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Der Check Woran erkennt man ein gutes Pflegeheim?

Denkt man an das Leben im Alter, so fällt häufig der Satz: bloß nicht ins Heim! Zu dominierend waren in den letzten Jahren die Negativschlagzeilen – zu groß die Kritik an der Pflegebranche. Wie also ein gutes Pflegeheim finden?

Von: Viola Nowak

Stand: 12.05.2016

Impressionen von einer Pflegestation | Bild: BR

Laut der neusten Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) vertrauen nur etwa fünf Prozent der Bürger den per Gesetz erforderlichen Pflegenoten für ein Heim, betiteln sie gar als ausdrücklich "ungeeignet". Und doch wird so mancher früher oder später in einem Heim untergebracht werden müssen. 

In Bad Endorf zu Gast

"mehr/wert" wollte einmal einen ganz persönlichen Eindruck von einem Pflegeheim gewinnen. Unterstützung erhalten wir von Deutschlands bekanntestem Pflegekritiker Claus Fussek. Gemeinsam mit ihm waren wir im Katharinenheim in Bad Endorf zu Gast. Im vergangenen Jahr wurde das Haus Katharina vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (kurz MDK) mit einer 1,3 bewertet. Doch was steckt hinter so einer Zahl?

Unser Check:

  • Unterkunft
  • Pflege
  • Freizeitangebot
  • Essen
  • Extras

Die Unterkunft:

Das Haus Katharina gibt es schon seit 1920. Trotzdem liegt es preislich eher im höheren Segment: für Pflegestufe 0 werden 2.144,40 Euro verlangt, 3.618,90 Euro sind es bei Pflegestufe 3. Der erste Eindruck ist freundlich und hell. Claus Fussek empfiehlt, seinem ersten Eindruck zu vertrauen: Wie ist die Atmosphäre, wie der Geruch? Gibt es Blumen, halten sich die Bewohner bei schönem Wetter im Garten auf? Eher negativ fallen dem Pflegeexperten die zahlreichen Doppelzimmer auf: Claus Fussek kritisiert die fehlende Privatsphäre und die geringe Lebensqualität, wenn man mit einem schwer pflegebedürftigen Menschen das Zimmer teilen muss. Immerhin sind bereits Umbauten geplant: in den nächsten fünf bis acht Jahren will Heimleiter Thomas Gögerl die Quote von 75 Prozent Einzelzimmer erfüllt haben.

Die Pflege:  

Dem Katharinenheim ist es ein Anliegen, einen bestmöglichen Personalschlüssel zu haben. Er liegt bei einem Durchschnittssatz von 1 zu 2,4 plus pflegestufenunabhängigem Personal. Positiv ist immer zu bewerten, wenn neben der täglichen Grundversorgung auch einmal für individuelle Wünsche Zeit ist, zum Beispiel ein Wohlfühlbad. Altenpflegerin Marianne Rödig ist es sehr wichtig, auf den einzelnen Bewohner und seine Bedürfnisse eingehen zu können. Dank der Unterstützung der Kollegen ist das im Katharinenheim möglich.

Das Freizeitangebot:   

Jede Woche arbeitet die Gerontofachkraft Burgi Glatzl einen Plan für die Senioren aus und mischt die Gruppen dann auch mit den Gästen der Tagespflege. Das sorgt für Austausch und immer neuen Input. Auf dem Programm stehen Bewegungstherapien, Gedächtnistraining, eine Erzähl- und Schreibwerkstatt oder kreative Angebote wie Seidenmalerei oder Gartenarbeit. Aber auch alltägliche Dinge wie Kuchen backen oder Wäsche zusammenlegen tun den Bewohnern gut. Das Highlight sind die regelmäßigen Besuche des angrenzenden Katharinenheim-Kindergartens: die Begegnung mit den Kindern ist etwas Besonderes – ihre Offenheit bringt Leben ins Heim.

Das Essen:    

Die Mahlzeiten werden im Aufenthaltsraum der jeweiligen Wohneinheiten eingenommen. Möglichst jeder Bewohner soll an dem gemeinsamen Essen teilnehmen und wird dafür abgeholt und wieder zurück gebracht. Es ist auch möglich, auf dem Zimmer zu essen, aber das wird nur wenig in Anspruch genommen. Im Katharinenheim wird selbst gekocht – Einrichtungen in der Umgebung sogar mit angeliefert. Auf dem Speiseplan zum Mittagessen stehen jeden Tag Suppe, zwei Hauptgerichte zur Auswahl und eine Nachspeise.

"Es sind Menschen da, die sich kümmern. Ich hab in vielen Heimen erlebt, dass man das Gefühl hat, da werden die Leute abgefüttert, da ist kein Mitarbeiter da, die Leute sind sich selbst überlassen, da wird das Essen hingestellt und wer nicht gegessen hat, da wird halt abgeräumt."

Claus Fussek

Das Extra: Der Sozialpädagogische Fachdienst

Viel zu selten würden sich Häuser einen solchen Dienst leisten, kritisiert Claus Fussek. Dabei ist er in seinen Augen so elementar: jemand, der sich um die verschiedene Belange von Angehörigen, Personal und Heimbewohnern kümmert. Im Katharinenheim übernimmt diese Aufgaben Nadja Stiels. Sie berät bei Behördenkorrespondenzen, Anträgen oder Vormundschaften. Und immer wieder müssen kreative Lösungen für allerlei Sonderprobleme gefunden werden. Dass sich hier ein sozialer Dienst kümmert, entlastet das Pflegepersonal und nimmt Druck von den Angehörigen. Für Fussek ist es unerklärlich, dass sich nur wenige Heime einen solchen Dienst leisten.

Fazit:

Kein Pflegeheim ist ohne Mängel. Doch wenn man mit offenen Augen durch eine Einrichtung geht, gerne mehrmals und unangemeldet, dann merkt man schnell, was für ein Ton herrscht. Ob das Personal überfordert ist oder sich selbst kreativ einbringen kann. Ob die Leitung gewinnorientiert arbeitet oder offen für neue und kreative Lösungen ist. Gute, menschenwürdige Pflege ist machbar. Daran sollte man immer denken.   

Weitere Kontakte:
Katharinenheim
Katharinenheimstr. 18-20
83093 Bad Endorf
Tel: 08053 / 406-0
Claus Fussek
Vereinigung Integrations-Förderung e.V.
Klenzestraße 57 c / 2. Hof
80469 München
Telefon: 089 / 309 04 86 - 0


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