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Kriegsende 1945 | Befreiung Bayerns (6) "Hauptstadt der Bewegung" ergibt sich kampflos

Nachdem Nürnberg schon in den Händen der Amerikaner war, hatte Hitler am 22. April 1945 befohlen: München muss um jeden Preis verteidigt werden. Doch die Bevölkerung war anderer Meinung - und hätte auch keine Kraft mehr gehabt.

Von: Ernst Eisenbichler

Stand: 07.04.2015 | Archiv

Einmarsch der amerikanischen Truppen am 30. April 1945 in München. Amerikanische Soldaten mit dem Ortsschild mit der Aufschrift "München. Hauptstadt der Bewegung." | Bild: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo

Nachdem Nürnberg in den Händen der Amerikaner war, gab Hitler am 22. April 1945 den Befehl aus, dass München - die "Hauptstadt der Bewegung" - unter allen Umständen verteidigt werden müsse. Bloß wie? Dem Volkssturm fehlten die nötigen Panzerfäuste und Infanteriewaffen. Primitive Panzersperren aus Fichtenstämmen in den Dörfern rund um München konnten die US-Tanks auch nicht aufhalten. Hitler ließ zudem einen weiteren entscheidenden Faktor außer acht: Die meisten Münchner waren nach den vielen Bombennächten derart demoralisiert, dass die Abwehr der Amerikaner eine ihrer letzten Sorgen war.

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Zu Kampfhandlungen kam es nur in den Vororten Feldmoching, Freimann und Schleißheim, wo die SS noch Widerstand leistete. Ansonsten glich die Einnahme Münchens fast einer Spazierfahrt. Am Vormittag des 30. April 1945 besetzten die 3., 42. und 45. Division der 7. US-Armee die Stadt nahezu kampflos. So bemerkte der amerikanische Propaganda-Offizier Ernest Langendorf nicht einmal, dass er mit seinem Jeep die offizielle Kampflinie durchquerte - bis er plötzlich auf dem Marienplatz stand. Zu diesem Zeitpunkt wusste Langendorf noch nicht, dass er etwa zur selben Stunde das Zentrum Münchens erreichte, als Hitler in Berlin Selbstmord beging.

"Die ganze Alliierte Expeditionsstreitmacht gratuliert der 7. Armee zur Einnahme von München, der Wiege der Nazi-Bestie."

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2.074 Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen war der Krieg aus. Auch in München war man froh, dass die vielen Bombennächte ein Ende hatten. Nachdem sie aus den Kellern wieder hervorkriechen konnten, bereiteten die Münchner den US-Soldaten, den GIs (GI = government issue, frei übersetzt: "Eigentum der Regierung"), einen freundlichen, teils überschwänglichen Empfang.

"Den Empfang, der uns durch die großen Massen bereitet wurde, die sich schon wenige Minuten nach unserer Ankunft um unseren Jeep versammelt hatten, kann man fast als enthusiastisch bezeichnen (...) Ich habe den Eindruck, dass diese Freude nicht gekünstelt war, denn unser Auftauchen im Herzen der Stadt bedeutete für die Menschen das Ende der Bombennächte, der Alarme und des tatsächlichen Kampfes."

US-Propaganda-Offizier Ernest Langendorf nach der Einnahme Münchens

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Die Freude wich schnell der Ernüchterung: Fünf Millionen Kubikmeter Schutt waren in München wegzuräumen. Von 257.000 Wohnungen blieben nur 25.000 unbeschädigt. 264.000 Einwohner waren obdachlos. 35 Prozent aller Geschäfte lagen in Schutt und Asche.


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