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Flüchtlingsdebatte Wo ist eigentlich die Opposition?

Flüchtlinge: Kein Thema bewegt die Menschen in Deutschland mehr als dieses. Doch in allen Diskussionen dazu ist die Stimme der Opposition kaum zu vernehmen. Warum eigentlich? Von Janina Lückoff

Von: Janina Lückoff

Stand: 04.09.2015 | Archiv

Gysi und Göring-Eckardt | Bild: picture-alliance/dpa; Montage: BR

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Göring-Eckardt hat klare Forderungen an die Bundesregierung, wie die der Flüchtlingssituation begegnen soll:

"Wir wollen dafür sorgen, dass es mehr Erstaufnahmekapazitäten gibt, dass der Bund hier endlich seiner Verantwortung nachkommt ... Wir wollen dringend, dass beim Bundesamt für Migration und flucht endgültig genügend Personal arbeitet. Es braucht mehr an Integration. Wir wollen, dass die Integrationskurse sofort geöffnet werden. ... Es geht uns darum, dafür zu sorgen, dass die Kommunen entlastet werden."

Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt

Bundesinnenminister de Maizière von der CDU hat klare Vorstellungen davon, wie er der Flüchtlingssituation begegnen will.

"Deswegen ist der Schlüssel für schnellere Asylverfahren mehr Erstaufnahmeplätze ... Wir werden mehr Stellen brauchen für das BAMF, wir werden mehr Stellen für die Bundespolizei brauchen, wir werden mehr Geld brauchen für die Integrationskurse ... Dann werden auch die Finanzfragen gerade für die Kommunen für das kommende Jahr und die Folgejahre positiv entschieden."

Bundesinnenminister Thomas de Maizière

 Schwarz-Grüne Einigkeit

Schwarz-grüne Einigkeit. Und das nicht nur auf den Pressekonferenzen, sondern auch im gerade von den Grünen vorgelegten Fünf-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik. Die Themen Flüchtlinge, Migration und Integration sind seit jeher Kernthemen der Grünen. Sich nun damit zu profilieren, gelingt ihnen aber nicht: Seit Juli, also seit Beginn des enormen Flüchtlingszulaufs nach Deutschland, verharrten die Grünen in den Umfragewerten bei elf Prozent; im aktuellen ARD-Deutschlandtrend können Sie lediglich einen Prozentpunkt dazugewinnen. Das war schon mal anders, nach der Atomkatastrophe von Fukushima beispielsweise, als mit dem Aspekt "Erneuerbare Energien" ebenfalls ein Kernthema der Grünen getroffen war. Damals schnellten die Umfragewerte auf bis zu 24 Prozent hoch.

"Ehrlich gesagt, geht es bei diesen Punkten in der Flüchtlingspolitik nicht um Profilierung. Es geht darum, dass diese Menschen hier gut aufgenommen werden. Und es geht darum, dass das, was die Bundesregierung verschlafen hat über Monate und über Jahre, klar zu machen, um welche Zahlen es geht, um welche Menschen es geht, jetzt aufzuholen, darum geht es und nicht um eine Profilierung."

Fraktionschefin Göring-Eckardt

Regierung, Grüne, Linke fordern mehr Geld für Kommunen

Die zweite Oppositionspartei, die Linke, scheint das ähnlich zu sehen: Auch sie fordert unter anderem, Flüchtlingen einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, eine bessere Integration von Asylbewerbern und, so Fraktionschef Gysi im Bundestag, mehr Geld vom Bund für Städte und Gemeinden.

"Und die Kommunen müssen endlich entlastet werden."

Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken. 

Auch das also Forderungen wie bei den Grünen, die den Plänen der Regierungskoalition kaum entgegenstehen.

Ein Unterschied zur Regierung: Präsenz zeigen

Einen deutlichen Unterschied zwischen Regierung und Opposition gibt es aber in der Flüchtlingsfrage: Während Bundeskanzlerin Merkel erst auf öffentlichen Druck hin ein Flüchtlingsheim besucht hat, zeigen Vertreter von Grünen und Linken dort deutliche Präsenz, zum Beispiel Linken-Fraktionschef Gysi, seine Parteikollegin Lötzsch, sein Stellvertreter Bartsch und der Grünen-Chef Özdemir.

"Ich habe letzte Woche drei besucht in meinem Wahlkreis. Natürlich mache ich sowas. Das ist doch selbstverständlich."

Gregor Gysi

"Also, ich war in der vergangenen Woche mit einer Studienreise auf dem Balkan unterwegs."

Gesine Lötzsch

"Und wer wie ich einmal in so einem Flüchtlingslager mit über 80.000 Flüchtlingen war ..."

Dietmar Bartsch

"Ich fahre da hin. Und ich fordere alle auf, die heute nichts Dringenderes zu tun haben, mitzukommen nach Heidenau."

Cem Özdemir

Beide Oppositionsparteien setzen also auf Signalwirkung statt auf Profilierung - und die scheint bei den Bürgern anzukommen. Laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend ist die Zahl der Flüchtlingsgegner in Deutschland noch einmal gesunken. Dabei könnten vor allem die Grünen, die an neun der 16 Länderregierungen beteiligt sind, bundespolitische Vorhaben im Bundesrat blockieren, wie die von der Union angestrebte Ausweitung des Status der sicheren Herkunftsländer auf weitere Staaten. Der grüne Ministerpräsident Kretschmann aber hat hier erneut Zustimmung signalisiert.


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