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Kabinett beschließt Haushalt 2017 40 Prozent fürs Sozialressort

Steigende Ausgaben für die Rente, Integration von Flüchtlingen - das Ressort Arbeit und Soziales beansprucht den Löwenanteil des Gesamtetats, für den insgesamt knapp 329 Milliarden Euro veranschlagt sind. Das Bundeskabinett hat den Haushaltsentwurf für 2017 jetzt auf den Weg gebracht .

Von: Tanja Oppelt

Stand: 06.07.2016

Miniatur-Figuren zweier Rentner sitzen auf Münzen vor einem Schild mit der Aufschrift "Rente" | Bild: picture-alliance/dpa

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist besonders stolz darauf, dass der Bund auch für den Haushalt 2017 keine neuen Schulden aufnehmen muss, obwohl die geplanten Ausgaben um knapp 12 Milliarden Euro höher sind als im laufenden Jahr. Die gute Situation bei den Steuereinnahmen macht's möglich. Insgesamt wird der Bundesetat bei knapp 329 Milliarden Euro für das komende Jahr liegen. Die Bundesregierung will den Entwurf des Haushalts kommende Woche verabschieden.

Aber: Wie können jetzt und künftig Flüchtlinge in unsere Gesellschaft integriert werden? Und wie können in einer weiter alternden Gesellschaft die Renten sicher bleiben? Das sind vielleicht die beiden größten offenen Fragen, auf die die Politik in Deutschland Antworten finden muss. Die finanziellen Mittel, um diese Fragen zu beantworten, stecken zum allergrößten Teil im Haushalt für Arbeit und Soziales. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer, Mitglied im Haushaltsausschuss, findet es völlig gerechtfertigt, dass die Ausgaben in diesem Etat im kommenden Jahr überproportional steigen werden.

"Da sind einzigartige Herausforderungen dabei und deswegen gibt es insgesamt im Bereich Arbeit und Soziales künftig eine fast sechsprozentige Steigerung. Der Gesamthaushalt über alle Bereiche steigert sich ungefähr um vier Prozent auf 330 Milliarden Euro. Arbeit und Soziales mit knapp 140 Milliarden ist schon der mit Abstand größte Kuchen."

Ewald Schurer, SPD-Bundestagsabgeordneter

Steuerzuschuss zur Rente steigt ständig

Oder anders ausgedrückt: Rund 40 Prozent aller Bundesausgaben fließen in den Arbeits- und Sozialetat. Darin der größte Brocken: die Rente. Aufgrund des demographischen Wandels reicht die gesetzliche Rentenversicherung schon lange nicht mehr aus. Der Steuerzuschuss zur Rente steigt ständig, sagt CSU-Politiker Stefan Stracke, Mitglied im Sozialausschuss des Bundestags.

"Rund ein Drittel aller Rentenbezüge werden aus den Steuern finanziert. Die Babyboomer-Generation schickt sich an, in Rente zu gehen. Das findet auch seinen Niederschlag im Haushalt."

Stephan Stracke, CDU

1,5 Milliarden Euro für Flüchtlingsintegration

Die zweite große Herausforderung: Flüchtlinge in Arbeit bringen. Dafür wird es im kommenden Jahr im Haushalt Arbeit und Soziales 1,5 Milliarden Euro mehr geben: für geförderte Arbeitsgelegenheiten und berufsbezogene Sprachkurse. Das ist allerdings nur eine Seite der Medaille, denn deutlich mehr zusätzliches Geld fließt in die sogenannten "passiven Leistungen". Jeder Flüchtling ist, bevor er Arbeit findet, erst einmal Hilfeempfänger. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bekommen aktuell knapp 300.000 Flüchtlinge Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV - Tendenz steigend.

"Jeder, der zunächst einmal im Arbeitslosengeld II sich befindet, das schlägt sich sofort nieder auf den Haushalt, auf die Ausgaben, die von Seiten des Steuerzahlers bereitgestellt werden müssen. Und genau deswegen ist es unser Ziel, dass die Menschen nicht dauerhaft in sozialer Sicherung verharren, sondern  selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können."

Stephan Stracke, CDU

Konsens zwischen Union und SPD

Mehr Geld soll es im kommenden Jahr nicht nur für die Flüchtlingsintegration geben, sondern auch für Langzeitarbeitslose. Keiner dürfe benachteiligt werden, das wäre für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft sehr schädlich, sagt CSU-Mann Stracke und klingt dabei wie die SPD. Überhaupt scheint bei der Diskussion um den Haushalt Arbeit und Soziales kein Blatt zwischen Union und Sozialdemokraten zu passen. Dass es im kommenden Jahr deutlich mehr Geld gibt, wollen beide als gemeinsamen Erfolg feiern. Parteipolitische Ziele seien nachrangig.

Kompromiss zu Bund-Länder-Finanzen angestrebt

Nicht ganz so harmonisch geht es zwischen CDU und CSU zu. Der bayerische Finanzminister Markus Söder fordert acht Milliarden Euro vom Bund, um eine faire Lastenverteilung der Flüchtlingskosten zu erreichen. Angesichts solcher Summen reagiert Finanzminister Schäuble auf die neuen Forderungen aus Bayern relativ entspannt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble

"Die acht Milliarden, die hatten wir nämlich am 16. Juni verstanden pro Jahr. Wenn sie sich auf drei Jahre beziehen, dann hätten wir uns am 16. Juni schon einigen können, denn das hat der Bund dort schon in der Größenordnung angeboten."

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister

Vor dem morgigen Treffen mit den Ministerpräsidenten sagte Schäuble aber auch, die Forderungen der Länder müssten objektiv überprüfbar sein. Manche Forderung, so Schäuble, habe mit seriösen Schätzungen wenig zu tun. Die Länder, so der Minister, seien aber nach wie vor nicht bereit, ihre Kosten aufzulisten und von einer unabhängigen Stelle überprüfen zu lassen.

Linke fordern Entlastung der Kommunen

Die Harmonie zwischen CDU und SPD bei den Verhandlungen um den Bundeshaushalt ist auch der Opposition zu viel Harmonie. Dem ehemaligen Parteichef der Linken, Klaus Ernst, ebenfalls Mitglied im Sozialausschuss, fehlt im neuen Bundeshaushalt ebenfalls dieser wichtige Punkt: die Entlastung der Kommunen.

"Die Kommunen werden in vielen Punkten allein gelassen, was die Aufnahme von Flüchtlingen angeht. Wir wissen, dass die Kommunen fordern, dass sie staatlich entlastet werden aus dem Bundeshaushalt. Und genau da ist das, was zur Zeit vorliegt, deutlich zu wenig."

Klaus Ernst, Die Linke

Der Bundesetat für Arbeit und Soziales regelt den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die finanziellen Mittel werden in den kommenden Jahren weiter steigen. Die Begehrlichkeiten auch. Der Bundestag wird das Gesetz, in dem alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes aufgelistet werden, voraussichtlich im Herbst verabschieden. Bis 2020 sollen die Ausgaben auf knapp 350 Milliarden Euro steigen. Weil die Steuereinnahmen voraussichtlich im gleichen Tempo zulegen werden, kann der Bund auf eine Nettokreditaufnahme verzichten.


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Barbara, Mittwoch, 06.Juli 2016, 14:29 Uhr

2. Es wäre endlich an der Zeit, daß man die Armutsrentner,

die nur ca. 500 € Rente haben, von der Pflicht zu Krankenkassenbeiträgen freistellt. Denn von der 500 € Armuts-Rente werden nochmals 150 € an die Krankenkasse abgeführt, so daß ein Armutsrentner nur mehr 350 € zum Überleben hat. Vielleicht kann man endlich einmal diese Ausbeutung der Armen beenden! Wohlgemerkt: allein in Bayern gibt es offiziell ca. eine Million Armutsrentner! In Europa gibt es 160 Mio Armutsrentner!

  • Antwort von wm, Mittwoch, 06.Juli, 15:28 Uhr

    @Barbara
    KV-Beitrag plus Zusatzbeitrag plus Pflegeversicherung sind zusammen ca.11%.
    Bei einer Rente in Höhe von ca.500 € sind das ca.55 € ,niemals 150 € !
    Es sei denn,man hat Nebeneinkünfte aus Vermietung und Verpachtung,und/oder Zinseinkünfte.

Basti , Mittwoch, 06.Juli 2016, 08:36 Uhr

1. Industrie 4.0


Selbstfahrende Bahn, Busse und Taxis werden kommen.
adidas baut eine vollautomatisierte Schuhfertigung auf.
3D-Drucker machen weitere Arbeitsplätze überflüssig.

Viel Spaß bei der Integration von Flüchtlingen in die Arbeitsplätze der Zukunft. Dieser Kommentar wurde von der BR-Redaktion entsprechend unseren
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