fürchten, beim SPD-Konvent in drei Wochen durchfällt? "Das wird nicht passieren!", sagte Gabriel entrüstet:

"Wir werden das ganz sicher klug beraten und am Ende auch entscheiden und auch aufschreiben, die Dinge, von denen wir glauben, dass sie noch im Parlamentsverfahren verbessert werden sollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die deutsche Sozialdemokratie Europa anhält und sagt 'Wir wollen lieber bei den ganz schlechten Handelsabkommen bleiben, die wir heute haben.'"

Sigmar Gabriel

Streit um Steuerentlastungen

Beim Thema Steuererleichterungen ist Gabriel wieder im Wahlkampf-Modus: Steuerentlastungen in Höhe von 15 Milliarden Euro, wie Unionsfraktionschef Volker Kauder sie für die kommende Wahlperiode angekündigt hat, werde es mit der SPD nicht geben, sagte er - jedenfalls nicht für alle:

"Wofür wir sind ist, dass wir Arbeitnehmer entlasten, Familien, Alleinerziehende, die zahlen viel zu hohe Sozialabgaben. Die zahlen oftmals wenig Steuern, aber hohe Sozialabgaben. Bei denen was machen, das finde ich richtig, aber gleichzeitig nicht die wirtschaftliche Zukunft des Landes verspielen. Das ist meine Sorge bei der Union, weil sie wieder solche gigantischen Steuersenkungsversprechen macht."

Sigmar Gabriel

Die Kanzlerin gibt sich bei diesem Thema moderater:

"Ich bin sehr froh, dass nahezu alle Parteien sich damit beschäftigen, wie man in der nächsten Legislaturperiode gegebenenfalls Steuerentlastungen ins Auge fassen kann - und zwar gerade für die Mitte der Gesellschaft."

Angela Merkel

Es gebe noch jede Menge Erwartungen, was erledigt werden könnte, so Merkel; wenn es dann im Frühjahr noch ein "sattes Polster", wie sie sagt, gebe, solle sie das "sehr ermutigen".

Einig bei K-Frage: keine Auskunft

Bei einem Thema gaben sich beide Parteivorsitzenden zugeknöpft: Werden sie für die Kanzlerschaft kandidieren?

"Ich sage es zum gegebenen Zeitpunkt - und darüber hinaus möchte ich heute nichts sagen."

Angela Merkel

"Ja, nachdem Frau Merkel erklärt hat, sie will es erst 2017 sagen, warum sollen wir eigentlich vorher entscheiden?"

Sigmar Gabriel

Auch wenn beide nichts sagen wollten: Den Wahlkampf haben sie bereits eröffnet.


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Kommentieren

Udo Pablitschko, Montag, 29.August 2016, 14:40 Uhr

12. Wahlkampf um was?

Frage:
Warum kämpfen diese beiden gegeneinander?
Für das Wohl der "kleinen Leute" (=die Mehrheit der Wähler) taugen doch beide nix !

BITTE ABWÄHLEN !

Steuerzahler, Montag, 29.August 2016, 08:00 Uhr

11. Almosen für die Steuerzahler?

Vielleicht will die Union die Steuern um 15 Milliarden Euro senken? Gabriel ist gleich dagegen. So eine Frechheit! Wieviel wollen die uns denn noch wegnehmen? Warum wehren wir uns nicht gegen diese Ausplünderung der Bürger?
In Frankreich haben sie die Rente mit 60 und die 35 Stundenwoche. Die wissen, wie man sich wehrt und wir lassen uns alles gefallen.

  • Antwort von Truderinger, Montag, 29.August, 08:26 Uhr

    Jep, und eine galoppierende Staatsverschuldung haben sie gleich noch dazu. Frankreich ist bereits jetzt aufgrund seiner linken Politik ein Krisenkandidat in der EU. Übrigens ist es schlicht falsch zu behaupten, der Bürger würde ausgeplündert werden. Die Entwicklung der Einkommensteuer der letzten 30 Jahre spricht eine völlig andere Sprache.

  • Antwort von Barbara, Montag, 29.August, 13:37 Uhr

    "die Entwicklung der Einkommensteuer..." Was denn? Millionen redlich arbeitende Menschen verdienen nicht einmal soviel, daß es für das tägliche Überleben, geschweige denn für eine Renteneinzahlung, reicht! Dagegen wird der Reichtum nur einiger weniger astronomisch hoch und immer höher! Etwa achtzig Prozent des Volksvermögens befindet sich in den Händen von nur fünf Prozent der Bevölkerung!

  • Antwort von Udo Pablitschko, Montag, 29.August, 14:32 Uhr

    Ach Frau Barbara, bitte seien Sie doch ein wenig barmherzig zu dem "Truderinger"; der sich halt "ZU DEN ETWAS BESSEREN"(Geldigen) zählt.

    Da passt doch das schöne Bibelwort: EHER GEHT EIN ELEFANT DURCH`S NADELÖHR, EHE DIESER "TRUDERINGER" IN DEN HIMMEL KOMMT !

N. Schöttl, Montag, 29.August 2016, 07:50 Uhr

10. Eine Wahl ohne Wähler?

Die SPD wäre sehr klug damit beraten, Herrn Gabriel nicht als Kanzlerkandiaten zu nehmen, denn nach seiner obszöne Geste dürfte einem jeden klar sein, dass er in schwierigen Zeiten nicht die Souvernität und Gelassenheit besitzt, welche für das Amt als Bundeskanzler von Nöten ist. Frau Dr. Merkel auf der anderen Seite dürfte wohl mit dem Problem zu kämpfen haben, dass sie doch schon recht lange an der Macht ist und sich ein gewisser Verschleiß und Frust breit macht. Frau Ursula von der Leyen, die schon als Kanzlerkandidatin gehandelt wurde, dürfte mit der Rolle als Kanzlerin jedoch überfordert sein. Es ist eh ein Wunder, dass sie das Verteidigungsministerium führt, ohne selbst an einer Wehrpflicht / Ausbildung als Soldatin teilgenommen zu haben. Herr Seehofer oder gar eine Frau Petry sind da völlig rüchwärts gewandt. Es ist unklug etwa einen Euro abzuschaffen. Den Grünen und den Linken dürften die Wähler fehlen. Meine Vermutung: die Nichtwähler werden die meisten sein.

  • Antwort von Truderinger, Montag, 29.August, 10:05 Uhr

    Ich kann Ihnen zwar in allen Punkten folgen, aber irgendjemand wird es machen müssen. Was ich aber nicht nachvollziehen kann, ist der Zweifel an Frau von der Leyens Befähigung aufgrund der Tatsache, dass sie nicht bei der Bundeswehr war. Hat Gabriel schon einmal einen Wirtschaftskonzern gelenkt? War Maas schon einmal Richter? Ihre Vermutung wäre übrigens fatal, denn die "AfD" kann ihre Wutbürger-Wählerschicht ganz sicher mobilisieren. Von niedriger Wahlbeteiligung profitieren somit nur die. Trotz allem Zweifel müssen wir Demokraten daher wählen gehen und einer demokratischen Partei unsere Stimme geben.

  • Antwort von N. Schöttl, Montag, 29.August, 15:21 Uhr

    Der Zweifel bei Frau von der Leyen beruht darauf, dass sie z.B. zwar eine Gleichberechtigung zwischen Männer und Frauen wünscht d.h. scheinbar feministisch auftritt, doch beim näheren hinsehen es dabei auch belässt. So wurde zwar auf ihr Bestreben hin eine Frauenquote eingeführt (welche meiner Meinung nach einen diskriminierenden Charakter sowohl gegenüber Männer, als Frauen hat), doch bei der Bundeswehr übersieht sie dies komplett. So gilt die Wehrpflicht (derzeit ist die nur ausgesetzt) nachwievor primär nur für Männer und nicht für Frauen. Als Frau finde ich dies natürlich enttäuschend, da zwar die Regierung einseitig eine große Gleichberechtigung posaunt, doch dann es wie ein Kartenhaus zusammen fällt. Die andere Sache ist natürlich die mit den Plagiaten, wobei dabei die Hochschule Hannover dann entschied, dass sie ihren Titel behalten durfte. Nur weil sie eine Frau ist, sie als Kanzlerin zu nehmen, dies würde ich falsch finden. Kompetenzen wären mir da wichtiger.

civis ignobilis, Montag, 29.August 2016, 07:38 Uhr

9. Vorwahlzeit!

"Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd." (angeblich Otto v. Bismarck)

Seppl, Montag, 29.August 2016, 06:40 Uhr

8. Steuersenkungen

Seit Jahren gibt es nur Steuererhöhungen. Die kalte Progression wird nicht abgebaut, sondern einfach kassiert. Die Politik bejubelt jährlich neue Steuerrekorde. Dass es dabei darum geht, den Bürgern immer mehr ihres sauer erarbeiteten Geldes aus der Tasche zu ziehen, stört Leute wie Gabriel nicht. Eine Unverschämtheit, wie uns der Staat ausnimmt. Es wird Zeit, dass der Wähler Ganriel den Finger zeigt.

  • Antwort von Fragender Oberbayer, Montag, 29.August, 08:02 Uhr

    Gabriel den Finger zeigen und Merkel wählen? Einfach clever.

  • Antwort von Truderinger, Montag, 29.August, 08:10 Uhr

    Sehen Sie sich bitte mal die Entwicklung der Einkommensteuer seit 2000 an. Damit wäre dann bereits Ihr erster Satz erledigt.