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Klimaschutz Wenn ein Plan zur Planwirtschaft wird

Als sehr ambitioniert werden bis heute die Ziele des Pariser Klimaabkommen umschrieben. In die Umsetzungsphase ist bislang recht wenig gegangen. Am Beispiel von Deutschland wird deutlich, woran das liegt. Hierzulande streiten CDU und SPD über teilweise absurde Pläne.

Von: Daniel Pokraka

Stand: 05.08.2016 | Archiv

Aufgrund der Erderwärmung kommt es in vielen Gebieten zunehmend zu einer Versteppung, wie auf dem Bild im Hochland Boliviens nahe des einst zweitgrößten See des Landes, dem Lago Poopó. | Bild: picture-alliance/dpa

Angela Merkel ist immer noch begeistert. Das Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft zum Zwei-Grad-Ziel beim Klimagipfel in Paris: Für sehr viele – und eben auch für die Kanzlerin – ein historischer Beschluss. Auch jetzt, ein Dreivierteljahr später, sieht Angela Merkel das noch so. Aber sie weiß auch: Richtig ernst wird es erst jetzt.

"Man hat die Verplichtung abgegeben und nun muss sie auch eingelöst werden, und da wir in unserer Bundesregierung auch in der Abstimmung über einen Klimaschutzplan sind, ahne ich, dass das vielen von uns noch eine ganze Menge abverlangen wird."

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Das sagte die Kanzlerin vor einem Monat auf dem Petersberger Klimadialog – aber auch jetzt läuft die interne Abstimmung über den Klimaschutzplan 2050 noch. Der zeigt auf, wie Deutschland seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll: Unter anderem mit drastisch weniger Treibhausgas-Ausstoß in der Landwirtschaft – und praktisch ohne CO2-Ausstoß im Verkehr. Der zwischen Umweltministerin Hendricks und Wirtschaftsminister Gabriel abgestimmte Plan hängt im Kanzleramt fest.

Der Grund: Hinter den Kulissen wird gezerrt und gezankt. Die entscheidende Frontlinie: Union gegen SPD. Vier Vizechefs der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben dem Kanzleramt kürzlich einen Brief geschrieben- mit der vollen Breitseite gegen den Klimaplan der zwei SPD-geführten Ministerien. Der Vorwurf: "Klima-Planwirtschaft". Einer der Unterzeichner: Georg Nüßlein, CSU, Fraktionsvize für Umweltpolitik.

"Rückgang Fleischkonsum, Abbau des Tierbestandes, es wird festgelegt, welcher Wald wie nutzbar gemacht werden soll. Das ist erkennbar Planwirtschaft."

Georg Nüßlein, CSU, Fraktionsvize für Umweltpolitik

Streit um den richtigen Weg

In Berlin ist zu hören, das Kanzleramt teile die Bedenken aus der Union – wenn auch nicht den Begriff Planwirtschaft. Weiteres Unheil droht dem Klimaplan, wenn das Kanzleramt ihn demnächst in die Ressortabstimmung gibt. Denn dann sind die Ministerien für Verkehr und Landwirtschaft gefragt – beide CSU-geführt und wohl mit die größten Kritiker des Plans. Schon vorsorglich warnt die SPD: Im Großen und Ganzen müsse der Plan so bleiben, wie er ist.

"Wenn wir so tun, als wenn alles so weitergehen könnte in den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft, dann werden wir unsere Ziele niemals erreichen können."

Frank Schwabe, SPD-Klimapolitiker

Und die lauten: Massive Senkung des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes – und Industrieländer wie Deutschland müssen vorangehen. Ganz entscheidend dafür ist eine Reduzierung der weltweiten Fleischproduktion – und damit des Konsums auch deutscher Verbraucher. Der Klimaschutzplan rät zu einem Fleischkonsum, der den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht – heißt übersetzt: Weniger Fleisch essen. Ein Appell, der noch für Diskussionen sorgen wird – den SPD-Mann Schwabe aber für dringend nötig hält.

"Da wird es keine Vorschriften geben. Niemand wird gezwungen, sein Kotelett nicht mehr zu essen. Aber man kann ja durchaus durch Informationskampagnen darauf hinwirken, dass Menschen erkennen, dass es nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die eigene Gesundheit gut ist, weniger Fleisch zu konsumieren."

Frank Schwabe, SPD-Klimapolitiker

Weniger Fleischkonsum, weniger Nutztiere – für die Kritiker aus der Union passt das nicht zu einem anderen Vorhaben, das der Klimaschutzplan verfolgt.

"Gleichzeitig wollen sie die Grünlandflächen sichern. Ich frage mich nur, was der Landwirt dann mit den Grünlandflächen macht. Das ist alles total widersprüchlich. Deswegen werden wir als CDU/CSU dieses Thema so nicht tragen."

Georg Nüßlein, CSU, Fraktionsvize für Umweltpolitik

Bisher wird der Streit über den Klimaplan eher hinter den Kulissen ausgetragen. Vielleicht auch, weil eher andere Themen Konjunktur haben: Flüchtlinge, die Türkei, der IS, Terrorgefahr – ist Klimapolitik da nicht für viele Bürger zweitrangig? SPD-Mann Frank Schwabe meint: Das sei eben immer ein Auf und Ab.

"Ich erlebe aber schon, dass die Menschen immer mehr einfordern, als das, was wir tun. Ob jedes Wetterphänomen auf die Klimaveränderung zurückzuführen ist, so verwegen bin ich gar nicht. Aber immer mehr solcher Wetterphänomene gibt es. Und da spüren die Menschen, dass der Druck durchaus stark ist."

Frank Schwabe, SPD-Klimapolitiker


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