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Prinzip Anti-Programm

Stand: 20.01.2009 | Archiv

Gerhard Polt (Aufnahme von 1988) | Bild: picture-alliance/dpa

Wie bei Samuel Beckett ist auch bei Polt ganz wichtig, dass etwas nicht passiert. Beim irischen Stückeschreiber wird vergeblich auf Godot gewartet, in der ersten Folge von "Fast wia im richtigen Leben" kommt Rudi Löhlein trotz Ankündigung nicht. Polt in seiner Ansage: "Mein Bekannter, der Rudi Löhlein, der wollte Sie auch begrüßen, aber er ist noch nicht da, Sie sehen's ja jetzt, aber er hat g'sagt, er kommt auf alle Fälle, das hat er mir persönlich zugesichert." Nun, Löhlein kommt nicht.

Nicht-Ereignis als Ereignis

Was es heißt, ein Nicht-Ereignis auf die Bühne zu bringen, bekommt auch das ZDF zu spüren. 1979 kürzen Redakteure einen TV-Beitrag Polts, der darin Friedrich Zimmermann "Old Schwurhand" nennt, eine Anspielung auf einen Meineid des späteren Bundesinnenministers.

"Der Rudi Löhlein, der wollte Sie auch begrüßen, aber er ist noch nicht da."

Polt rächt sich für die Zensur ein Jahr später, als ihm der Deutsche Kleinkunstpreis verliehen wird. Im ZDF soll er eine Rede dazu halten. Das Ergebnis: 25 Minuten Schweigen oder Sätze wie "Fünf Minuten sind schon vorbei, jetzt kommen noch mal fünf Minuten".

Wer Polts Grimassen kennt, kann sich leicht vorstellen, wie saukomisch gerade seine Art der Verweigerung ist. Das ZDF ist dennoch so bedient, dass es die Verleihung des Kleinkunstpreises über Jahre hinaus nicht mehr überträgt. Solche Momente sind es, die Polt zu der Erkenntnis führten, die Ironiebegabung sei hierzulande nicht sonderlich ausgeprägt.

Franz Josef Strauß tobt

Dieter Hildebrandt, Gerhard Polt

Der nächste Paukenschlag folgt 1982, diesmal in der ARD: Müller, Polt, Schneeberger und Dieter Hildebrandt verfassen die Sendung "Unser Rhein-Main-Donau-Kanal". In diesem aberwitzigen Kabarett-Stück kritisieren sie den geplanten Kanalbau als sinnlos und prangern die Naturzerstörung an.

Die Bayerische Staatsregierung, deren Mitglieder fast alle im Aufsichtsrat der Rhein-Main-Donau-AG sitzen, findet das weniger witzig, Ministerpräsident Franz Josef Strauß tobt. In der Folge davon droht das Bayerische Fernsehen damit, sich künftig aus der Übertragung von Hildebrandts ARD-Kabarettsendung "Scheibenwischer", in der Polt regelmäßig auftritt, auszublenden – und macht die Drohung vier Jahre später wahr.


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