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Trauer um Götz George Der Mann, der mehr als Schimanski war

Sein Alter Ego Horst Schimanski hätte auf diese Nachricht wohl mit einem herzhaften Fluch reagiert: Götz George, der Vielseitige, Vitale, Virile, lebt nicht mehr. Ein Rückblick auf ein äußerst vielseitiges Schauspielerleben.

Stand: 27.06.2016

ARCHIV - Der Schauspieler Götz George kommt am 02.07.2013 in Berlin zur Premiere des ARD-Films «George». Die Schauspieler-Biografie «George» aus der ARD hat auf einem Festival in den USA Auszeichnungen erhalten.  | Bild: picture-alliance/dpa/Rainer Jensen

Götz George starb bereits am 19. Juni nach kurzer Krankheit. Er wurde 77 Jahre alt. "Götz George hat sich eine Verabschiedung im engsten Kreis gewünscht", heißt es in einer Mitteilung seiner Agentin vom Sonntagabend. Von weiteren Nachfragen solle aus Rücksicht auf die Privatsphäre der Familie abgesehen werden. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, wurde George in Hamburg im Kreis der Familie beigesetzt.

Götz George liebte es, er selbst zu sein. Eigen, manchmal ruppig und meist unbequem, begegnete er seinem Gegenüber. Seien es nun Film- und Fernsehjournalisten, Fans oder Kollegen. Kurz vor seinem 75. Geburtstag - vor fast drei Jahren - gab es auch so einen dieser besonderen George-Momente voller Schnodderigkeit. Als er in Berlin den Film "George" über seinen Vater Heinrich vorstellte, ließ er sich zwar aufs Podium bitten, schmetterte vor dem gespannten Premierenpublikum aber jede Frage gnadenlos ab. Sie sei falsch gestellt, dazu könne er nichts sagen und überhaupt sei er nicht der richtige Ansprechpartner.
Punkt und Rumms.

Götz George durfte das, musste es zuweilen sogar. Vielleicht war es sein Schicksal. Der Ausnahmeschauspieler pflegte stets sein Image als Raubein - und das Publikum liebte ihn dafür. Klar, wer 32 Jahre lang mit abgewetztem Parka als Ruhrpottkommissar Horst Schimanski vor der Kamera stand, musste einfach ein krasser Typ sein und möglichst oft "Scheiße" sagen. So einem verzeiht man das.

Mit dem gebrochenen Draufgänger aus Duisburg hat der gebürtige Berliner George Fernsehgeschichte geschrieben. Anders als die distinguierten, abgeklärten Herren, die vor und neben ihm in deutschen Krimis ermittelten, verkörperte er 1981 erstmals einen schnodderigen Cop, der mit lockeren Sprüchen, harten Prügeleien und reichlich Bier auf Verbrecherjagd geht.

Götz George: Sein Leben in Bildern

Ein schöner Kommissar

Götz George in "Polizeiinspektion 1"

"Was quatschst du mich so blöd an, du Spießer, nur weil ich 'ne Fahne habe?", raunzte der attraktive Kommissar sein Gegenüber einmal an.

29 "Schimmi"-Folgen liefen zwischen 1981 und 1991 im Rahmen der ARD-Krimireihe "Tatort". Zweimal war er im Kino zu sehen und 1997 widmete das Erste seinem erfolgreichen Helden eine eigene Reihe mit dem Kult-Logo "Schimanski". Der war zwar inzwischen Rentner und hatte einen Gang zurückgeschaltet, aber immer noch ein Straßenfeger. Allein die erste Folge "Die Schwadron" sahen fast 13 Millionen Menschen. Im Jahr 2013 war dann Schluss damit, nach 48 Folgen.

Trotzdem hat sich George nie gern in die Krimischublade stecken lassen.

Zwischen Grauen und Lachen

Mit Ehrgeiz, Spielfreude und unglaublicher Vitalität profilierte er sich in seiner langen Karriere als einer der vielseitigsten deutschen Schauspieler. Er spielte den KZ-Arzt Josef Mengele ("Nichts als die Wahrheit") und einen an Alzheimer erkrankten Busfahrer ("Mein Vater"), einen Taschendieb ("Das Trio") und einen blinden Klavierlehrer ("Der Novembermann"), einen Öko-Aktivisten ("Lüg weiter, Liebling") und einen todgeweihten Staatsanwalt ("Nacht ohne Morgen").

Eine seiner berühmtesten Rollen hatte er als homosexueller Massenmörder Fritz Haarmann in "Der Totmacher", der 1995 das Filmfestival von Venedig eröffnete. Zugleich bewies er in Helmut Dietls Satiren "Schtonk!" und "Rossini" sein ausgeprägtes, anfangs aber nur selten abgefragtes komödiantisches Talent.

Der lange Schatten des Vaters

"George", der Film über seinen legendären, wegen seiner Karriere in der Nazi-Zeit aber auch umstrittenen Schauspieler-Vater Heinrich George (1893-1946), aber machte deutlich, wie sehr der Sohn zeitlebens von dem "Übervater" geprägt war - und getrieben. "Du hast mich halt immer überholt. Du warst halt immer besser, besessener", sagte George in einer ARD-Dokumentation anlässlich seines 75. Geburtstages im Jahr 2013 an die Adresse seines toten Vaters. Von der Lieblingsrolle des Vaters, Goethes "Götz von Berlichingen", hatte er übrigens auch seinen Vornamen.

Mit elf Jahren auf die Bühne

Der kleine Götz ist acht, als der Vater in sowjetischer Gefangenschaft stirbt. Für ihn und den älteren Bruder Jan wird die Mutter Berta Drews zur zentralen Bezugsperson. Selbst Schauspielerin, weckt sie auch in ihrem "Putzi", wie sie den Sohn bis an ihr Lebensende nennt, die Liebe zum Theater. Mit elf steht er erstmals auf der Bühne, mit 15 hat er neben Romy Schneider seinen ersten Filmauftritt in der Romanze "Wenn der weiße Flieder wieder blüht". 40 Hauptrollen auf der Bühne und 120 Kino- und Fernsehfilme folgen - angefangen von den Karl-May-Abenteuern in den 1960er Jahren bis zum ARD-Krimidrama "Böse Wetter", das noch nicht ausgestrahlt ist.

Seine physische und psychische Präsenz, seine Wandlungsfähigkeit und sein Rollenverständnis trugen ihm immer wieder gute Kritiken ein. "Ich muss die Figuren inhalieren, anders kann man es gar nicht sagen, ich inhaliere sie, ohne intellektuell darüber nachzudenken", verriet er einmal.

1998 im ZDF: Gottschalk doziert, George nähert sich dem Siedepunkt, Corinna Harfouch denkt sich was

Zu den Medien hatte George trotz seines Erfolgs ein gespanntes Verhältnis; dem Fernsehen warf er mal vor, "nur noch auf Kohle und Quote" zu schauen. Legendär sein Zoff mit Thomas Gottschalk in der ZDF-Sendung "Wetten, dass..?" 1998. Der 1A-Mime warf dem 1A-Moderator Unwissenheit vor und bezeichnete ihn als "Oberlehrer", die Zuschauer pfiffen. Echte Emotionen oder Inszenierung? Fast egal, auf jeden Fall war es George pur.

Dann doch lieber Sardinien

Auch wenn es fünf Jahre später eine medienwirksame Versöhnung gab - Georges Kritik war durchaus ernst gemeint. Er sei in Deutschland nur mehr zum Arbeiten und Steuern zahlen, wie er einmal sagte.

Seit 1997 ein Paar: George und die Journalistin Marika Ullrich

Ansonsten zog er sich mit seiner gut 20 Jahre jüngeren Lebensgefährtin Marika Ullrich in sein Refugium auf Sardinien zurück. Schlagzeilen machten ein schwerer Badeunfall 1996 und eine Herzoperation 2007. Vor knapp zwei Jahren verkündete George, er wolle sich weitgehend aus dem Filmgeschäft zurückziehen.

"Ich möchte gerne nach 65 arbeitsreichen Jahren Feierabend machen", sagte der damals 76-Jährige der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Es sei einfach zu viel Stress. So machte er sich in den Öffentlichkeit rar, drehte nur noch wenig und erfüllte sich selbst einen Wunsch.

"Auf der Bühne, wie es bei Schauspielern immer heißt, will ich sicher nicht sterben."

Götz George


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Kommentieren

Realo Ost, Montag, 27.Juni 2016, 19:13 Uhr

14. Machs gut!

Götz George war wie ein guter Wein. Im Alter wurde er immer besser. Wir werden ihn nicht vergessen, er war ein großartiger Schauspieler und, was heutzutage Seltenheit besitzt, ein Mensch mit Rückgrat.

Sachsendreier, Montag, 27.Juni 2016, 19:10 Uhr

13. Ein letztes Danke einem großen Schauspieler.

Schade! Sein Tod kam total überraschend, denn er wirkte immer jünger, als er es war. Er hat noch in seinem letzten "Tatort" den agilen Schimanski tatkräftig und überzeugend gegeben! Aber auch in seinen anderen Rollen wird er unvergessen bleiben.

Franz, Montag, 27.Juni 2016, 18:24 Uhr

12. Nach Thanner nun auch Schimmi

Nun hat es auch den großen Götz George erwischt. Nach der Tatort-Rolle wurde er noch besser und hat sich bei den Großen eingereiht.

Nach Thanner ist nun auch Schimmi gegangen. Scheiße !

Jeckle Georg, Montag, 27.Juni 2016, 15:29 Uhr

11. zum Tot von schimmi

er war ein toller mensch den wir heute leider in dem schowre nicht mehr treffen werden ,schon sein Vater war exilent er möge das ewige leben in dem Umfeld haben das er so gerne gespielt hat

mc, Montag, 27.Juni 2016, 13:23 Uhr

10. Traurig

Götz George war ein toller und begnadigter Schauspieler.
Ich fand Götz George absolute spitze in dem Film "Rossinis", mit all' den anderen wunderbaren Schauspielern.
Und es stimmt, Typen wie er fehlen. Die Art einfach geradeaus zu sein..