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BayernSPD in der Flüchtlingskrise Dafür, dagegen? Oder beides?

Die Freien Wähler auf Seiten der CSU, die Grünen in der Asylfrage zerstritten – eine humanitäre Notsituation wie die derzeitige Flüchtlingskrise könnte die Stunde der bayerischen Sozialdemokratie sein. Doch die bayerischen Genossen verheddern sich mal wieder im Spagat zwischen Bayern und Berlin.

Von: Sebastian Kraft

Stand: 23.10.2015 | Archiv

Der Landesvorsitzende der bayerischen SPD, Florian Pronold spricht  in Hirschaid beim 66. Landesparteitag der SPD Bayer | Bild: dpa-Bildfunk

Der Auftritt war bezeichnend für den Zustand der BayernSPD in diesen Tagen. Pressefrühstück am Dienstagmorgen, manche Journalisten witzeln über die "SPD-Tage" – Freitag Kommunalgipfel in München, Samstag Parteitag. Schwerpunkt: Natürlich die Flüchtlingskrise. Zwei Termine, um den medialen Fokus endlich einmal wieder weg von der omnipräsenten Seehofer-CSU hin zur Sozialdemokratie zu legen – könnte man meinen. Florian Pronold kommt zu spät, er macht einen müden, fast schon abgekämpften Eindruck. Die Fragen prasseln auf ihn ein – wie er denn als Niederbayer die Stimmung in den dortigen Kommunen wahrnehme?

Vor allem Anti-CSU-Reflexe

Pronold holt aus – und verliert sich im Grundsätzlichen. Er redet von einer "schwierigen Situation", erörtert die "Problematik in den Herkunftsländern" und macht sich für eine "vernünftige Verteilung" stark. Man ist fast geneigt zu sagen: Er schwadroniert. Lösungsansätze? Ein paar Sätze zum Wohnungsbau, sonst – Fehlanzeige. Eines kommt aber immer, wenn Florian Pronold ansetzt: drei bis fünf bissige Watschn für die CSU und ihr Spitzenpersonal. Das mag in einer Plenardebatte gut funktionieren. Hilft aber in der derzeitigen Situation nicht wirklich weiter.

Fehlender Rückhalt in der Partei

Für die bayerischen Genossen ist das keine gute Entwicklung. Bald müssen entscheidende Weichen gestellt werden im Hinblick auf die Landtagswahl 2018. Parteichef Pronold ist Staatssekretär im Bund – und hätte damit sicherlich das erste Zugriffsrecht auf die Spitzenkandidatur. Allein fehlt ihm dafür eigentlich schon der Rückhalt in der Partei, bei seiner Wiederwahl im Juni holte ein Abensberger Genosse mit einer nicht ganz ernst gemeinten Kandidatur gegen Pronold über 30 Prozent. Auch Fraktionschef Rinderspacher und Generalsekretärin Natascha Kohnen dürften wohl eher die Nachteile denn die Vorzüge einer Spitzenkandidatur im Blick haben – denn eine Niederlage kann parteiinterne Ämter kosten und davon hat die BayernSPD nicht gerade viele.

Bayern oder Bund?

Ohnehin ist gerade nur schwer ersichtlich, wo die BayernSPD eigentlich hin will. Fraktionschef Rinderspacher gibt gerne den Großkoalitionär und nimmt bei seinen geschliffenen Reden ständig das Wort "Seehofer" in den Mund, um Augenhöhe zu demonstrieren. Von Parteichef Pronold kommen dagegen reflexartige Attacken auf die CSU. Beide loben dann wieder Merkel, um damit gegen Seehofer zu sticheln. Inhaltlich betonen sie die "Wir schaffen das"-Linie der Kanzlerin, umschiffen aber angesichts der überlasteten Kommunen in Bayern immer wieder die entscheidende Frage, ob Bayern eine Begrenzung des Zustroms braucht oder nicht. SPD-Kommunalpolitiker stöhnen unter der Last – die SPD-Spitze will es dagegen tunlichst vermeiden, Seehofer in der ein oder anderen Sachfrage recht zu geben.

Gelegenheit zu einer klaren Botschaft bieten nun die nächsten zwei Tage mit Kommunalgipfel und Parteitag. Es wäre auch eine Chance, den Spagat zu beenden – denn während für die CSU nur Bayern zählt, argumentiert die BayernSPD manchmal aus Sicht des Freistaats, manchmal aus Sicht des Bundes. Wie es halt grade passt. Aber eines kann sogar die SPD von der ungeliebten CSU lernen: Gleichzeitig dafür und dagegen zu sein – diese Strategie ging bei den Christsozialen bei der Europawahl 2014 gründlich in die Hose.


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