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Bundesteilhabegesetz verabschiedet "Weniger verhindern, mehr möglich machen"

Weniger verhindern, mehr möglich machen – so umschrieb Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles das neue Bundesteilhabegesetz. Weniger Fürsorge, mehr Leistung für behinderte Menschen soll es bringen. Nahles freute sich, dass die Koalition zusätzliche Finanzmittel erstreiten konnte.  

Von: Tanja Oppelt

Stand: 01.12.2016

Toilette für Menschen mit Handicap | Bild: picture-alliance/dpa

Weniger verhindern, mehr möglich machen – so umschrieb Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles das neue Bundesteilhabegesetz. 800 Millionen Euro pro Jahr gibt der Staat künftig mehr für die Behindertenhilfe aus. Für die Linksfraktion ist das nicht genug. Fraktionschef Dietmar Bartsch warf der Koalition vor, das Gesetz nur unter der Vorgabe Kostendeckung diskutiert zu haben.

"Sie schränken die Rechte von Behinderten ein, weil sie Kosten sparen wollen. Da helfen auch die 800 Millionen nicht, die im System verschwinden werden."

Dieter Bartsch, Fraktionschef die Linke

Behinderte Menschen dürfen künftig mehr ansparen

Die Kommunen warnen dagegen vor einer neuen Kostendynamik. Tatsächlich kann der Staat künftig weitaus weniger auf das Geld der Betroffenen zurückgreifen. Schwer behinderte Menschen durften bisher kaum sparen, nur 2.600 Euro waren erlaubt. Künftig liegt der Freibetrag bei denjenigen, die berufstätig sind, bei knapp 28.000 Euro, ab 2020 bei 50.000 Euro.

Außerdem darf das Vermögen von Ehe- und Lebenspartnern nicht mehr mit herangezogen werden. Das Teilhabegesetz soll auch mehr Behinderten einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Arbeitgeber bekommen dafür einen Lohnzuschuss von bis zu 75 Prozent.

Zwangsumzug ins Heim?

Heikel war das Thema Wohnen. Die Verbände fürchteten, dass Menschen dazu gezwungen werden könnten, ins Heim zu ziehen. Nichts geschieht gegen den Willen der Betroffenen, stellte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion Karl Schiewerling im Vorfeld klar. Heute sagte er, dass behinderte Menschen "im Rahmen der Angemessenheit und der Zumutbarkeit" entscheiden könnten, wie und mit wem sie leben möchten.

Die Opposition befürchtet, dass ein Umzug ins Heim aus Kostengründen nun doch angeordnet werden kann. Wir sind noch lange nicht da, wo wir hin müssen, meinte die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt. Viele Behindertenverbände sehen das ähnlich.

VdK: "Ein Anfang ist gemacht"

Ein Anfang ist gemacht, meinte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Ulrike Mascher. Man müsse sich aber vergegenwärtigen, so Mascher, dass das Gesetz die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sei, die Deutschland unterschrieben habe. Da bleibe das Teilhabegesetz an einigen Punkten noch zurück. Mascher kündigte an, dass die Auseinandersetzung in der nächsten Wahlperiode weiter gehe.

Zuvor muss das Bundesteilhabegesetz aber noch vom Bundesrat verabschiedet werden. Das soll Mitte Dezember geschehen. Dann kann es im Januar in Kraft treten.


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