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Karlsruhe entscheidet Kommt das NPD-Verbot?

Ob es in Karlsruhe für ein Verbot der NPD reicht, ist kurz vor dem Urteil ungewiss. Am Für und Wider scheiden sich seit Jahren die Geister. Zuletzt wuchs die Skepsis, ob das Bundesverfassungsgericht die kleine rechtsextremistische Partei mit der Verbotskeule erschlägt.

Von: Jürgen P. Lang

Stand: 17.01.2017 | Archiv

Der Präsident des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, verliest am 13.10.2016 in Karlsruhe (Baden-Württemberg) im Verhandlungssaal des Gerichts die Entscheidung. | Bild: picture-alliance/dpa/Uwe Anspach

Dass auch das zweite Verbotsverfahren scheitert, ist nicht unwahrscheinlich. Denn die Schwelle für ein Parteiverbot liegt hoch. Das Bundesverfassungsgericht hatte beim KPD-Urteil in den 1950er Jahren eine "aggressiv-kämpferische Haltung" zur Voraussetzung für ein Verbot gemacht. Die NPD ist ohne jeden Zweifel eine rechtsextremistische Partei, doch die Demokratiefeindschaft allein reicht für ein Verbotsurteil nicht aus.

Massiver Eingriff in die Grundrechte

Zentrales Argument der Verbotsgegner: Eine Partei zu eliminieren, bedeute einen massiven Eingriff in die Grundrechte und sei nur mit ihrem starken politischen Einfluss zu rechtfertigen. Anders ausgedrückt: Fehlt die Verhältnismäßigkeit, kann ein Parteiverbot der Demokratie mehr schaden als die zu verbietende Partei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in letzter Zeit ähnlich argumentiert: Es müsse eine reale (und nicht bloß abstrakte) Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorliegen.

Contra

Dies ist bei der NPD in der Tat kaum der Fall. Sie ist eine Partei im Niedergang. Im rechtsextremistischen Lager geben mittlerweile andere Akteure den Ton an. Deren Gefährlichkeit ist weit eher gegeben - gerade weil sie sich nicht nur in einer zu gewisser Offenheit gezwungenen Partei organisieren, sondern auch in loseren, nur schwer kontrollierbaren Strukturen.

"Während sie auf der Straße neue Neonazi-Parteien wie Der Dritte Weg oder Die Rechte bzw. neue Organisationsformen wie Pegida und die Identitäre Bewegung unter Druck setzen, hat ihr die AfD an der Wahlurne längst den Rang abgelaufen."

Marc Brandstetter, NPD-Experte bei Endstation Rechts

Pro

Die Befürworter eines Verbots argumentieren unter anderem damit, Karlsruhe solle ein Signal gegen Rechtsextremismus setzen. Zudem sei die NPD keineswegs gesellschaftlich einflusslos. Auch aufgrund ihrer Ziele sei ein Verbot gerechtfertigt:

"Die NPD plant mit der Vertreibung von Millionen Menschen Staatsverbrechen. Solche Positionen sind in einem demokratischen Parteienwettbewerb nicht tolerabel."

Steffen Kailitz, Extremismusexperte am Hannah-Arendt-Institut Dresden

Im Falle eines Verbots verlöre die NPD ihr gesamtes Vermögen ebenso wie ihre Mandate. Auch die Unterorganisationen der Partei wären verboten.

Der gescheiterte erste Anlauf

2003 scheiterte der erste Anlauf, obwohl Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung das Verbot der NPD mit der Wucht gleich dreier Anträge gleichsam erzwingen wollten. Doch das Bundesverfassungsgericht stellte das Verfahren ein. Es hätten zu viele V-Leute des Verfassungsschutzes in den Vorständen der NPD gesessen. Deren Aussagen seien von zweifelhafter Beweiskraft. Dem aktuellen Verbotsantrag des Bundesrats hatten sich Bundesregierung und Bundestag - anders als beim ersten Verbotsverfahren - nicht angeschlossen.


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