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Unbedingt abwehrbereit EU soll zu Hort der Sicherheit werden

Wozu auch mehr gemeinsame Anstrengungen bei Militär und Verteidigung zählen sollen. Auch beim EU-Gipfel am Freitag dürfte das Thema eine Rolle spielen.

Von: Kai Küstner

Stand: 15.09.2016

Symbolbild: Fahne einer starken EU | Bild: picture-alliance/dpa/Jens Kalaene

Die anti-europäischen Populisten machen sich die Ängste der Menschen zunutze und schüren diese noch – so lautet die allgemeine Diagnose. Die EU wird nun versuchen, dem entgegenzuwirken, indem sie all den Verunsicherten einimpft: "Europa ist sehr wohl in der Lage, Euch zu schützen. Besser sogar als Euer Heimatstaat allein." Bei EU-Kommissionschef Juncker hörte sich das in seiner Rede zur Lage der Union so an:

"Ein Europa, das beschützt, ist ein Europa, das sich verteidigt. Nach innen genauso wie nach außen."

Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionsschef

Wozu Juncker zufolge der Kampf gegen den Terrorismus im Inneren genauso gehört wie die Bündelung von Kräften bei der Verteidigung nach Außen. Zahlreiche Militär-Missionen weltweit – ob gegen Waffen-Schmuggler und Menschen-Schlepper im Mittelmeer gerichtet oder gegen Piraten vor Somalia – betreibt die EU bereits.

"Für all diese Operationen brauchen wir ein gemeinsames Hauptquartier."

Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionsschef

Juncker liegt damit voll auf der Linie von Berlin und Paris: Verteidigungsministerin von der Leyen und deren französischer Kollege Le Drian hatten in einem Anfang der Woche veröffentlichten Papier genau das vorgeschlagen. Nun sei auch der Zeitpunkt gekommen, die unkoordinierte Geldverschwendung bei den Rüstungs-Ausgaben zu stoppen, meint der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament Elmar Brok. Schließlich würden die Einzel-Staaten in Europa mehr als 200 Milliarden Euro pro Jahr für das Militär aufwenden, so Brok im ARD-Hörfunk-Interview:

"Das ist mehr als Russland. Wir haben auch mehr Soldaten als Amerika - aber das Ergebnis ist ein Desaster."

Elmar Brok, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament 

Auch wenn sich alle einig sind, dass man von einer echten EU-Armee wohl noch Jahrzehnte entfernt ist – genauso einhellig scheint man in Europa der Meinung zu sein, dass die EU militärisch mehr Gewicht in die internationale Waagschale werfen muss. Was aus Sicht Junckers übrigens auch für die Diplomatie gilt:

"Schauen Sie sich den Konflikt in Syrien an – dessen Auswirkungen bekommt Europa zu spüren. Aber wo ist die EU, wenn es um eine friedliche Einigung geht?"

Jean-Claude Juncker

Den Ton bei den Syrien-Verhandlungen geben - anders als bei den Iran-Atomgesprächen - in der Tat die USA und Russland an. Juncker wünscht sich deshalb nicht nur, die EU-Außenbeauftragte Mogherini zu einer echten "EU-Außenministerin" aufzuwerten, sondern auch eine wichtigere Rolle für sie - und damit für Europa - bei den Syrien-Friedensgesprächen. Beides findet auch der EU-Parlamentarier Arne Lietz von der SPD dringend notwendig:

"Es kann nicht sein, dass die EU sich dazu degradiert, sich lediglich mit den Folgen des Konflikts auseinanderzusetzen – anstatt die Fluchtursachen zu bekämpfen."

Arne Lietz, EU-Parlametarier (SPD)

Die "Linke" im EU-Parlament warnt hingegen bereits vor einem Militarisierungs-Schub der EU. Unübersehbar ist jedenfalls, dass die Europäer das Thema Sicherheit ausfindig gemacht haben auf der Suche nach Feldern, auf denen sich überhaupt Einigkeit in der so brüchig gewordenen Union erzielen ließe.

Mit dazu beigetragen hat ganz sicher auch das Brexit-Votum der Briten: London hatte "mehr Europa" in Sachen Verteidigung stets - mit Verweis auf die NATO - blockiert. Doch die Zeit der Rücksichtnahme auf die Briten scheint vorbei.


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Thomas, Donnerstag, 15.September 2016, 11:41 Uhr

1. Juncker ist der denkbar schlechteste Reformer.

Alles was von ihm ausgeht endet meistens in mehr Bürokratie und weniger Handlungsfähigkeit. Mehr noch als das, ist es wieder das gleiche Bild das er unablässig bemüht. Mehr Europa und damit mehr Abgabe an Souveränität an die EU, mehr Bevormundung durch die EU Bürokraten und es ist eben genau das was die meisten Menschen nicht wollen weil nach Außen wie auch im Innern der EU der Mangel an parlamentarischer Führung und auch Legitimation durch das Europa-Parlament nicht in Erscheinung tritt.

Herr Juncker steht wie kein andere vor ihm für das Bild des EU Zentralstaates den so viele ablehnen. Herr Martin Schulz wäre der bessere Reformer, auch wenn er sich nicht unbedingt mehr Beliebtheit erfreuen kann als Herr Juncker, dennoch ist Herr Schulz der Präsident des EP und hat bessere Vorschläge als Herr Juncker weil diese nicht die Kommission sondern das Parlament in seinem Machtzuschnitt stärken würden.

Es geht nicht nur um Sicherheit, es geht auch um mehr (direkte) Demokratie in der EU.

  • Antwort von Erich, Donnerstag, 15.September, 13:27 Uhr

    @Thomas,

    wenn ich Sie richtig verstehe, ist es besser, einen erfolglosen, pleite gegangenen Buchhändler aus Würselen an die Spitze zu setzen, als einen ehem. Finanzminister Luxemburgs, der mit Steuertricks den anderen Eu-Staaten die fälligenSteuern von Milliadären geklaut hat.

    Interessant!

  • Antwort von Thomas, Donnerstag, 15.September, 14:16 Uhr

    @Erich, ehrlich gesagt wäre mittlerweile jeder besser als der Herr Juncker wenn er nur mehr Überzeugungskraft und Reformfähigkeit hätte als er. Ihre Beschreibung von Herrn Juncker trifft vollkommen zu.

    @Korrektur zu einem eigenen Kommentar: es müsste richtig lauten "... der Mangel an parlamentarischer Führung und auch Legitimation durch das Europa-Parlament in Erscheinung tritt.".

  • Antwort von Erich, Donnerstag, 15.September, 15:23 Uhr

    @Thomas,

    meiner Meinung nach, gehört keiner von Beiden an die Stelle. Die jetztige Führungsklicke der EU ist eine Katastrophe.