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Bundesregierung zur Armenien-Resolution Distanzierung - oder doch nicht?

Die Armenien-Resolution des Bundestags sorgt erneut für Aufregung: In einem Medienbericht hieß es, die Regierung wolle auf Druck der Türkei Abstand davon nehmen. Einige Zeit später erklärte der Regierungssprecher: "Davon kann keine Rede sein". Was nun? Eine Analyse von Daniel Pokraka.

Von: Daniel Pokraka

Stand: 02.09.2016

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan | Bild: picture-alliance/dpa

Die Aufregung war groß: Würde die Regierung tatsächlich öffentlich auf Distanz gehen zum Bundestag, zu dem Parlament, das die Kanzlerin wählt und mit seiner Mehrheit die Regierung stützt? Würde die Regierung diesen Bundestag öffentlich brüskieren, indem sie sich von einem fast einstimmigen Beschluss des Parlaments distanziert?

Außenminister Steinmeier hätte dem entsprechenden Bericht des "Spiegels" heute Morgen bei einem Pressetermin sehr früh widersprechen können. Doch er entschied sich, den Bericht weder zu bestätigen noch zu dementieren. Nur so viel: Es gebe zurzeit viele Reibungsflächen mit der Türkei - und es sei auch Aufgabe von Außenpolitik, Reibungsflächen zu vermindern und zu versuchen, die Beziehungen zur Türkei aufrecht zu erhalten. Und weiter sagte Steinmeier, er rede mit der Türkei auch darüber, ob und inwieweit Resolutionen des deutschen Bundestages bindend sind.

"Dazu hat sich der Deutsche Bundestag immer wieder auch selbst geäußert. Erstens, der Deutsche Bundestag hat natürlich jedes Recht und die Freiheit, sich zu politischen Fragen zu äußern. Der Bundestag sagt aber auch selbst, dass nicht jeder Resolution eine rechtliche Bindungswirkung zukommt."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier

Das Dementi kam erst deutlich später - vom Regierungssprecher

Womit Steinmeier lediglich die Position des Bundestags referierte und sich diese zu eigen machte. Doch ein ausdrückliches Dementi des "Spiegel"-Berichts kam erst zweieinhalb Stunden später - von Regierungssprecher Steffen Seiber.

"Da wird fälschlich behauptet, die Bundesregierung wolle sich von der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestags distanzieren. Davon kann überhaupt keine Rede sein."

Steffen Seibert, Regierungssprecher

Merkel dementiert später selbst

Im Fernsehsender RTL sagt Angela Merkel: "Also erst einmal distanziert sich die Bundesregierung überhaupt nicht von dieser Resolution, das will ich ausdrücklich dementieren." Ein Verfassungsorgan wie die Bundesregierung werde sich auch nicht äußern zu dem, was der Bundestag gemacht habe, so Merkel

Und dann auch ein Dementi von Steinmeiers Sprecher

"Herr Steinmeier stand, er steht und er wird zu der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages stehen. Er ist selber Abgeordneter des Deutschen Bundestages und von Distanzierung kann überhaupt keine Rede sein."

Martin Schäfer, Sprecher von Frank-Walter Steinmeier

Steinmeier war zurückhaltend bei der Armenien-Resolution

EU, Deutschland und die Türkei | Bild: picture-alliance/dpa zum Artikel Einschätzung Merkel, die EU und die Türkei Bloß kein Zerwürfnis!

Nach dem Dementi der Bundesregierung bleibt Verwirrung. Klar ist: Für die Bundesregierung und die EU ist die Türkei ein wichtiger Partner. Doch wie mit ihm umgehen? Ein schmaler Grat - zwischen Beziehungspflege und Unterwerfung. Eine Einschätzung von Kai Küstner [mehr]

Wobei bekannt ist, dass der Außenminister - zurückhaltend ausgedrückt - nicht gerade die treibende Kraft bei der Entscheidung war, für die Massaker des Osmanischen Reiches an den Armeniern das Wort Völkermord zu benutzen. Kein Wunder: Steinmeier und seine Diplomaten stehen im ständigen Kontakt mit ihren türkischen Partnern - und spüren, dass die Türkei die Resolution des Bundestags als Affront empfindet. Damit könnte Deutschland umgehen - wenn man auf die Zusammenarbeit mit den Türken nicht so dringend angewiesen wäre, in der Flüchtlingspolitik und im Kampf gegen den IS.

Hierzu sind deutsche Soldaten im türkischen Incirlik stationiert. Bundestagsabgeordnete wollen die Truppe dort besuchen - was die Türkei allerdings seit der Armenien-Resolution verbietet. Ein großes Problem - weil die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Entsprechend lag der Verdacht nah, die Regierung wolle mit einer Distanzierung von der Armenien-Resolution dafür sorgen, dass die Türkei den Besuch der Bundeswehr durch Abgeordnete doch zulässt.

Kritik wegen der angeblichen Distanzierung von der Armenien-Resolution

Die Linken-Politikerin Sevim Dağdelen schien deshalb kaum Zweifel an dem "Spiegel"-Bericht zu haben - und sagte am Vormittag auf n-tv:

"Hier gibt es eine souveräne Entscheidung des Deutschen Bundestages. Wir sind ein Verfassungsorgan, dass die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin im Übrigen wählt, und wenn es hier eine Distanzierung gibt seitens der Bundesregierung von diesem Verfassungsorgan, dann muss man natürlich darüber nachdenken, ob es nicht an der Zeit ist die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen."

Sevim Dağdelen, Linkspartei

Was nach dem Dementi der Regierung vom Tisch sein dürfte. Aber Verwirrung über den Umgang mit der Armenien-Resolution hat die Regierung heute allemal gestiftet. Außenminister Steinmeier, indem er auf ein Dementi verzichtete - und Familienministerin Schwesig, die den "Spiegel"-Bericht ebenfalls nicht zurückwies, aber bei N24 verkündete, sie halte nichts von einer Distanzierung von der Armenien-Resolution.


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Kommentieren

Woibbadinga, Samstag, 03.September 2016, 06:33 Uhr

14. Lakeien Erdogans

Die Bundesregierung hat die Seele des Landes an den Widerling Erdogan verkauft. Nun sind sie im faust´schen Dilemma gefangen: Die Geister, die ich rief, werd´ ich nun nicht mehr los. Ich hoffe nur, die Deutschen haben bei der nächsten Bundestagswahl den Mumm, die armseligen Gestalten Merkel, Steinmeier und Co dorthin zu schicken, wo es ihrer würdig ist. In die Wüste nämlich ... oder ersatzweise in die Türkei. Dann können sie sich dort ja als Lakeien Erdogans verdingen.

Wanda, Samstag, 03.September 2016, 01:28 Uhr

13. Demütigend

- sich winden, drehen und dem türkischen Sultan Erdowahn ein klares JEIN entgegensetzen. Ja geht's noch ? Peinlich und unwürdig kriecherisch. Nicht genug, dass Merkel und Steinmeier bei der Resolution demonstrativ fehlten, nun lassen sie auch noch verlauten, diese sei für die Regierung nicht bindend...
Wo normale Menschen ihr Rückrat haben, befindet sichj bei unseren Volksverdrehern offenbar nur ein Bindfaden wo deren Hintern aufgehängt ist...
Holt unsere Soldaten aus Incirlik zurück und Ruh ist !

Waldi, Samstag, 03.September 2016, 00:54 Uhr

12. Dementi zur Armenien - Resolution

Wer kann nach dieser erbärmlichen Vorstellung noch an dieser Regierung festhalten? Frau Merkel muss abgewählt werden und ich hoffe der Startschuss beginnt mit der Wahl kommenden Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern! Wie kann sich Deutschland diese blöse geben und vor Erdogan einknicken. Er will doch auch nur unser Geld für die Zurüchhaltung der nächsten Flüchtlingswelle!

thorie, Samstag, 03.September 2016, 00:41 Uhr

11. abgehoben und volksfern

wenn man aus regierungskreisen hört, das die vom bundestag (direktgewählte volksvertreter!!!!!!!!!) abgegebene resolution für sie net bindend ist, zeigt das, wie abgehoben und volksfremd die regierung da oben "haust", schaltet und waltet !
und sowas nennen die auch noch demokratie!
warum soll man noch wählen gehen, wenn die "eliten" eh machen was sie wollen?
warum leisten wir uns noch nen bundestag?

München Süd, Freitag, 02.September 2016, 23:03 Uhr

10. Bundesregierung zur Armenien-Resolution - und nicht nur diese Peinlichkeit

Diese Politiker (=Volksvertreter, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen) sind einfach nur widerliche Charaktere ohne jegliches Schamgefühl.

  • Antwort von Cosi, Samstag, 03.September, 19:01 Uhr

    @ München Süd

    Da stimme ich ihnen voll zu .
    Einfach Widerlich !
    Nun gut diese Gestalten muss man dann auch nicht mehr wählen.

    Der Bürger macht es dann auch nach dem Motto soll ich oder soll ich nicht.

    Für mich in Bayern steht sowieso meine Entscheidung fest.
    Es gibt leider keine bessere als zur Zeit die CSU.