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Königsteiner Schlüssel Flüchtlinge werden gerechter verteilt

Die Solidarität der Bundesländer funktioniert langsam aber sicher besser: Bayern hatte bislang deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als die anderen Bundesländer. Mittlerweile geht es gerechter zu.

Von: Lorenz Storch

Stand: 09.10.2015 | Archiv

Ein Flüchtling mit einer BVB-Mütze wartet am 23.9.2015 in Berlin mit anderen Flüchtlingen auf dem Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales hinter einem Absperrgitter | Bild: dpa-Bildfunk/Paul Zinken

Eigentlich ist es völlig klar, welches Bundesland in Deutschland welchen Anteil der ankommenden Flüchtlinge aufzunehmen hat. Geregelt im so genannten "Königsteiner Schlüssel" - eine Vereinbarung unter den Bundesländern, nach denen sie Lasten aufteilen. Gewichtet nach ihrem Anteil am Steueraufkommen und an der Bevölkerung. Bayern müsste demnach nur etwas mehr als 15 Prozent der Ankommenden beherbergen. In der Realität aber tut Bayern deutlich mehr - bescheinigt auch der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Tobias Plate.

Bayern über Soll

"Ob's einem gefält oder nicht: Es ist einfach so, dass die Menschen Deutschland ganz überwiegend über das Land Bayern betreten haben. Dann ist damit auch schon gesagt, dass Bayern ganz sicher zu den Ländern gehört, die - jedenfalls mit Stand heute - mehr Flüchtlinge untergebracht haben zunächst als das der Königsteiner Schlüssel vorgesehen hätte."

Tobias Plate, Sprecher des Bundesinnenministeriums

Bis zu 20.000 Flüchtlinge mehr als eigentlich vorgesehen hat Bayern noch vor einigen Wochen beherbergt. Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter etwa hatte sich bitter beklagt über die fehlende Solidarität der anderen Bundesländer. Inzwischen aber funktioniert es langsam, aber sicher besser: In kleinen Schritten zumindest kann Bayern seinen Überhang bei der Flüchtlingszahl abbauen. Was auch Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann durchaus anerkennt:

"Jeder muss in Deutschland seine Quote erfüllen. Im Moment, diese Woche, funktioniert das aber wieder ordentlich, das will ich ausdrücklich sagen."

CSU-Innenminister Joachim Herrmann

Vergangene Woche waren in Bayern noch 17.000 Flüchtlinge über Soll untergebracht, diese Woche sind es 16.500. Diese Zahl soll weiter sinken - nicht, indem bereits in Bayern verteilte Flüchtlinge weitergeschickt werden, sondern indem neu angekommene Menschen über den Verteilschlüssel hinaus in andere Bundesländer gehen. Dass die Aufnahme außerhalb des Freistaats langsam besser funktioniert, hat nach Einschätzung des bayerischen Innenministeriums auch damit zu tun, dass seit 21. September ein Spitzenbeamter des Bundes die Koordination übernommen hat.

"Der [Spitzenbeamte] versucht jeden Tag, Seite an Seite mit dem bayerischen Sozialministerium, das sogenannte Ankunftsgeschehen so in den Griff zu bekommen, dass er eine Verteilung auf die Bundesländer vornimmt und der Wunsch der Ministerpräsidenten und des Bundes ist, diese Verteilung sukzessive immer weiter an die Quoten anzunähern, die der Königsteiner Schlüssel vorsieht."

Tobias Plate, Sprecher des Bunesinnenministeriums

Einige Bundesländer angeblich unter Soll

Erreicht ist dieses Ziel noch nicht. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks ist es nach wie vor vor allem Niedersachsen, das weniger Flüchtlinge aufnimmt als vorgesehen - aktuell 6.000 unter Soll. Und auch die ostdeutschen Bundesländer bringen nach BR-Informationen bisher insgesamt 10.000 Asylsuchende weniger unter, als es ihre Pflicht wäre. Und da kommen dann die sogenannten bayerischen "Notwehrmaßnahmen" ins Spiel.

Herrmann droht mit Flüchtlingstransporten

"Dazu gehört, dass wir uns natürlich vorbehalten müssen, wenn es Bundesländer gibt, die ihre Quote nicht erfüllen, dass wir notfalls Flüchtlinge dorthin fahren ohne deren Zustimmung."

CSU-Innenminister Joachim Herrmann

Was allerdings nicht ganz einfach werden dürfte. Die Deutsche Bahn jedenfalls weigert sich, Flüchtlings-Sonderzüge einzusetzen, wenn nicht gesichert ist, dass die Passagiere am Zielort auch aufgenommen werden.


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