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Merkel in Warschau Zu Gast bei den Gegnern

Angela Merkel trifft heute ihre Kritiker: In Warschau isst sie mit den Regierungschefs der Visegrad-Staaten zu Mittag. Zusammen haben die vier Länder gerade mal 15 Flüchtlinge aufgenommen - sie sind die entschiedensten Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik.

Von: Achim Wendler

Stand: 25.08.2016

Protest gegen die Politik von Angela Merkel bei ihrem Besuch in Prag am 15. August 2016. | Bild: dpa / David Tanece

Die Kanzlerin absolviert diese Woche einen Marathon durch Europa. Sie war in Italien, Estland, Tschechien, etwa zwei Drittel der Strecke hat sie jetzt hinter sich. Marathonläufer wissen, nach zwei Dritteln kommt die große Einsamkeit. Angela Merkel isst heute in Warschau zu Mittag mit den Regierungschefs der Visegrad-Staaten.

"Die Visegrad-Staaten haben zur Zeit eine Haltung nach dem Motto 'Wir stimmen uns gut ab', und mal gucken, wie unsere Muskeln funktionieren", beschreibt der SPD-Europaexperte Axel Schäfer die Lage. Die Visegrad-Staaten – das sind Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Als sie sich im Donau-Städtchen Visegrad zusammenschlossen, Anfang der 90er Jahre, war das gemeinsame Ziel die Mitgliedschaft in EU und NATO. Heute ist ihr gemeinsames Ziel: Flüchtlinge draußen halten.

Visegrad-Staaten ignorieren EU-Absprachen

Es gilt der Satz des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, gesprochen vor fast genau einem Jahr, am 3. September 2015:

"Das Flüchtlingsproblem ist ein deutsches Problem."

Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident

Am Tag nach diesem Satz öffnete Merkel die Grenzen für Flüchtlinge.

Heute hat die Europäische Union feste Quoten, wie viele Flüchtlinge jedes Land aufnehmen soll. Dass es nicht funktioniert, liegt vor allem an den Visegrad-Staaten. Sie haben bisher, Stand diese Woche, zusammen 15 Flüchtlinge aufgenommen. Darauf angesprochen, sieht Merkel das Positive: "Ich glaube, dass das theoretische Bestehen eines Verteilsystems schon ein Wert an sich ist."

Ärger über die Kanzlerin

Der tschechische Ministerpräsident Sobotka empfängt Merkel mit militärischen Ehren in Prag.

Die Blockadehaltung der Osteuropäer hat viele Gründe. Die osteuropäischen Gesellschaften haben wenig Erfahrung mit Ausländern, sie kultivieren eine starke Islam-Feindlichkeit, ihre aktuellen Regierungen sind vergleichsweise nationalistisch. Hinzu kommt Ärger über die deutsche Kanzlerin. Denn bei der Grenzöffnung vor einem Jahr hat Angela Merkel ihre europäischen Partner weder informiert noch sonstwie eingebunden. Seither läuft eine Achse des Ärgers von Polen über Tschechien und die Slowakei bis nach Ungarn. Und eigentlich ja bis Bayern. Der tschechische Präsident Milos Zeman sagt, die "Frau Bundeskanzlerin sollte anerkennen, dass ihre Willkommenskultur unsinnig war".

Ob Merkel die Blockade in Osteuropa je brechen wird, ist fraglich. Für das heutige Visegrad-Mittagessen jedenfalls sind die Hoffnungen so gering, dass die Bundesregierung das Thema Flüchtlinge vorsichtshalber klein fährt. Offiziell soll es in Warschau vor allem um den Brexit gehen. Erst auf Nachfrage sagt Merkels Sprecher Steffen Seibert:

"Europa besteht auch daraus, dass man Meinungsverschiedenheiten im Gespräch und in Verhandlungen zusammenführt."

Steffen Seibert, Regierungssprecher

EU-Gelder gegen Flüchtlingsaufnahme?

Andere setzen darauf, dass es in Osteuropa vielleicht keine Willkommenskultur für Flüchtlinge gibt, aber eine Willkommenskultur für Geld. "Bei Finanzdingen muss man sich ja auch einigen, warum sollte man sich bei Flüchtlingsdingen letztlich nicht einigen können?", fragt der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer. Im Klartext: EU-Gelder gegen Flüchtlingsaufnahme. Eine Zusammenhang, den vor Schäfer auch schon dessen Parteichef Sigmar Gabriel hergestellt hatte. Kanzlerin Merkel bedient sich bisher aber nicht des Geldhebels. Jedenfalls nicht öffentlich.


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Grantler, Montag, 29.August 2016, 09:19 Uhr

38. Merkels Versagen geht weiter

Natürlich wollen sich die Visegrad-Staaten nicht die Folgen von Merkels Versagen ans Bein binden. Die Bundeskanzlerin ruiniert mit einer historischen Fehlentscheidung Deutschland und macht jetzt munter weiter. In einem weiteren BR-Beitrag aus Brüssel, der leider nicht kommentiert werden kann, ist ja bereits von einem "Tauschgeschäft" in der EU die Rede. D.h. das deutsche Volk muss nicht nur Merkels Migranten in Deutschland alimentieren, sondern soll eine europäische Zustimmung zu Merkels Politik mit deutschen Steuermitteln erkaufen.

k.-h.Maris, Sonntag, 28.August 2016, 12:54 Uhr

37. Merkel

Ich würde es begrüßen wenn die kanzlerin sich mal für ihre wähler so einsetzen würde wie für menschen aus aller herren länder
sie muß mal wieder auf den boden der tatsachen zurückkommen
und an die ard eine empfehlung ,die meinung nicht mehr durch streichung von unbequemen komentaren zu beeinflussen ,oder die komentarfunktion ganz einzustellen es kann aber nicht sein nur komentare zu veröfentlichen die in eine richtung gehen
ich bezahle schließlich die zwangsabgabe rundfunkgebür

Willem Riemersma, Freitag, 26.August 2016, 21:59 Uhr

36.

Ich habe einen guten Freund, der als Pole in die achtziger Jahre wegen aktivitäten für Solidarnosc für mehr als ein Jahr im Gefängnis gesteckt worden ist.
Er ist von Amensty hier in den Niederlanden geholt worden, so zusagen als Flüchting. Er weiss Bescheid, wie es ist, einen Flüchtiling zu sein.
Doch verteidigt er die polnische Stellungname. Weil Polen, wie von jeder von uns auf geeigneter Stelle nachlesen kann, schon eien Million Flüchtlinge im Hause hat. Eine Million Flüchtlinge aus der östlichen Ukraïne. Ob Frau Merkel auch darüber Bescheid weisst? Auch hier in den Niederlanden sind es nur wenige die das wissen.
Warum denn erzählen die Medien hier im 'Westen' nichts davon?
Flüchtlinge einen Platz bieten, ist Pflicht unseres Herzens. Aber nicht ohne Fürsorge und Kontrolle als Pflicht unseres Verstandes.
Politisch korrekt wird gar moralisch inkorrekt wenn die zweite Pflicht vernachlässigt wird. Humane Absichten bekommen dann inhumane Konsequenzen. Für 'Uns' und die 'Andere'.

  • Antwort von A. Nomym, Samstag, 27.August, 09:53 Uhr

    @Willem Riemersma

    "Warum denn erzählen die Medien hier im 'Westen' nichts davon?"
    Ganz einfach!
    Weil es einfach nicht in die laufende Propaganda passt!

    Totschweigen ist der erste Teil
    Sehen wir mal was danach kommt

  • Antwort von Willem Riemersma, Samstag, 27.August, 13:24 Uhr

    Man will 's eigentlich nicht wahr haben. Es war eine ziemlich rhetorisch Frage, aus Zweifel.
    Ihre Antwort war klar. Bin also nicht alleine. Wieder ein bisschen weniger Zweifel also. Aber hin und wieder kann Gewissheit auch schmerzen.
    Das tut es hier doch. Auch stellvertretend für diesen meinen polnischen Freund.
    Ich möchte in dieser Frage gerne um Besseres belehrt werden, aber schätze die Chancen nicht sehr hoch. Leider.
    Danke für Ihren Antwort auf meine Frage.

Marianne Eckert, Freitag, 26.August 2016, 20:17 Uhr

35. Warschauer Treffen Bundeskanzlerin - Visegrad- Vertreter

Welche Gefühle die Äußerungen des Herrn Orban in einem deutschen Steuerzahler auslösen, lässt sich schwer in Worte fassen. Noch vor nicht allzu ferner Zeit wurde wenigstens der Schein gewahrt. Heute sagt man ganz unverhohlen, dass man zwar das Geld vom größten Netto-Zahler der EU unvermindert einzukassieren gedenkt, aber auf dessen Werte, wie auch die Werte der "älteren" Mitglieder unserer Gemeinschaft keinen Wert legt.
Übrigens geht eine solche Haltung ja auch zu Lasten von Ländern wie Portugal u. a., denn deren strukturschwache Gebiete wurden zum größten Teil hochgestuft, was bedeutet, dass ihnen die Strukturhilfen gekürzt wurden. Die gehen ja jetzt an unsere unsolidarischen Neuen!
Hier sollte Herr Gabriel beweisen, dass seine einmal geäußerten Gedanken keine Eintagsfliegen sind. Es ließe sich auch gut ein Wahlkampf- Thema draus basteln.

Alfons, Freitag, 26.August 2016, 14:22 Uhr

34. Es ist Frage der Menge, Überdosirung kann schlimme Folge haben.

Es ist Frage der Menge. Eine Überdosierung erschwert die Integration. Eine geplante Einwanderung von überprüften Facharbeitern mit Ehefrau wäre sicher nützlich (wie USA, Australien und Canada). Mit religiösen Extremisten ohne Ausbildung verdirbt man sich und den eigenen Kindern die Zukunft. Wenn die zweite Generation Terroranschläge verübt, dann hat die Integration völlig versagt. Zu viele Flüchtlinge vernichten genau das, was sie in Germany suchen, Wohlstand und Sicherheit. Wer alle Pechvogel und Benachteiligte dieser Welt einlädt, aufnimmt und gut versorgt, der muß eines Tages seine Heimat auch verlassen. Vollverschleierung und Burka signalisieren, ich will nur an Deinem Wohlstand teilnehmen, ich will nur Dein Geld, anpassen mußt Du dich an uns und an unsere Religion.